1. - S wie Startaufstellung
Bis zum dritten Qualifying schien alles klar zu sein: Kimi Räikkönen hatte alle Bestzeiten abgeräumt und obwohl es jedes Mal knapp wurde zwischen ihm und Fernando Alonso, war alles für seine vierte Saisonpole gerichtet. Dann schlug Lewis Hamilton zu. Ausgerechnet Hamilton, der bis dahin am weitesten von den vier Toppiloten zurückgelegen hatte. Für Fernando Alonso blieb hinter Hamilton, Räikkönen und Massa nur Startplatz 4.
Die Überraschung folgte dahinter: nicht BMW Sauber oder Renault waren die besten Verfolger, David Coulthard stellte seinen Red Bull vor Ralf Schumachers Toyota und Mark Webber im zweiten Red Bull. "Ich will nicht meckern, mein Auto war okay", sagte Heidfeld, der Achter wurde. "Trotzdem hat es sich heute bemerkbar gemacht, dass mir am Freitag viel Trainingszeit verloren ging." Am Freitag musste er gleich zweimal wegen eines Hydraulikproblems pausieren.
Noch schlimmer erging es Renault. Giancarlo Fisichella schied schon in der ersten Session aus, Heikki Kovalainen kam nicht über Platz 14 hinaus. Die Franzosen hatten ähnliche Reifenprobleme wie Williams. "Ich machte einen Fehler, als ich vor der langen Geraden in Kurve 13 nach draußen kam", fügte Kovalainen hinzu. "Ich hatte also nur eine Gelegenheit, die Zeit wieder hereinzuholen und das war Kurve 16. Ich versuchte, zu viel Geschwindigkeit mitzunehmen und es ging schief: das Auto kam über die Kerbs und die Runde war futsch."
2. - S wie Start
Die erste Kurve ist auf allen Strecken ein heikler Moment, aber in Shanghai umso mehr. Hier kann man gleich mehrere Linien fahren, umso chaotischer kann es gegen Kurvenende werden, wenn die Schneckenkurve immer enger wird. Jackie Stewart glaubt deshalb, dass die Pole für Hamilton sehr wichtig sein wird. "Das wird in der ersten Kurve nach dem Start und den langsamen Kurven wichtig sein. Denn er muss mehr als alles andere ohne Probleme durch das Rennen kommen und dieses beenden."
Seine Gegner haben hingegen nichts zu verlieren. Felipe Massa will nur das Rennen gewinnen, Kimi Räikkönen hat die WM auch so gut wie aufgegeben und will einen Einzelsieg feiern. Und Fernando Alonso mag zwar Hamiltons Teamkollege sein, aber das wohl auch nicht mehr sehr lange. "Er hat nichts zu verlieren", betont Marc Surer. "Alonso würde ihm im passenden Moment auch in die Kiste fahren." Sollten beide ausscheiden, wäre Hamilton Weltmeister. "Aber wenn Alonso weiterfahren könnte und Hamilton nicht, wäre das perfekt für den Spanier. Er wird es drauf ankommen lassen, davon bin ich überzeugt."
3. - S wie Schlüsselstellen
Der Shanghai International Circuit weist die typische "Tilke-Mischung" aus Beschleunigungsphasen und hartem Herunterbremsen für enge Kurven auf, besitzt aber zugleich zwei Highspeed-Geraden. Dieses Layout fordert Teams, Fahrer und Autos gleichermaßen und eröffnet so manche Überholmöglichkeit; die beste am Ende der Geraden. Eine davon besteht in der doppelten Rechtskurve nach der Zielgeraden, die ihren Radius immer weiter verengt und in einen Linksknick mündet. Dieser Sektor ermutigt im Trockenen zu den meisten Zweikämpfen, da hier die Innenlinie der ersten zur Außenlinie der zweiten Kurve wird respektive umgekehrt.
4. - S wie Setup
Schon im Qualifying spielte das Setup eine entscheidende Rolle: der drohende Regen am Sonntag zwang die Teams dazu, ihre Fahrzeugeinstellungen genau zu überdenken. "Mit den für morgen erwarteten Bedingungen haben wir das Setup verändert, um den vorhergesagten Regen mit einzubeziehen", sagte Mike Gascoyne. Spyker hat mit dieser Taktik schon in Fuji gute Erfahrungen gemacht. Dort holte Adrian Sutil den ersten Punkt - mit einer Regenabstimmung, die ihn zuvor im Qualifying Zeit gekostet hatte. Das Pokerspiel zahlte sich aus. "Wenn man das Aquaplaning weglässt, fährt man mit einem Regensetup leicht zwei Sekunden schneller", sagt Christian Danner.
Je weiter hinten man in der Startaufstellung steht, desto einfacher kann man das Qualifying opfern. "Wir können aber nicht ins Qualifying gehen und das Auto auf Regen abstimmen", sagte Lewis Hamilton. "Aber das gilt für alle. Alle sitzen morgen im gleichen Boot." Auch wenn zu hoffen bleibt, dass diesmal, anders als in Fuji, Autos und nicht Boote ausreichend sein werden. Bei Ferrari scheint ein Regensetup nicht nötig zu sein. "Wir hatten in Fuji genau das gleiche Setup wie im Trocken und das Auto schien trotzdem ziemlich gut zu laufen", betonte Räikkönen. "Ich bin also nicht besorgt, sollte es regnen." Ein spezielles Regensetup braucht der Ferrari demnach nnicht, aber sehr wohl die richtigen Regenreifen - darüber sollte man sich wohl mehr Sorgen machen...
Sollte es entgegen den Vorhersagen und Erwartungen trocken bleiben, würden die Teams und Fahrer mit Regensetup alt aussehen. Nick Heidfeld macht sich darüber keine Gedanken. Denn BMW Sauber setzte nicht auf ein komplettes Regensetup. So wäre es auch keine Katastrophe, wenn es trocken bliebe.
5. - S wie Strategie
"Die Pole wäre natürlich besser gewesen, aber alles in allem ist Platz 2 auch ein gutes Resultat", sagte Kimi Räikkönen. "Ganz besonders, wenn man die Unsicherheit bezüglich der Benzinmenge bedenkt." Die Strategie spielt also mal wieder Zünglein an der Wasserwaage. "Es war ein eigenartiges Qualifying, weil wir in Q1 und Q2 alle nahe beisammen waren, aber in Q3 war ich dann etwas weiter hinten, als erwartet", analysierte Fernando Alonso. "Aber meine beiden Runden waren gut, also hoffen wir, dass es etwas mit der Benzinladung zu tun hat."
Die Experten gehen davon aus, dass Hamilton der leichteste des Spitzenquartetts ist. "Ich nehme nicht an, dass er genauso viel Sprit drin hat wie die Ferrari", sagt Danner. "Die sind für mich eindeutig schwerer." Darin wird er von Jackie Stewart unterstützt, der ebenfalls glaubt, dass Hamilton etwas mehr Sprit an Bord hat als Hamilton. "Die Ferrari haben wohl mehr aufgetankt, zumindest Räikkönen hat wohl mit Vertrauen auf seine schnellen Zeiten im Q2 ein bisschen viel aufgetankt", glaubt Marc Surer. "Hamilton war ein bisschen unsicher, ob er hinter Alonso kommt. Deshalb hat er ein bisschen weniger getankt als Alonso." Denn bis zum letzten Qualifyingversuch war er immer ein, zwei Zehntel hinter Alonso.
6. - S wie Sonntagswetter
Auf 80% beziffert Gerhard Berger das Regenrisiko für den Grand Prix. "Wir erwarten Regen", bestätigt Ron Dennis. "Dafür haben wir an der Spitze eine gute Ausgangsposition." Bei Ferrari blickt man einem regnerischen Rennsonntag genauso optimistisch entgegen. "Wir können gewinnen", kündigt Luca Baldisserri an. "Egal bei welchem Wetter."
Ein Chaos wie in Fuji erwartet Danner nicht. "Ich glaube, es ist hier ein bisschen besser. Die Gischt bleibt hier nicht so stehen wie in Fuji und der Asphalt ist auch anders. Andererseits: in so einem Taifun hängen jede Menge Regentropfen drin. Wenn die falsche Wolke hierher kommt, steht schnell alles unter Wasser." Das würde Nico Rosberg freuen, dessen Auto nicht mit den Reifen korrespondiert. "Weltuntergang wäre am besten - dann das Rennen absagen und direkt ab nach Brasilien. Das wäre ideal."
7. - S wie Spannung
Die knappen Abstände versprechen viel Spannung. "Für meine Begriffe ist Ferrari schneller als McLaren, speziell im Rennen", sagt Danner. "Aber da es sowieso regnen soll, sieht es vielleicht eh anders aus." Denn im Regen ist bekanntlich alles möglich. "Das spräche wieder für ein spannendes Rennen", glaubt Heidfeld. "Da kann von Platz acht wieder alles möglich sein."
Für Lewis Hamilton ist auch ein Titelgewinn möglich: mit einem Sieg kann er sich schon jetzt vorzeitig aus eigener Kraft zum Formel 1-Weltmeister 2007, dem Nachfolger von Fernando Alonso und zum jüngsten Champion aller Zeiten krönen; ebenfalls ein Titel, den er vom Spanier erben würde. Auch jede andere Platzierung, bei der er vor Alonso ins Ziel kommt, würde ihm den Titel sichern. Noch sind aber 56 Runden zu fahren.
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