Mario Theissen wird sicher nie ein Freund der neuen Einheitselektronik. Schon seit Wochen beklagt er sich über die vielen Probleme, welche die Einführung der Einheits-ECU mit sich bringt - angefangen bei technischen Unstimmigkeiten bis hin zu der Tatsache, dass die ECU für die Teams eine Art "Blackbox" darstellt. Sie haben keinen Zugang zum Quellcode, keinen Einfluss auf das System, müssen aber bei etwaigen Folgeschäden dafür gerade stehen.

Theissen hoffte deshalb bis zuletzt, dass man die Einheitselektronik doch noch abwenden könnte. "Wir haben in Fuji noch darüber diskutiert", verriet er in Sao Paulo. "Ich habe mich dafür ausgesprochen, alles rückgängig zu machen." Doch dieser Vorstoß scheiterte daran, dass manche Teams meinten, es wäre teurer es wegzulassen, nachdem man es jetzt einmal eingebaut habe. Aus diesem Grund wurde der Vorschlag diskutiert, dass jeder selbst entscheiden dürfe, ob er mit der Einheits-ECU fahren möchte oder nicht. "Dieser Vorschlag ist daran gescheitert, dass die ECU weniger Funktionalitäten hat als unsere Elektronik." Das wäre also unverträglich gewesen.

Jetzt stehen die Teams vor mehreren Problemen. Die Umstellung auf die Einheits-ECU verursacht viel Aufwand. "Wir tun uns naturgemäß viel schwerer als bei der Weiterentwicklung einer eigenen Elektronik, die wir in und auswendig kennen", betont Theissen. Der Sinn und Zweck der Vereinheitlichung wird ebenfalls nicht erfüllt: es wird nicht billiger. "Wir haben einen Riesenmehraufwand durch die Umstellung. Nicht nur bei den Motoren, auch auf den Prüfständen; die gesamte Infrastruktur muss mit der Elektronik kommunizieren können." Das kostet BMW momentan einen hohen einstelligen Millionenbetrag. "Es höhnt dem Wunsch nach einer Kostensenkung."

Und all das nur für eine kurze Zeit: "Ich gehe davon aus, dass wir die Einheits-ECU zwei Jahre lang fahren", prophezeit Theissen. Dann sollen die Hybridkomponenten Einzug in den Autos halten. "Dafür muss ein komplett neuer Antrieb entwickelt werden, wenn man das Potenzial voll ausschöpfen möchte." Das bedeutet natürlich auch eine komplett neue, maßgeschneiderte Elektronik. "Es ist mittlerweile jedem klar, dass das die Einheitselektronik ein Riesenfehler war. Leider war es zu spät, das Rad zurückzudrehen."