1. - S wie Startaufstellung
Ein Red Bull auf Pole Position. Damit hätten vor dem Rennwochenende auf dem Nürburgring einige gerechnet - doch nicht mit Mark Webber. "Wir waren über das ganze Wochenende hinweg schnell", freute sich der Australier über seine erste F1-Pole. "Im Qualifying herrschten sehr chaotische Umstände - und dabei zum entscheidenden Zeitpunkt die richtige Rundenzeit zu schaffen, war sehr wichtig für mich."
Sein Teamkollege Sebastian Vettel musste nach einem nicht optimalen Qualifying mit Startplatz 4 Vorlieb nehmen. "Ich hatte nicht die beste Runde, als es darauf ankam", sagte der Deutsche, der die Pole für möglich gehalten hätte, wenn er am Ende zwei statt nur einer Runde hätte fahren können. Dafür reichte die Zeit aber nicht mehr. "Es hätte vielleicht zu mehr gereicht, aber hätte, wenn und aber zählt nicht, von daher ist der vierte Platz noch das Beste, was wir rausholen konnten."
Zwischen den beiden Red Bull reihten sich die Brawn-Piloten Rubens Barrichello und Jenson Button ein. "Ich bin nicht wirklich überrascht", sagte Ross Brawn. "Wir wussten, dass Red Bull unter diesen Bedingungen schnell ist. Für uns war es wichtig soweit wie möglich nach vorne zu kommen."
Das versuchte auch Lewis Hamilton, der mit einem verbesserten McLaren Platz 5 ergatterte. "Wenn es morgen trocken bleibt, dann sind wir in einer guten Ausgangsposition, dann können wir versuchen auf das Podest zu fahren", sagte Hamilton nach dem Abschlusstraining. "Wir könnten die Red Bulls angreifen, aber ich schätze es wird eher nass werden."
2. - S wie Start
Besondere Bedeutung kommt am Nürburgring mal wieder dem Start zu. "Die erste Kurve wird ziemlich spannend", glaubt Brawn. "Ich denke, für uns wäre es schlimmer gewesen auf Platz fünf oder sechs zu landen." Im Getümmel der ersten Runde könnte da schon mal ein Frontflügel verloren gehen. Sebastien Buemi warnte gegenüber Motorsport-Magazin.com vor zu forscher Angehensweise: "Man gewinnt das Rennen nicht in der ersten Kurve. Man muss aggressiv sein, aber einen guten Kompromiss finden."
Trotzdem haben sich einige Fahrer Positionsverbesserungen beim Start auf die Agenda geschrieben. "Wir machen sehr gute Starts - da muss ich unbedingt ein paar Plätze aufholen", kündigte Nico Rosberg an. "Jarno Trulli startet so was von langsam, den werde ich knacken." Einen Vorteil haben die Piloten auf der linken Startseite. "Auf der rechten Seite fährt ja nie jemand", sagte uns Adrian Sutil, der als Siebter die große Überraschung des Qualifyings war. "Ich freue mich schon auf den Start, ich bin schon lange nicht mehr so weit vorne gestanden, das letzte Mal war in der Formel 3."
Die großen Spielverderber in den ersten Reihen könnten die McLaren werden. "Hamilton könnte sich mit KERS in der ersten Kurve vielleicht sogar bis nach vorne katapultieren", mutmaßt Alexander Wurz. "Er kann das Feld aufmischen, hoffentlich nicht durchmischen." Auch Brawn rechnet mit dem Silberpfeil, der seinen beiden Fahrern gefährlich werden könnte.
Neben McLaren fährt nur Ferrari mit KERS. "Wir hoffen, dass wir am Start das Beste aus den Möglichkeiten von KERS machen, denn die Start-/Ziel-Gerade ist sehr lang", sagt Chris Dyer. Gleichzeitig könnte Ferrari aber auch unter KERS leiden: Denn beide McLaren vor ihnen setzen ebenfalls auf das System.
3. - S wie Strecke
Der Nürburgring gilt als "kompletter" Rennkurs - das heißt, er zeichnet sich durch eine Vielzahl unterschiedlicher Kurvenarten aus. Sein Layout beinhaltet Hochgeschwindigkeitspassagen ebenso wie mittelschnelle Schikanen und einige sehr langsame Kurven, in denen es auf eine gute Traktion ankommt. "Es ist ein recht variabler und ausgeglichener Kurs", beschreibt Nick Heidfeld. "Wir haben sowohl schnelle als auch langsame Kurven."
Obwohl Überholmanöver in der Königsklasse des Motorsports generell schwierig sind, bietet der Nürburgring einige gute Möglichkeiten - so zum Beispiel am Ende der Start-Ziel-Geraden oder auch vor der für die Formel 1 besonders eng gestalteten NGK-Schikane. "Die NGK-Schikane als Hochgeschwindigkeitskurve mit ihrer anspruchsvollen Links-Rechts-Kombination lädt zu Ausbremsmanövern geradezu ein, denn nach dem schnellen Hatzenbachbogen muss hart verzögert werden, bis auf rund 100 km/h", sagt Sebastian Vettel, dem der Abschnitt vor der Ford-Kurve am besten gefällt..
4. - S wie Setup
Auf dem Nürburgring gehen die Autos mit besonders steil eingestellten Flügeln an den Start, um möglichst viel aerodynamischen Abtrieb zu generieren. Dies verbessert nicht nur die Kurvengeschwindigkeiten in den zahlreichen mittel- und superschnellen Passagen, sondern gewährleistet vor der ersten Kurve und der NGK-Schikane auch eine hohe Bremsstabilität.
Speziell in den schnellen Wechselkurven der Ford-Passage (Kurven 5/6), des Michael-Schumacher-S (8/9) sowie den folgenden beiden Kurven (10/11) kommt es auf ein gut ausbalanciertes Fahrverhalten an, um möglichst viel Schwung auf die jeweils folgende Gerade mitzunehmen. Daher zählt es zu den speziellen Aufgaben der Renningenieure, dem Auto eine Untersteuertendenz in den mittelschnellen Biegungen auszutreiben.
Nicht nur in dem besonders langsamen Streckenabschnitt gleich nach dem Start, sondern auch in den schnelleren Passagen des Eifelkurses kommt es auf unmittelbare Reaktionen auf Lenkbewegungen und schnelle Richtungswechsel an. Aufgrund der vergleichsweise geringen Geschwindigkeiten, mit der die Arena, die Kurven 1 bis 4, durchfahren wird, kann die Aerodynamik in diesem Streckenabschnitt kaum Unterstützung gewähren - hier kommt es vor allem auf mechanischen Grip an.
Die Eifel-Rennstrecke stellt keine besonders hohen Anforderungen an die Motoren. Die Lage des Traditionskurses in rund 500 Meter Höhe sorgt bei allen Triebwerken für einen Leistungsverlust von gut fünf Prozent, wodurch sich die Belastung auf mechanische Teile wie etwa die Kolben reduziert. Der Volllastanteil pro Runde liegt mit 64 Prozent knapp oberhalb des Saisondurchschnitts von rund 62 Prozent. Zugleich arbeiten die Rennmotoren kaum länger als zehn Sekunden am Stück unter Volllast, ein eher geringer Wert.
5. - S wie Strategie
Die Vorzeichen scheinen umgedreht: Waren in der ersten Saisonhälfte die Brawn GP mit schweren Autos fast immer auf Pole-Kurs, landeten sie in Deutschland selbst mit einem viel leichteren Auto hinter Mark Webber. Der Australier hat für fünf bis sechs Runden mehr Benzin an Bord.
Bei einem Boxenstopp verlieren die Piloten rund 20,6 Sekunden. Der Unterschied zwischen den harten und den weichen Reifen ist durchaus beträchtlich. So berechnete Bridgestone-Technikchef Hirohide Hamashima einen Unterschied von 0,7 Sekunden pro Runde, wobei die weiche Mischung über 30 Runden um rund 1,5 Sekunden abbauen soll. Die härtere Mischung habe keinen solchen Abfall. "Das heißt, der weichere Reifen hat rund 17 Runden einen Vorteil." Das Aufwärmen des härteren Reifens dauerte bei den Bedingungen vom Freitag rund vier bis fünf Runden.
Qualifying-Positionen und Gewichte
1. Webber 661.0 kg (20. Runde)
2. Barrichello 647.4 kg (14. Runde)
3. Button 644.0 kg (13. Runde)
4. Vettel 661.0 kg (20. Runde)
5. Hamilton 654.5 kg (17. Runde)
6. Kovalainen 664.0 kg (21. Runde)
7. Sutil 678.5 kg (27. Runde)
8. Massa 673.5 kg (25. Runde)
9. Raikkonen 674.0 kg (25. Runde)
10. Piquet 676.0 kg (26. Runde)
11. Heidfeld 681.0 kg (28. Runde)
12. Alonso 668.2 kg (23. Runde)
13. Nakajima 683.6 kg (29. Runde)
14. Trulli 683.7 kg (29. Runde)
15. Rosberg 689.6 kg (31. Runde)
16. Kubica 673.5 kg (25. Runde)
17. Buemi 674.5 kg (25. Runde)
18. Fisichella 662.5 kg (21. Runde)
19. Glock 662.3 kg (20. Runde)
20. Bourdais 689.5 kg (31. Runde)
Die Angaben der ersten Boxenstopps basieren auf einer Hochrechnung von Motorsport-Magazin.com und sind ohne Gewähr.
6. - S wie Sonntagswetter
In der Eifel ist beim Wetter bekanntlich alles möglich. "In der Eifel haben wir auch schon viele Wetterkapriolen erlebt, weshalb es oft spannende Rennen gibt", erinnert sich Nick Heidfeld. "Es wird auf alle Fälle spannend, ob es schön, kalt oder windig wird, kann ich aber nicht vorhersagen", verriet uns Alex Wurz. "Denn eine Kristallkugel besitze ich nicht und Wettervorhersagen sind hier meistens aus einer Kristallkugel, aber die ist selten gut genug." Zudem könne ein Regenrennen in der Eifel schnell zum Lotteriespiel werden, was der Chaos GP 2007 bewiesen hat.
Trotzdem setzen einige Fahrer und Teams auf Regen. "Nick ist ein sehr starker Regenfahrer", erinnert dessen Chef Mario Theissen, dem Regen schon recht kommen würde. Auch Adrian Sutil setzt auf Risiko. "Es soll ein Mischwetter werden, wie man es in der Eifel gewohnt ist. Das kann gut sein für uns, aber auch schlecht. Ich denke einfach nur an das Gute."
7. - S wie Spannung
Aber selbst ohne Regenchaos erwartet Wurz ein packendes Rennen. "Die Konstellation mit Webber und Barrichello in der ersten Reihe ist sehr spannend", meint er. Die beiden Teamkollegen der bisher als Titelrivalen gehandelten Fahrer stehen ganz vorne. Dahinter kämpfen Button und Vettel um jeden Punkt und mit den beiden McLaren mischen zwei alte Bekannte vorne mit, die den neuen Topteams die Suppe versalzen möchten.
"Wir sollten aggressiv sein und schauen, ob wir auf das Podest kommen", kündigte Martin Whitmarsh an. "Wir haben zwei tolle Fahrer, wir müssen sie nach vorne bringen und dann sollen sie zeigen, was sie können."
Das hat auch Adrian Sutil vor, der noch nie so weit vorne in einer F1-Startaufstellung gestanden hat. Der Lohn soll der erste Saisonpunkt sein: "Ich hoffe es. Wir warten schon lange darauf. Wir wissen, dass es unter normalen Bedingungen extrem schwer ist, aber unmöglich ist es nicht."
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