Eigentlich gehört der eigene Seelenklempner in der Formel 1 zur Standardausstattung eines Piloten wie der persönliche Fitnesstrainer: Keiner redet darüber, aber jeder hat einen. Für die Psychologen oder schöner formuliert Mentaltrainer ist das ein sehr einträgliches Schattendasein. Doch damit könnte es nun schnell vorbei sein.

Denn ausgerechnet fünf Deutsche und ein Schweizer verstießen gegen das ungeschriebene F1-Gesetz, sich bei unlösbaren Problemen einen neuen Therapeuten, nie jedoch das Licht der Öffentlichkeit zu suchen. In einem Leserbrief schütteten sie nach dem Qualifying auf dem Nürburgring ihr Herz aus. "Ob Heimrennen oder nicht, wenn man weiß, dass man weiter vorne hätte sein können, vielleicht in der ersten Reihe, dann kann man nicht zufrieden sein. Ich hatte nicht die beste Runde, als es darauf ankam", klagte Sebastian Vettel.

Stimmung am Boden

"Das Problem war dabei aber auch, dass ich glaubte, zwei schnelle Runden zu haben und deswegen auf der ersten nicht alles gab und kleine Fehler machte. Als sich dann die zweite nicht ausging, fehlte was. Zudem haben Rubens [Barrichello] und Jenson [Button] auf der zweiten noch zugelegt", wälzte sich der Deutsche in seinem Elend. Bei Timo Glock war die Stimmung ebenfalls am Boden. Völlig ratlos, weil er nicht wusste, warum es bei ihm nicht laufen wollte, schrieb er folgende Zeilen.

"Ich würde es euch gerne erklären, aber ich kann es euch nicht sagen. Ich weiß, dass ich generell zu langsam war. Bei den Reifentemperaturen gab es zu Beginn mit den harten kein Problem, mit den weichen wurde ich dann aber nicht schneller. Ich war generell eineinhalb Zehntel von Sektor zu Sektor langsamer als Jarno und dann habe ich noch einen Fehler gemacht." Nico Rosberg fand sich in einer ähnlichen Situation wieder.

"Ich war auf Intermediates acht Sekunden langsamer als die anderen Fahrer. Das kann ich mir nicht erklären. Es ist schwierig, wenn man überhaupt keinen Lösungsansatz hat. Aber vielleicht muss ich den Rückstand auch auf meine Kappe nehmen", grübelte der Deutsche. Nick Heidfeld wusste zumindest, woran es bei ihm lag. "Es wäre vermutlich schlauer gewesen draußen zu bleiben, auch wenn ich nicht denke, dass wir schneller gewesen wären. Aber man hätte es versuchen sollen, entweder du bist langsamer dann ist es egal, oder du bist schneller. Das war sicher eine falsche Entscheidung", gestand der Deutsche.

"Ich bin in guter Gesellschaft", freute sich Adrian Sutil, dass er nicht allein mit seinem Leserbrief war. "Wir warten schon lange darauf. Wir wissen, dass es unter normalen Bedingungen extrem schwer ist, aber unmöglich ist es nicht." Lediglich Sebastien Buemi fiel mit seinem Leserbrief aus dem Rahmen, indem er Ratschläge austeilte anstatt wie die anderen Piloten sich den Kummer von der Seele zu schreiben. "Man muss aggressiv sein, aber einen guten Kompromiss finden. Denn man weiß nie, was passiert", erklärte Buemi.