Der Freitag im Albert Park zu Melbourne ließ sich gemächlich an: Die ersten beiden Trainingssitzungen zum Großen Preis von Australien wurden vom mittlerweile gewohnten Runden- und Reifensparen sowie Motorenschonen geprägt. An der Spitze lieferten sich deshalb wie üblich die Testfahrer ein Duell um die Freitagsbestzeit. Am Ende sollte im Duell Honda gegen Williams der Honda-Tester Anthony Davidson die weiße Fahrzeugnase vorne haben.

Der Rundengeiz Nicht nur die Auslaufzonen und Kiesbetten des Albert Park waren am Freitag bunt: Auch die Strecke war in der Rennfahrersprache noch grün. Schließlich wird der Kurs für den Großteil des Jahres als öffentliche Straße verwendet. Für den Fahrbetrieb bedeutete dies die erwartete Zurückhaltung bei den Top-Teams sowie jenen Stammfahrern, denen ein Freitagstester zur Verfügung steht. Dennoch waren die Piloten in der zweiten Trainingsstunde etwas aktiver als in Session 1. Auf Nick Heidfeld traf dies jedoch nicht zu. Der Mönchengladbacher ging erst wenige Minuten vor dem Ende der 2. Session zum ersten Mal auf die Strecke.

Die Zwischenfälle Nach Robert Doornbos im 1. Freien Training, lieferte David Coulthard im 2. Training den zweiten Dreher eines Red Bull Piloten ab. Wie sein Freitagstester konnte der Schotte den RB2 abfangen und ein vorzeitiges Aus verhindern. Das gleiche Schicksal ereilte später den Japaner Yuji Ide. Schlimmer erging es Tonio Liuzzi, der die Hörner seines STR1 20 Minuten vor dem Ende in eine der Mauern bohrte. Kurz vor der Mauer musste Christijan Albers seinen M16 nach dem letzten Dreher des Trainings abstellen. Davon abgesehen kam es in der zweiten Session noch zu beinahe unzähligen Ausritten neben die Strecke.

Die Technik Robert Kubica konnte nach seinem Motorschaden von heute Morgen wieder ins Trainingsgeschehen eingreifen. Doch für seinen Teamkollegen Jacques Villeneuve könnte im Laufe des Wochenendes ein Wechsel ins Haus stehen: Im Gegensatz zu Kubica und Heidfeld, die mit neuen Motoren ins Wochenende gingen, besitzt das Aggregat des Kanadiers noch nicht das neueste Zuverlässigkeitsupdate. Entsprechend könnte man aus Angst vor einem weiteren Defekt den Motor nach den Freien Trainings wechseln. Sicher ist dieses Vorgehen aber noch nicht. Bei Mark Webber steckte hingegen der Teufel in der Technik: Der Australier verlor auf seiner ersten Runde die Servolenkung und schlich danach beinahe eine gesamte Runde um den Kurs. Noch bevor er in die Box abbiegen konnte, überlegte es sich sein FW28 aber noch einmal anders und so konnte Webber urplötzlich doch noch einige Runden anhängen.

Die Reifen Funktionieren die Bridgestones nur bei wärmeren Temperaturen und nicht bei kühleren Bedingungen wie in Melbourne? Diese Frage bewegte vor dem Rennwochenende in Down Under die Reifenexperten. Nach den ersten beiden Trainings lässt sich eines festhalten: Zumindest auf einer schnellen Runde sind die japanischen Pneus konkurrenzfähig. Im Gegensatz zu den Bridgestone-Reifen von Ferrari und Toyota scheinen die Michelin aber nach einer Runde kein Graining zu bekommen. Stattdessen konnten die Michelin-Piloten in der zweiten Runde sogar noch einmal zulegen. Ganz anders bei Williams: Alex Wurz konnte mit seiner Bridgestone-Mischung mehrere gute Runden hintereinander in den Asphalt brennen.

Die Platzierungen Ein Testfahrertrio reihte sich auf den ersten drei Plätzen der Zeitenliste ein: Anthony Davidson setzte sich hauchdünn gegen Alexander Wurz und Robert Kubica durch. Der beste Stammfahrer war Jenson Button auf Rang 4. Hinter dem Briten reihte sich Fernando Alonso mit gut sechs Zehnteln Rückstand vor Michael Schumacher und Kimi Räikkönen ein. Auf Platz 8 deutete Rubens Barrichello derweil einen kleinen Aufwärtstrend in seiner Form an. Die Top10 komplettierten Juan Pablo Montoya und Felipe Massa. Knapp außerhalb der besten Zehn reihte sich Giancarlo Fisichella im zweiten Renault ein. Nick Heidfeld belegte nach nur 5 absolvierten Runden den 15. Platz. Ralf Schumacher wurde 18. und MF1-Testfaher Markus Winkelhock fuhr auf Rang 23. Für zweiten aktiven Österreicher, Christian Klien, reichte es letztlich nur zu Platz 21.

Die Analyse Was verrät das Freitagsergebnis über das Kräfteverhältnis? Vorerst lässt sich sagen, dass die üblichen Verdächtigen in den Kampf um die vorderen Plätze eingreifen werden. Sprich: Renault, Honda, Ferrari und McLaren. Wie gut Williams in Melbourne aufgestellt ist, wird sich erst im Laufe des Samstags zeigen, wenn die Stammfahrer ohne die Vorteile des Freitagstesters Wurz ihr Leistungsvermögen enthüllen müssen. Bei Renault setzten die Franzosen wie gewohnt auf ein normales Freitagsprogramm ohne große Zeitenjagd. Wie konkurrenzfähig Honda im Qualifying und Rennen sein wird, muss sich hingegen noch zeigen. Ferrari muss hingegen darauf hoffen, dass die Bridgestone-Pneus auch auf die Distanz bei diesen Bedingungen mithalten können.