Ganz Großbritannien hatte einen Traum: in seinem erst fünften Formel 1-Grand Prix sollte Lewis Hamilton ausgerechnet beim Glamourrennen in Monaco den ersten Sieg einfahren. Aus dem Traum wurde nichts. Hamilton belegte hinter seinem Teamkollegen Fernando Alonso Platz 2. Damit gab er sich ein Jahr später nicht zufrieden. "Jetzt hast du den Sieg, der vielleicht schon ein Jahr überfällig war", funkte Hamiltons Renningenieur bei der Zieldurchfahrt ins Cockpit.

Nach seinem Fehler fuhr Hamilton ein perfektes Rennen., Foto: Sutton
Nach seinem Fehler fuhr Hamilton ein perfektes Rennen., Foto: Sutton

Zuvor hatte sich der Brite in beeindruckender Manier den Sieg in den nassen Straßen von Monaco gesichert, obwohl er schon nach sechs Runden zu einem Reparaturstopp an die Box kommen musste. Im Regen hatte er mit dem rechten Hinterreifen die Leitplanke gestreichelt und sich einen Reifenschaden eingehandelt. Genau dafür entschuldigte sich Hamilton, noch bevor er im Boxenfunk über seinen ersten Monaco-Triumph und die Führung in der Fahrer-WM jubelte. "Das war fantastisch", freute sich Ron Dennis. "Wir haben uns von allen Rückschlägen erholt und die Strategie hat sich ausgezahlt."

Für Hamilton ist der Sieg in Monaco ein Highlight in seiner noch jungen Karriere, welches er bis zu seinem Lebensende nicht vergessen werde. "Ich hatte einen guten Start, wusste, dass wir ein gutes Auto haben und ich Felipe angreifen konnte", schilderte er auf der Siegerpressekonferenz. Aber die Sicht ließ ein nahes Auffahren nicht zu. Dann der entscheidende Moment: ein kleiner Fluss lief über die Strecke, der McLaren übersteuerte und Hamilton berührte die Leitplanke leicht. "Das Team hat schnell reagiert und fantastische Arbeit geliefert, ohne sie würde ich nicht hier sitzen."

Zunächst sah alles nach einem weiteren Sieg von Felipe Massa aus. Der Brasilianer fuhr dem Feld davon, bis er vor der St. Devote den Notausgang nutzte und so die Führung an Robert Kubica verlor. Nach seinem ersten Boxenstopp korrigierte Massa das Bild zwar und setzte sich vor den Polen auf Platz 2. Doch Kubica konnte sich bei der zweiten Runde der Boxenstopps wieder an Massa vorbeischieben und so die Verfolgerrolle von Hamilton übernehmen. Der Brite stoppte nach seinem frühen Reparaturstopp nur noch einmal, konnte sich allerdings einen ausreichenden Vorsprung auf Massa und Kubica herausfahren.

Felipe Massa verspekulierte sich bei der Strategie., Foto: Sutton
Felipe Massa verspekulierte sich bei der Strategie., Foto: Sutton

"Es geht ganz schnell, nur eine kurze Unkonzentriertheit und schon passiert so etwas", sagte Massa nach seinem Fehler, der ihn die Führung kostete. "Ich habe auf der Markierung gebremst, hatte keine Bremswirkung und bekam die Kurve nicht mehr." Zudem fiel sein Funk für rund 20 Runden aus, so dass er gar nicht genau wusste, was auf der Strecke passierte. "Trotz des Fehlers war meine Pace im ersten Stint toll, auch im Vergleich zu Lewis und Robert. Das Auto war perfekt." Beim ersten Boxenstopp wechselte das Team die Strategie auf einen Stopp und tankte den Ferrari voll. "Das war ein Riesenfehler." Die Strecke trocknete immer mehr ab und Massa musste noch mal hereinkommen und Trockenreifen holen. "Wir hatten mehr Regen erwartet, aber der kam nicht. Schade, wir haben einen Fehler bei der Strategie gemacht."

Robert Kubica hatte nur einen zu niedrigen Reifendruck zu beklagen, der ihn in den ersten paar Rennrunden daran hinderte, die Pace der Spitzengruppe mitzugehen. Danach konnte er Räikkönen passieren, als dieser seine Drive Through-Strafe absaß und Massa, als dieser den Fehler in St. Devote machte. "Nach dem ersten Stopp kam Felipe vor mir raus und konnte mir etwas davonziehen, weil ich viel Graining hatte. Als meine Hinterreifen besser wurden, konnte ich wieder aufholen, aber nicht überholen." Als Kubica dann sah, wie gut Timo Glocks Rillenreifen funktionierten, entschied er sich, auch auf Trockenreifen zu wechseln. "So konnte ich Felipe überholen. Aber der 2. Platz war das Maximum, das wir hier herausholen konnten."

"Ich habe das Rennen sehr genossen", sagte Mario Theissen. "Wir waren ja nach dem Qualifying nicht gerade in der Offensive. Das Rennen lief aber perfekt, wir waren bei allen Bedingungen sehr stark." Kubica blieb übrigens der einzige Topfahrer, der im gesamten Rennverlauf keinen Fehler beging. Hamilton schlug an der Leitplanke an, Massa rutschte ins Aus und Räikkönen machte gleich zwei Fehler: einen Ausrutscher in der ersten Kurve und einen Unfall mit Adrian Sutil.

Schrott im Fürstentum

Heidfeld wurde von Alonso abgeschossen. Danach war sein Rennen gelaufen., Foto: Sutton
Heidfeld wurde von Alonso abgeschossen. Danach war sein Rennen gelaufen., Foto: Sutton

Bereits vor dem Start ging es turbulent zu: Heikki Kovalainen kam nicht weg und musste das Rennen folglich aus der Boxengasse in Angriff nehmen. Was zu diesem Zeitpunkt noch niemand wusste: auch beim zweiten Finnen Kimi Räikkönen gab es vor dem Start ein Problem - die Mechaniker zogen seine Reifen erst nach dem 3 Minuten Signal auf. Die Folge: eine Drive Through Strafe, die Räikkönen in Runde 13 absaß.

Zu diesem Zeitpunkt hatten die Fahrer schon die erste Safety Car-Phase hinter sich. Am Start lief noch alles glatt. Hamilton schoss an Räikkönen auf Platz 2 vorbei, vorne fuhr Massa unangefochten einen Vorsprung heraus. Die Top-3 lagen bereits nach drei Runden acht Sekunden vor Robert Kubica. Die ersten Karbonteile flogen in Runde 2 als Jenson Button auf Nick Heidfeld auffuhr und seinen Frontflügel beschädigte. Es sollte nicht der letzte Flügelwechsel in der Box bleiben.

Als nächstes kam Nico Rosberg zu einem Nasenwechsel herein und auch Timo Glock benötigte einen neuen Frontflügel. Er hatte sich eingangs Start und Ziel gedreht und dabei seinen Toyota beschädigt. Bei einem weiteren Dreher zur Rennmitte schlug Glock noch einmal an, dann mit dem Heckflügel. Damit aber noch nicht genug des Kleinholz: als nächstes schlug Lewis Hamilton an der Leitplanke an. Er beschädigte sich seinen Reifen hinten rechts und musste ebenfalls an die Box kommen. Das gleiche Bild wiederholte sich zwei Runden später bei Fernando Alonso.

Fernando Alonso riskierte zu viel., Foto: Sutton
Fernando Alonso riskierte zu viel., Foto: Sutton

In Runde 8 der erste größere Knall, der sich nicht durch einen Notboxenstopp beheben ließ. David Coulthard rutschte mit seinem Red Bull zum zweiten Mal an diesem Wochenende in die Leitplanke, diesmal auf dem Weg hinauf zum Casino. Damit aber nicht genug: auch Sebastien Bourdais im Schwesterauto verlor die Kontrolle über seinen Boliden und fuhr dem bereits gestrandeten Coulthard ins Heck. Das Safety Car rückte aus und führte das Feld wieder zusammen.

Kurz nach dem Re-Start startete Alonso seine aggressive Phase auf Regenreifen. Gegen Mark Webber ging es gut, der Spanier rückte auf Position 6 nach vorne. Bei Nick Heidfeld war der Ex-Champion in der ehemaligen Loews-Kurve zu optimistisch, fuhr dem Deutschen in die Seite, drehte ihn fast um und löste einen kleinen Stau aus. Für Alonso bedeutete es den nächsten Boxenstopp, diesmal um den Frontflügel zu wechseln. Heidfeld konnte weiterfahren, hatte aber nach einigen Runden einen Reifenschaden hinten links, der ihn ans Ende des Feldes zurückwarf. In Folge des Loews-Staus erwischte es auch Nico Rosberg zum zweiten Mal: diesmal wurde ihm sein Frontflügel unverschuldet beschädigt, einen Reparaturstopp musste er dennoch einlegen.

Sutil hätte zum Helden von Monaco werden können., Foto: Sutton
Sutil hätte zum Helden von Monaco werden können., Foto: Sutton

In Runde 61 half Rosberg kein Boxenstopp mehr: in einem heftigen Crash zerlegte er seinen Williams zwischen den Leitplanken. Rosberg hob auf dem Kerb innen ab, schlug erst rechts und dann links in der Mauer ein. Vor dem Rennen war er sich sicher, Kubica schlagen zu können. Nach zwei Notstopps und einem Unfall musste er sich von draußen ansehen, wie Kubica auf Platz 2 fuhr. Hinter Hamilton, Kubica und Massa belegte Mark Webber den vierten Platz vor Sebastian Vettel, Rubens Barrichello, Kazuki Nakajima und Heikki Kovalainen. Der Finne fuhr unbeobachtet und von den Zwischenfällen begünstigt immerhin noch einen Trostpunkt ein.

Der tragische Held des Monaco GP war jedoch Adrian Sutil. Der Deutsche im Force India fuhr fast das gesamte Rennen auf einem Punkteplatz, kam erst spät zu seinem einzigen planmäßigen Boxenstopp und lag nach der Safety Car-Phase wegen des Rosberg-Unfalls hinter Massa und vor Räikkönen auf dem vierten Platz. Dann der Schock: Räikkönen verlor ausgangs des Tunnels die Kontrolle über seinen Ferrari und krachte Sutil ins Heck. Beide kamen an die Box, Sutil musste das Rennen dort aufgeben. Räikkönen fuhr als Neunter knapp an den Punkterängen vorbei. "Es geht nicht immer nur ums Geld, es geht auch um Gefühle", sagte Sutils Teamchef Colin Kolles. "Es tut mir für Adrian sehr leid." Man habe die richtige Strategie gewählt und gewusst, dass man im Regen am stärksten sei. "Wir haben eine gute Show abgeliefert, jeder hat gesehen, dass wir auf einem sicheren vierten Platz lagen. Man kann Kimi keine Schuld geben, es kann jedem Fahrer passieren."

Der Finne entschuldigte sich bei den Fernsehinterviews nach dem Rennen mehrmals für den Unfall: "Ich wollte bremsen, aber meine Bremsen waren kalt, ich wollte ihm ausweichen, aber ich schaffte es nicht und bin in ihn reingefahren", so Räikkönen. "Ich habe selbst den fünften Platz verloren und es tut mir leid für Adrian, wer weiß, wie oft er mit dem Auto so weit vorne mitfahren kann?"