In Runde 22 hielt die F1-Welt den Atem an: der McLaren Mercedes von Heikki Kovalainen fuhr in Kurve 9 nahezu ungebremst in die Reifenstapel. Der Silberpfeil bohrte sich unter die Streckenbegrenzung und erst nach Minuten des Bangens gab es Entwarnung: Kovalainen zeigte beim Abtransport von der Unfallstelle den Daumen nach oben. Ersten Meldungen zu Folge hat der Finne keine sichtbaren Verletzungen, ist nur etwas durchgeschüttelt, möglicherweise mit einer Gehirnerschütterung. "Er klagte auch, dass er seinen Ellbogen angeschlagen habe", so Martin Whitmarsh. "Es gibt aber keine Anzeichen ernsthafter Verletzungen." Vorsichtshalber wurde Kovalainen zum Check in ein Krankenhaus nach Barcelona gebracht. Whitmarsh erwartet Kovalainen in der Türkei wieder im Auto: "Ich bin kein Arzt, aber alles deutet daraufhin, dass er bis Istanbul fit sein wird."
Wie beim Qualifyingunfall von Lewis Hamilton am Nürburgring im letzten Jahr könnte die Unfallursache eine gebrochene Felge gewesen sein. "Unsere erste Vermutung ist ein Felgenbruch", sagte Norbert Haug. "Möglicherweise lag eine Berührung vor, aber da muss man vorsichtig und präzise sein, die Sache genau untersuchen." Ron Dennis vermutet einen Stein, der sich zwischen Bremssattel und Felgenrand geschlichen haben könnte als Ursache. Der Stein oder ein Teil eines anderen Autos könnte den Luftverlust im Reifen verursacht haben.
Räikkönen hatte alles im Griff
Sportlich war der Spanien GP eine klare Angelegenheit für Kimi Räikkönen. Schon am Start zog der Finne weg, hinter ihm überholte sein Teamkollege Felipe Massa den Lokalhelden Fernando Alonso. "Mein Start war nicht perfekt, reichte aber, um vorne zu bleiben", sagte Räikkönen. "Am Ende hätte ich noch schneller fahren können, aber wozu pushen, wenn man vorne liegt? Dennoch war es enger als erwartet."
In Runde 19 dann die Überraschung: Massa stoppte eine Runde vor Räikkönen, was die Verärgerung des Brasilianers nach dem Qualifying erklärte. Auch beim zweiten Boxenstopp blieb Räikkönen ungefährdet vor seinem Teamkollegen und baute mit seinem zweiten Saisonsieg die WM-Führung aus.
"Das Qualifying war entscheidend für das Rennen", klagte Massa. "Meine Runde war nicht perfekt, ich habe eine Runde früher gestoppt als Kimi und konnte nicht aufholen. Immerhin war mein Start gut, ich kam an Fernando vorbei. Insgesamt ist die Konkurrenz sehr nahe gekommen, wir müssen wachsam bleiben."
Auch Ferrari-Berater Michael Schumacher war zufrieden. "Wir haben ein super Paket, aber es geht sehr eng zu. Kleinigkeiten können alles umdrehen", sagte Schumacher. Im Rennen gab es keinerlei Probleme bei Ferrari. So soll es weitergehen. "Wir sind gut vorbereitet für dieses Jahr, aber die Konkurrenz schläft nicht, es wird eine sehr interessante Saison. Wir können nicht davon ausgehen, dass wir jedes Rennen gewinnen werden, dafür müssen wir sehr hart arbeiten."
Denn Lewis Hamilton und McLaren waren knapp hinter Massa. "Es fühlt sich gut an, wieder hier zu sein", so Hamilton auf der Sieger-PK. "Wir wussten, dass Ferrari schwer zu schlagen sein würde. Aber ich habe so viele Plätze wie möglich aufgeholt." Mit Fernando Alonso hatte er sowieso nicht gerechnet. "Wegen ihm hatten wir uns keine Sorgen gemacht. Im letzten Stint konnte ich an Felipe dran bleiben, habe bis zur letzten Runde gepusht, aber auch hinter mir war es verblüffend eng. Ich konnte Kubicas Bartstoppeln im Rückspiegel sehen." Der Unfall seines Teamkollegen bedrückte ihn nicht. "Ron hat mir am Funk gesagt, dass er okay ist. Ich war mir sicher, dass so ein Defekt bei mir nicht passieren würde. Deswegen konnte ich weiter Druck machen."
Action im Mittelfeld
Die erste Schrecksekunde des Rennens erlebten die 132.600 Zuschauer schon am Ende der Einführungsrunde: Fernando Alonso wärmte seine Reifen zu stark an, riss das Lenkrad hin und her und rutschte in der letzten Kurve in die Wiese, wo er beinahe in der Mauer gelandet wäre. Am Start verlor er dann einen Platz am Start an Felipe Massa.
Noch mehr Action gab es kurz nach dem Start: Adrian Sutil versuchte David Coulthard überoptimistisch auf dem Kerb zu überholen, kollidierte mit dem Schotten und drehte sich in den Weg von Sebastian Vettel, dessen Auto irreparabel im Kiesbett landete. Auch das vierte Saisonrennen des Toro-Ross-Piloten war somit schon in der Anfangsphase beendet.
"Ich konnte einige Plätze gutmachen, aber in Kurve 4 wurde es ein bisschen zu eng", schilderte Sutil den Start. "Ich habe versucht innen zu überholen, habe den Vordermann berührt und mich gedreht. Dann sind die anderen in mich reingefahren." Nach einem weiteren Ausfall war Sutil sichtlich niedergeschlagen. "Es ist sehr enttäuschend, schlimmer kann es nicht werden, nur besser."
Das gilt auch für Vettel, der in dieser Saison noch kein Rennen beenden konnte. "Das ist schade, aber kein Grund, den Kopf in den Sand zu stecken", sagte Vettel. "Es war ein sehr hirnloses Manöver, das Adrian gestartet hat. Er hat sich gedreht, ich wollte vorbei, hätte es auch beinahe geschafft, aber dann hat mich ein Super Aguri draufgeschoben." Dem Super Aguri-Piloten gibt er keine Schuld.
Nach einer Safety Car-Phase gab es die nächste Kollision. Diesmal versuchte Nelsinho Piquet an Sebastien Bourdais vorbeizugehen. Doch der Toro Rosso-Pilot sah den Angriff nicht, möglicherweise weil er die Außenspiegel noch auf den Seitenkästen hat. "Ich wusste gar nicht, woher er kam", klagte der Franzose. Piquet und Bourdais schieden nach der Kollision beide mit einem Aufhängungsbruch aus. Auch Anthony Davidson stellte kurz darauf seinen Super Aguri in der Box ab.
Gar nicht so weit kam Fernando Alonso. Der Lokalheld musste seinen Renault mit Rauch und Flammen im Heck in Runde 34 am Streckenrand abstellen. "Der Motor ging hoch", sagte Alonso. "Leider ist das ausgerechnet bei meinem Heimrennen passiert. Wir waren optimistisch, weil wir gut mit den Topteams mithalten konnten. Jetzt müssen wir nach vorne schauen." Den einzigen Trost gab ihm ein Fan, der die Absperrung überwunden hatte und sein Idol umarmte. Fast gleichzeitig schmiss Rubens Barrichello seine Sturmhaube in die Ecke. Der Brasilianer zog sich bei seinem Boxenstopp einen Schaden am Frontflügel zu und musste später ganz aufgeben. Auch Nico Rosbergs Williams blieb mit einem Motorschaden liegen.
Die nächste Kollision gab es 13 Runden vor dem Ende. Timo Glock versuchte David Coulthard zu überholen, erwischte den Schotten aber am Hinterrad. Während Glocks Frontflügel beschädigt wurde, musste Coulthard einen neuen Hinterreifen abholen. Die Rennleitung kündigte eine Untersuchung des Vorfalls nach Rennende an. Auf die Punkteränge hat das keinen Einfluss mehr: Hinter Räikkönen und Massa komplettierte Lewis Hamilton das Podium. Platz 4 ging an Robert Kubica vor Mark Webber, Jenson Button, Kazuki Nakajima und Jarno Trulli. Nick Heidfeld scheiterte als Neunter knapp an den Punkterängen. Der Mönchengladbacher musste während der Safety Car-Phase tanken und verlor durch die folgende Stop-and-Go-Strafe alle Chancen auf WM-Punkte.
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