Das Fahrer-Briefing des Freitags war auch am Samstag noch immer das große Thema im Formel 1-Paddock von Shanghai. Die Meinungen dazu, was vorgefallen war, gingen allerdings weit auseinander. Da war auf der einen Seite Lewis Hamilton, der im Mittelpunkt des Interesses gestanden hatte und am Freitag anscheinend keine besonders lustigen 55 Minuten verlebte. "Gestern war es ein interessanter Tag für mich. Im Fahrer-Briefing hat irgendwie jeder versucht, mir eine reinzuwürgen. Es war ein eigenartiges Gefühl", meinte der Brite bei einem Mediengespräch in Shanghai am Samstag.

Was Hamilton vor allem enttäuschte, waren die Aussagen einiger Fahrer, die er recht gut kennt und von denen er gewisse Ansichten nicht erwartet hatte. "Ich bin nur dort gesessen, habe zugehört und alles in mich aufgenommen." Er wolle nun versuchen, es beim nächsten Mal besser zu machen. "Wenn sie damit nicht zufrieden sind, dann weiß ich nicht, was ich tun kann." Was Hamilton aber betonte, war, dass er sich auch durch so ein Meeting nicht aus der Ruhe bringen lässt. "Situationen wie gestern können einen nur stärker machen", meinte er.

Andere Fahrer, die bei demselben Meeting waren, hatten aber anscheinend eine ganz andere Versammlung erlebt. "Es gab Kritik, aber es war keine Kritik gegen Lewis. Es will keiner dem Lewis etwas Böses. Es ist kein persönlicher Angriff", erzählte etwa Nick Heidfeld. Zudem meinte er, dass die Vorkommnisse in Fuji nicht angesprochen wurden, weil es sich dabei um Hamilton drehte, sondern weil das Fahrverhalten einfach nicht richtig war. "Es ging nicht darum, Lewis an den Karren zu fahren, sondern weil es vorher besprochen wurde", sagte der BMW Sauber-Pilot.

Jarno Trulli hatte keinen Angriff auf Lewis Hamilton erlebt, Foto: Sutton
Jarno Trulli hatte keinen Angriff auf Lewis Hamilton erlebt, Foto: Sutton

Auch Jarno Trulli verneinte, dass es irgendwelche persönlichen Angriffe gegen Hamilton gab. "Nein, wir haben einige Unfälle diskutiert: den mit Webber und Vettel, den mit Kubica, einige. Es gab aber keine Angriffe gegen Lewis", sagte der Italiener. So sei es einfach nur darum gegangen, die Meinung der Fahrer vor Charlie Whiting vorzutragen und um nichts Anderes. "Zum ersten Mal hatte wahrscheinlich alle Fahrer das gleiche Gefühl zum vorigen Rennen", betonte Trulli. So ging es laut ihm vor allem darum, die Regeln zu respektieren und auf die Sicherheit zu schauen. "Von außen sah es vielleicht nicht so schlimm aus wie von innen. Deswegen verstehe ich Charlies Position und deswegen wollten wir unsere Position erläutern."

Ralf Schumacher erlebte ebenfalls keine Fehde von 21 Fahrern gegen Hamilton und berichtete über das Meeting: "Es gab nicht so viel zu besprechen. Es wurde in aller Ruhe darüber diskutiert, über die verschienen Ansichten der Fahrer wie es war. Das war alles. Es gab unterschiedliche Auffassungen und ich denke, jeder hat etwas draus gelernt, wie es das nächste Mal zu machen ist." Was er eindeutig verneinte, war eine Kopfwäsche, die Hamilton bekommen haben soll. "Auch das stimmt nicht. Lewis wurde in der Öffentlichkeit durch sein Verhalten an den Pranger gestellt und Charlie hat sich das alles angeschaut. Aber viele haben sich ähnlich verhalten. Viele haben die eigentlichen Safety-Car-Regeln gebrochen", erklärte der Toyota-Pilot.

Obwohl also einige andere Fahrer dem empfinden von Hamilton widersprachen, blieb zumindest Heidfeld bei der Position, dass der McLaren-Pilot eine Strafe hätte bekommen sollen. "Das, was passiert ist, war nicht richtig. Wir hatten das vorher besprochen und wir dachten alle, dass das bestraft wird. Für die extremen Bedingungen und für die Dinge, die da passiert sind, fand ich es noch relativ ruhig. Natürlich gab es erhitzte Gemüter, aber es war kein Drama", meinte der Deutsche. Schumacher fand die Diskussion über eine Strafe hingegen "die Wörter nicht wert", da aufgrund der schweren Bedingungen jeder ähnlich fahren musste wie Hamilton, um die Reifen und die Bremsen auf Temperatur zu halten.

Wäre Hamilton bestraft worden, dann hätte das auch 99 Prozent der anderen Fahrer betroffen, meinte Whiting beim Meeting und Schumacher stimmte dem zu. "Man muss in den schwierigen Bedingungen die Bremsen einfach mal aufwärmen, ansonsten fährt man geradeaus, wenn's losgeht. Deshalb hat das irgendwo jeder ein bisschen so gemacht. Und bei Lewis war das am offensichtlichsten weil er vorne war." Was Whiting aber versprach, war, dass er in Zukunft unvernünftigen Fahrweisen strenger ahnden wird.

Für Ralf Schumacher führt im Regen kein Weg an Bremsmanövern vorbei, um die Bremsen aufzuwärmen, Foto: Sutton
Für Ralf Schumacher führt im Regen kein Weg an Bremsmanövern vorbei, um die Bremsen aufzuwärmen, Foto: Sutton

Heidfeld hat damit auch kein Problem und auch ihm ist bewusst, dass man ein wenig Beschleunigen und Bremsen muss, damit alles funktioniert, wenn das Rennen wieder freigegeben ist. "Aber man kann das Bremsen auch machen, wenn die Kurve kommt und nicht mitten auf der Geraden. Man kann auch beim Vollgas-Fahren bremsen. Es ist ein Balanceakt. Der Lewis und alle Anderen müssen probieren, die Reifen und die Bremsen warm zu halten, aber für mich war das nicht im akzeptablen Rahmen", erklärte er noch einmal. Sollte es am Sonntag wieder regnen, geht Ralf Schumacher jedenfalls davon aus, dass alle wieder ähnliche Manöver würden machen müssen, damit die Autos dann auch vernünftig funktionieren.

Ob gefahren wird, sollte der Taifun am Sonntag wirklich in Fuji wüten, lässt sich nicht sagen. Jarno Trulli konnte dazu nur erklären: "Es hängt von den Bedingungen ab. Ich sage nicht, dass wir nicht fahren, wenn es regnet. Wir wollen alle fahren und auch in Fuji sind wir gefahren. Alle Fahrer hatten das Gefühl, dass wir in Fuji zu viele Risiken genommen haben und dass wir Glück hatten, damit durchzukommen. Wir wollen keine ähnliche Situation." Sollte es doch eine geben, dann wünscht sich Trulli, dass man es ruhig angeht und über alles spricht, damit man eine bessere Entscheidung findet. "Vielleicht das Rennen später starten, ein paar Runden mehr hinter dem Safety Car oder irgendwas."