Wenn die Fahrer nach ihren Lieblingsrennen gefragt werden, fallen Namen wie Suzuka, Spa-Francorchamps, Montreal, Monaco - nur Magny Cours wird kaum einer nennen. Dabei macht der sogenannte Retortenkurs in der französischen Einöde den Fahrern durchaus Spaß. "Die Strecke ist sehr flüssig und hat einige schnelle Schikanen", sagt Jenson Button. "Aber es macht nicht nur Spaß, hier zu fahren, es ist auch tricky, eine perfekte Runde hinzubekommen."

Der Circuit de Nevers zeichnet sich durch einen besonders ebenen Belag aus, was nicht nur Einfluss auf die Fahrzeugabstimmung hat. Die Eigenheiten des Asphalts bewirken starke Temperaturschwankungen, die eine der größten Herausforderungen des Wochenendes darstellen. Schon eine leicht höhere oder niedrigere Temperatur kann den Griplevel stark beeinflussen. "Eine kleine Änderung kann die Rundenzeiten um bis zu zwei Sekunden pro Runde verändern", betont Alex Wurz. Dann könne es unter Umständen sehr rutschig werden. "Die Temperaturen sind üblicherweise ziemlich hoch", weiß Fernando Alonso, "also müssen wir ein Setup finden, das die Reifen optimal zum Arbeiten bringt und die Balance des Fahrzeugs optimiert."

Traktion muss man haben

Einen entscheidenden Einfluss auf die Rundenzeit wird die Traktion haben, denn in Magny Cours erwarten die Fahrer fünf Erste- oder Zweite-Gangkurven, das wird angesichts des Verbots der Traktionskontrolle umso interessanter. "Der Circuit de Nevers bietet eine interessante Mischung aus langsamen Passagen, die viel Traktion verlangen, und schnellen Wechselkurven, in denen eine gute Fahrzeugstabilität wichtig ist", verrät Willy Rampf.

Das Verhalten auf den Kerbs ist entscheidend., Foto: Sutton
Das Verhalten auf den Kerbs ist entscheidend., Foto: Sutton

Die High Speed-Schikanen sind jedoch keine so große technische Herausforderung, wie man denken würde. Der relativ hohe Downforce bietet den Fahrern genügend Stabilität beim Einlenken. Eine der Schlüsselstellen kommt gleich zu Beginn der Runde. "Kurve zwei ist außergewöhnlich, weil diese sehr lange und schnelle Rechtskurve durch eine Senke führt, am Kurvenausgang geht es steil bergauf", berichtet Nick Heidfeld. In Kurve 3 benötigen die Autos eine gute Balance, um auf der langen Geraden zur Haarnadel nicht überholt zu werden - oder selbst einen Angriff zu wagen.

Sprung über die Kerbs

Obwohl die ebene Streckenoberfläche eine geringe Bodenfreiheit erlauben würde, müssen die Teams berücksichtigen, dass die Fahrer an einigen Stellen hart über die Kerbs räubern müssen. Das gilt besonders für die Schikane vor Start und Ziel, wo die Randsteine besonders hoch geraten sind. "Man muss die Randsteine aber einbeziehen", sagt Heidfeld, "dort entstehen dann oft spektakuläre Bilder von Autos auf zwei Rädern."

Aus Sicht von Jenson Button ist der Schlüssel zu einer schnellen Runde eine gute Vorderachse, "besonders in den Kurven eins und zwei". Mit einem untersteuernden Auto verliere man in dieser Passage zu viel Zeit. "Man braucht auch eine gute Stabilität und gute Richtungswechsel für die High Speed-Schikanen", sagt Button. "Außerdem kommt es auf stabile Bremsen und ein gutes Beschleunigungsvermögen an", fügt Fernando Alonso hinzu. Für ihn ist Magny-Cours eine Strecke, auf der ein Fahrzeug in allen Bereichen funktionieren muss, um eine gute Rundenzeit zu fahren.

Darin stimmt er mit seinem Technischen Direktor Bob Bell überein. "Es wird praktisch jeder Aspekt des Autos gefordert", sagt Bell. "Die Strecke verlangt nach mittlerem bis hohem Abtrieb und präzisen Richtungswechseln, um schnell durch die Highspeed-Schikanen zu kommen." Die Piloten müssten aber auch in der Lage sein, die Kerbs zu überfahren und Vertrauen ins Auto aufzubauen. "Auf diesem Kurs musst du auch manchmal von Kurve zu Kurve die Bremsbalance verstellen. Das Verbot der elektronischen Motorbremshilfen könnte hier also stärker ins Gewicht fallen."

Schnell und nicht ganz so schnell

Schnelle und langsame Kurven in der französische Einöde., Foto: Sutton
Schnelle und langsame Kurven in der französische Einöde., Foto: Sutton

Während die Umgebung der Rennstrecke höchstens für Naturliebhaber taugt, und zwar ganz Hartgesottene dieser Art, hat der Rennkurs durchaus alles zu bieten, was eine ausgewachsene Rennstrecke braucht: "Der Kurs ist interessant, weil er sehr vielseitig ist", betont Robert Kubica. "Mit schnellen Kurven, langsamen Kurven, mit schnellen Schikanen, mit einer Haarnadel und harten Bremszonen." Es ist von allem etwas dabei. "Die Strecke ist ungewöhnlich, weil die Kurven entweder sehr schnell oder sehr langsam sind", ergänzt Rubens Barrichello.

Der flüssige Streckenverlauf kommt den Fahrern entgegen. "Die High Speed-Richtungswechsel zwischen Kurve vier und fünf sowie Kurve sieben und acht sind fordernd, aber gleichzeitig auch spannend", sagt Barrichello. "Die Hochgeschwindigkeitskurven und anspruchsvollen Schikanen sind für einen Rennfahrer eine interessante Herausforderung", bestätigt Heikki Kovalainen. "Du musst dort sehr präzise fahren und das gefällt mir."

Nur eine Chance

Aber selbst die spaßigste Rennstrecke hat einen Haken, im Falle von Magny Cours sind es die Überholmöglichkeiten. "Auf dem Circuit de Nevers gibt es nicht viele Möglichkeiten zum Überholen", sagt Lewis Hamilton. "Am ehesten geht das beim Ausbremsen vor der Adelaide-Haarnadelkurve und vor der vorletzten Kurve." Deshalb setzt der Brite auf die recht kurze Boxengasse, die vielleicht eine Multistoppstrategie interessant macht, um Plätze guzumachen.

Über die beste Überholchance sind sich die Piloten einig, auch BMW Sauber-Technikchef Willy Rampf sieht nur eine wirklich gute Gelegenheit für aktive Positionswechsel: "Die Adelaide-Haarnadel am Ende der langen Geraden ist der ideale Ort zum Überholen, weil dort die Strecke sehr breit und die Auslaufzone großzügig bemessen ist." Auch kann die Windrichtung den Bremspunkt vor der Haarnadel beeinflussen, wie Alex Wurz anmerkt. "Zudem ist es dort ein bisschen rutschig." Das macht den Angriff einerseits schwierig, andererseits kann es aber auch für Fehler beim Vordermann sorgen. "Es ist die einzige realistische Überholmöglichkeit."