Am einen Wochenende zu Tode betrübt, am nächsten im größten Ostersiegestaumel. So kennen wir die italienische Presse. Nur Stefano Domenicali möchte nicht mitspielen. Er möchte nach dem überlegenen Sieg von Kimi Räikkönen in Malaysia nicht abheben, genauso wenig wie er nach dem Debakel von Melbourne am Boden zerstört war. "Letztes Wochenende meinten alle, dass McLaren in einer eigenen Welt fahre. Wir erwiderten: okay, sie hatten ein tolles Rennen, aber das kann sich ändern."
Es hat sich geändert. "Ferrari war absolut unschlagbar", stellt Renault-Motorenmann Denis Chevrier fest. Luca di Montezemolo teilt aus der Heimat mit, dass er mit so einer Reaktion seines Teams gerechnet habe. Ohne den Abflug von Felipe Massa wäre sogar ein Doppelsieg drin gewesen. "Wir hatten einen klaren Vorteil gegenüber der Konkurrenz", sagt Luca Baldisserri. Das bestätigt auch Domenicali. "Heute waren wir sehr schnell, nahmen den Speed im letzten Teil des Rennens heraus, um das Auto zu schonen."
Schon in Bahrain erwartet er McLaren aber wieder als harten Konkurrenten. Dabei hätten die Silbernen schon in Malaysia besser sein können, als sie letztlich aufgrund der Strafe aus dem Qualifying aussahen. "Wir liegen immer noch vorne", verweist Lewis Hamilton zunächst auf das Positive, seine anhaltende WM-Führung nach zwei von achtzehn Rennen. Allerdings muss auch er die starke Leistung von Ferrari anerkennen. "Sie waren hier voriges Jahr stark und haben ein gutes Auto; das ist kein Geheimnis."
Doch Ron Dennis ließ sich nicht unterkriegen. "Der wahre Speed unserer Autos war heute nicht zu sehen, da sie im Verkehr immer wieder untersteuerten." Bei freier Fahrt hätte man auch Platz 2 hinter Ferrari belegen können. Auch Norbert Haug versucht die positiven Aspekte zu betonen. "Die Plätze 3 und 5 bringen bei diesen Schwierigkeiten die Punkte, die man am Jahresende hoffentlich gut gebrauchen kann." Nur Martin Whitmarsh gesteht ein, dass er sich etwas besorgt ist. "Man macht sich immer Sorgen, wenn man geschlagen wird", so der McLaren-CEO. "Ferrari war stark und wir das ganze Wochenende nicht so gut, wie wir es sein können. Darüber bin ich etwas besorgt, aber wir müssen einfach schauen, dass wir das Auto schneller machen."
Domenicali erwartet genau das. "Sie werden nächstes Mal in Bahrain wieder sehr stark sein." Auch BMW Sauber hat er auf der Rechnung. "Sie hatten ein gutes Wochenende, wir müssen sie respektieren - sie werden uns und McLaren Punkte wegnehmen." Damit habe man einen Gegner mehr. "Die Hierarchie verändert sich derzeit ein bisschen", bestätigt Mario Theissen, der seinerseits anerkennt, dass Ferrari für BMW Sauber nicht zu holen war. Im Gegensatz zu Ferrari und McLaren war BMW Sauber dieses Jahr aber noch keiner Leistungsschwankung ausgesetzt.
In Melbourne war McLaren überlegen und Ferrari hatte Probleme, in Sepang dominierte Ferrari und McLaren steckte in Schwierigkeiten. "Es gibt nicht mehr den Einen, der am schnellsten fährt", betont Theissen. "Und wir beginnen langsam im Konzert der Großen eine Rolle zu spielen." Vieles hänge von der Tagesform und der Kompatibilität zur Streckencharakteristik ab. "Unsere Pace war jener von McLaren ebenbürtig", sagt Willy Rampf. Dass der BMW Sauber überall so gut funktioniert, sei aber nicht garantiert. "Aber natürlich sind die ersten beiden Rennen ein Hinweis darauf, dass Melbourne keine Eintagsfliege war", sagt Theissen.
Die 5 Fragezeichen
Wer trug die Schuld - Glock oder Rosberg?
Deutschland stellt das größte Kontingent an F1-Piloten, da ist es unvermeidlich, dass sich diese auch auf der Strecke über den Weg fahren - so geschehen bei Nico Rosberg und Nick Heidfeld in Melbourne und bei Timo Glock und Nico Rosberg in Malaysia. "Nico hat anscheinend versucht, mich in Kurve 14 zu überholen", schilderte Glock den Vorfall. "Ich habe ganz normal eingelenkt, er hat versucht reinzufahren, hat mich dabei mit seinem Vorderrad an meinem Hinterrad getroffen. Als ich in den Spiegel schaute, war er noch weiter hinten, also habe ich seinen Angriff nicht erwartet." Rosberg sah eine Lücke und wollte aggressiv zu Werke gehen, da er viel Sprit an Bord hatte. "Ich hatte einige Plätze gutgemacht, er bremste ein bisschen früher in die Kurve rein, da habe ich es versucht, war komplett neben dran, dann hat er reingezogen. Er hat mich wahrscheinlich nicht gesehen."
Was war bei Trulli und Heidfeld?
Trulli hatte noch eine Erklärung parat: "Ich habe Nick nicht gesehen, bis wir am Ende der Bremszone waren, weil er viel später gebremst hat als ich. Ich bin ein wenig gerutscht und habe ihn etwas berührt. Es war keine Absicht." Als Grund dafür, dass er Heidfeld erst spät gesehen hatte, machte er die höheren Cockpitwände verantwortlich. "Da sieht man nichts. Man sieht das Auto, wenn es da ist, aber nicht, wenn es daneben ist. Ich wollte schauen, habe aber nichts gesehen."
Was waren die Ausfallgründe der anderen Deutschen?
Hydraulikdefekte sind sehr beliebt in der Formel 1. Sie können so gut wie jeden anderen Defekt verschleiern - besonders, wenn die Motoren der gestrandeten Autos vom gleichen Hersteller kommen. "Ich konnte nicht mehr schalten, der 3. Gang blieb stecken", sagte Adrian Sutil. "Es war wie in Melbourne." Schon da blieb der Ferrari gepowerte Force India mit einem Hydraulikdefekt liegen. Auch der Toro Rosso mit dem Ferrari-Schwestermotor kam nicht weit. "Der Hydraulikdruck ist in den Keller gefallen", verriet Sebastian Vettel. "Ich konnte nicht mehr runterschalten, nicht mehr hochschalten, ich hing im 2. Gang fest, habe die Servolenkung verloren und musste aufgeben." Den Rauch aus dem Heck seines Autos erklärte er sich durch die Hitze. "Es sah so aus, als wäre irgendetwas am Motor kaputtgegangen, aber das Wasser hat 120 Grad, da qualmt es schnell mal." Das kann übrigens in ganz seltenen Fällen auch bei Motorschäden passieren.
Warum ist Massa abgeflogen?
Die Antwort ist Ferrari noch schuldig. Massa sagte: "Ich berührte einen Kerb ausgangs Kurve 6, und zwar ziemlich hart. Danach verlor ich in der nächsten Kurve das Heck." Ein technischer Defekt ist nicht auszuschließen.
Was ging beim Hamilton-Stopp schief?
"Ich habe nach vorne geschaut und da hat es lange gebraucht, bis der rechte Reifen drauf war. Ich denke also, dass es ein Problem mit der Wheel Gun war", war Hamilton etwas ratlos. "Es sieht so aus, als ob der Schließmechanismus der Radmutter nicht funktioniert hat", führte Martin Whitmarsh aus. "Sie ging deswegen also nicht runter. Der Mechaniker leistete aber tolle Arbeit. Er wechselte zu einer anderen Wheel Gun und musste erst die Radkappe von der Gun runter nehmen. Mit der zweiten Gun hat er dann wahrscheinlich die Sicherungsstifte abgedreht, wodurch er die Mutter runter bekam."
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