Die Fans genießen und die Medien kosten die letzten Tage von Michael Schumacher als aktiver Rennfahrer noch einmal aus. Kaum ein Pilot polarisierte und polarisiert die Massen so sehr wie der Kerpener. Die einen hassen ihn, die anderen lieben ihn. Die einen vergöttern ihn, die anderen können seinen Rücktritt kaum noch erwarten. Kein Fahrer hatte jemals so viele Erfolge wie er, keiner erlebte so viele umstrittene Momente wie Michael Schumacher. Jetzt hinterlässt der siebenfache und vielleicht bald achtfache Formel 1-Weltmeister riesige Fußstapfen, in die seine Nachfolger treten müssen. Aber Deutschland braucht keine Angst um seinen Motorsportnachwuchs zu haben: Die Stars von morgen kleben bereits im Windschatten des Altmeisters!

A wie die Aktiven

Ralf wieder eines Tages in die Fußstapfen seines Bruders treten., Foto: Sutton
Ralf wieder eines Tages in die Fußstapfen seines Bruders treten., Foto: Sutton

Drei potenzielle Erben sind schon jetzt in der Königsklasse aktiv: Nick Heidfeld, Nico Rosberg und natürlich Michaels Bruder Ralf Schumacher. Die Formel 1 muss also auch in den kommenden Jahren nicht ohne den Namen Schumacher auskommen. Denn Ralf und sein Toyota-Team hegen große Pläne: Bereits in diesem Jahr sollte der große Durchbruch gelingen. Bislang blieb man den ersten GP-Sieg jedoch schuldig. Spätestens im nächsten Jahr soll sich das ändern. Angesichts der Fortschritte, die Toyota in diesem Jahr mit den Bridgestone-Reifen und dem TF106 machen konnte, sowie der schier unbegrenzten Ressourcen des japanischen Automobilherstellers, darf Ralf auf eine erfolgreiche Zukunft hoffen. Schließlich zweifelt kaum jemand daran, dass Toyota eines Tages zwangsläufig Erfolg haben wird. Dann könnte Ralf in die Fußstapfen seines großen Bruders treten - vielleicht sogar als Weltmeister.

Ähnliches gilt für BMW: Die Münchner haben seit diesem Jahr mit BMW Sauber ihr eigenes Team. Dabei übertrafen die Weiß-Blauen und ihre Speerspitze Nick Heidfeld schon in dieser Saison ihre Ziele. In Ungarn feierte Quick Nick den ersten Podestplatz des neuen Rennstalls. Mit aerodynamischen Spitzfindigkeiten wie den Tower Wings oder den angeblich flexiblen Heckflügeln bewiesen die BMW-Aerodynamiker zudem, dass sie den ganz Großen in Punkte Erfindungsreichtum in Nichts nachstehen. Dasselbe gilt für Heidfeld: Vor zwei Jahren wurde er für seine heldenhaften Fahrten in einem hoffnungslos unterlegenen Jordan gelobt. Im letzten Jahr sammelte er als Williams-Pilot viele Pluspunkte und schaffte den Sprung zu BMW Sauber, wo er bis 2008 nicht nur GP-Siege erreichen möchte, sondern auch den WM-Titel. Wie Michael Schumacher hätte Nick sich diesen Erfolg selbst erarbeitet: Während Schumacher von 1996 bis 2000 bei Ferrari Aufbauarbeit leistete, arbeitet Nick derzeit für eine erfolgreiche weiß-blaue Zukunft.

Nico Rosberg ist eine der großen deutschen Hoffnungen, Foto: Sutton
Nico Rosberg ist eine der großen deutschen Hoffnungen, Foto: Sutton

Der Dritte im Bunde ist der Jüngste: Nico Rosberg gab erst in diesem Jahr sein F1-Debüt, aber dieses war für einen Weltmeistersohn und GP2-Meister standesgemäß: in Bahrain drehte er gleich die schnellste Rennrunde. Zwar ließ ihn in den letzten Rennen sein Arbeitsgerät des Öfteren mit technischen Gebrechen im Stich und blieb auch er nicht ganz fehlerfrei, wenn es um einen zukünftigen deutschen Weltmeister geht, wird der Name Rosberg aber trotzdem hoch gehandelt. Bis es soweit ist, muss auch Nico Aufbauarbeit leisten; schon im nächsten Jahr könnte aber eine Williams-Renaissance mit Toyota-Power eingeleitet werden. Nico und seine deutschen Fans würde es sicher nicht stören.

T wie die Testfahrer

Am 25. August des Jahres 1991 begann im deutschen Motorsport eine neue Zeitrechnung: ein gewisser Michael Schumacher fuhr für Jordan sein erstes F1-Rennen. Exakt 15 Jahre danach wurde erneut ein neues Kapitel im deutschen Motorsport aufgeschlagen: an jenem Freitag gab ein 19-jähriger namens Sebastian Vettel sein Debüt als Freitagstester für BMW Sauber. Obwohl der Formel 3-Titelanwärter auf dem Boden bleibt und darin nichts als Zufall sieht, scheint der Weg des jungen Deutschen schon jetzt vorgezeichnet zu sein - und zwar bis ganz nach oben. Mit Red Bull und BMW hat er gleich zwei Partner mit insgesamt drei Formel 1-Teams an der Hand. Wenn er so weitermacht, wie er in die F1-Welt eingestiegen ist, kann fast nichts mehr schief gehen. Immerhin fuhr er bereits in seinem 2. Freitagstraining schneller als alle anderen!

Sebastian und sein Nachfolger als Formel BMW Dominator Christian Vietoris., Foto: BMW
Sebastian und sein Nachfolger als Formel BMW Dominator Christian Vietoris., Foto: BMW

Sebastian Vettel war in diesem Jahr der bislang siebte Deutsche, der in der Formel 1 zum Einsatz kam. Vor ihm füllten bereits Markus Winkelhock und Adrian Sutil die Rolle des Freitagstestfahrers bei Midland aus. Wie Vettel hinterließen auch seine beiden Landsleute einen starken Eindruck. Beide erhielten mehr Freitagseinsätze, als es ursprünglich vorgesehen war und es ihre Mitgift ihnen zusicherte. Von Bestzeiten konnten Winkelhock und Sutil zwar nur träumen, schließlich war ihr MF1-Bolide kein BMW, trotzdem schafften sie es, sich mit Top10-Platzierungen ins Rampenlicht zu rücken. Noch wichtiger war jedoch, dass die Ingenieure von ihrem Feedback hellauf begeistert waren. Auch abseits der F1 sind die beiden schnell unterwegs: Während Winkelhock im letzten Jahr starke Leistungen in der Renault World Series zeigte, dominiert Sutil in diesem Jahr die japanische Formel 3. An schnellen deutschen Piloten mangelt es gewiss nicht.

Ein weiterer schneller Deutscher ist zwar aktuell kein F1-Testfahrer, füllte diese Rolle aber schon einmal für Jordan aus - für die er auch vier Rennen bestritt und gleich bei seinem Debüt Punkte mitnehmen durfte. Die Rede ist vom letztjährigen ChampCar- und diesjährigen GP2-Piloten Timo Glock. Der Schützling der Deutsche Post Speed Academy bewies nicht nur über dem großen Teich, dass er ein Spitzenrennfahrer ist. Nach einem schwierigen Start in die GP2 mit BCN Competicion, war er nach seinem Teamwechsel zu iSport der beste Fahrer der zweiten Saisonhälfte. Nicht umsonst wird Timo für 2007 immer wieder mit einer Rolle als Freitagstester oder sogar Stammpilot in Verbindung gebracht. Die Formel 1 spricht also weiterhin deutsch - und das nicht nur wegen BMW, Mercedes oder dem in Köln-Marsdorf beheimateten Toyota Team. Mit Glock, Sutil, Vettel und Winkelhock wartet die Jugend auf ihre Chance jene Lücke zu schließen, die von Michael Schumacher hinterlassen wird. Das Zeug dazu haben sie.

N wie die Nachwuchsstars

Auch zukünftig wird es deutsche Siege geben., Foto: Sutton
Auch zukünftig wird es deutsche Siege geben., Foto: Sutton

Aber nicht nur im Dunstkreis der Formel 1 gibt es junge, deutsche Talente, die zu Recht auf eine große Zukunft hoffen dürfen. Neben Glock fährt in diesem Jahr mit Michael Ammermüller ein weiterer erfolgreicher Deutscher in der GP2. Der Red Bull-Schützling wusste auf Anhieb zu überzeugen und fuhr sogar gleich an seinem ersten Rennwochenende seinen ersten Sieg ein! Auch in einem F1-Auto durfte Michael bereits Platz nehmen - für Demorunden und Aerodynamiktests, ein erster richtiger Einsatz sollte angesichts seiner guten Vorstellungen in der GP2 aber nicht mehr lange auf sich warten lassen...

Eine Etage weiter unten kämpfen Maro Engel in der britischen Formel 3, Nico Hülkenberg in der deutschen Formel 3 und Peter Elkmann in der F3 EuroSeries um Siege, was allen dreien in dieser Saison bereits gelungen ist. In die Fußstapfen von Sebastian Vettel trat derweil Christian Vietoris. Der Speed Academy-Kandidat dominierte die Formel BMW Deutschland beinahe nach Belieben und wurde am letzten Wochenende überlegen Meister. Zuletzt ist dieses Kunststück einem gewissen Sebastian Vettel gelungen...

Die Formel 1 wird nach Michael Schumacher sicherlich nicht mehr die selbe sein, dafür wird allein das Fehlen der vielen Rotkäppchen sorgen, bei dem nunmehr nur noch einen Rennen auf deutschem Boden. Aber eins ist trotzdem sicher: Es gibt eine Formel 1 nach Michael Schumacher - auch in Deutschland und ganz sicher auch mit schwarz-rot-goldenen Erfolgen!