Mit einigen Wochen Verspätung im Vergleich zu den Vorjahren trifft der F1-Tross am kommenden Wochenende in Downunder ein. Statt des WM-Auftaktrennens findet im Albert Park zu Melbourne bereits der dritte Lauf der neuen Saison statt. Für manche Fahrer und Teams beginnt die neue Saison 2006 aber trotzdem erst beim letzten der ersten drei Überseerennen.

Das gilt aber nicht nur für die punkt- und glücklosen Teilnehmer der ersten beiden Saisonläufe. Mit McLaren, BMW Sauber und Ferrari müssen gleich drei Teams mit neuen Heck- respektive Frontflügeln anrücken. Hoffentlich ist das Kapitel der flexiblen Flügelproblematik vorerst beendet.

Renault: Die nächste Perfect 18?

Nachdem Giancarlo Fisichella beim Saisonauftakt in Bahrain mit technischen Problemen ausschied, sicherten sich die amtierenden Champions erst beim zweiten Rennen in Malaysia die maximale Punktezahl von 18 WM-Zählern. In Australien soll nun der nächste 18er folgen. Der R26 zeigte sich bei den Tests in Südfrankreich dazu in der Lage. Testfahrer Heikki Kovalainen fuhr der Konkurrenz dort ebenso auf und davon, wie Fisichella und Alonso an den Rennwochenenden. Nach dem ersten Test seit Saisonbeginn blicken die Gelb-Blauen entsprechend zuversichtlich auf das dritte Saisonrennen, das sie erneut als Topfavorit in Angriff nehmen werden. Ein weiterer Doppelsieg am Ort von Fisichellas Vorjahrestriumph wäre demnach alles andere als überraschend.

Ferrari: Die Stunde der Wahrheit

Schumacher erfährt in Australien, wo Bridgestone wirklich steht., Foto: Sutton
Schumacher erfährt in Australien, wo Bridgestone wirklich steht., Foto: Sutton

Für Ferrari schlägt auf dem fünften Kontinent die Stunde der Wahrheit: Sind die Bridgestone-Reifen auch unter den zu erwartenden kühleren Bedingungen in Melbourne konkurrenzfähig? Sollten die Japaner diese entscheidende Frage mit "Ja" beantworten können, wird Ferrari in Australien wieder um den Sieg mitmischen. Ansonsten droht der Scuderia bei den anstehenden kühleren Europarennen ein leichtes Formtief. Die Tests in der letzten Woche absolvierten sie abseits der Rivalen im heimischen Fiorano. Vergleiche mit den anderen Teams gab es somit nicht. Michael Schumacher und Felipe Massa werden sich auch in Australien wieder einen harten Kampf um die Teaminterne Vorherrschaft liefern. Ihre Motoren sollten nach den vielen Wechseln von Malaysia genügend Laufleistung übrig haben - oder gibt es etwa immer noch Probleme mit den Kolben?

McLaren: Neues Paket, erster Sieg?

McLaren Mercedes schickt einen rundum erneuerten MP4-21 in das dritte Saisonrennen. Mit diesem Auto sollen Juan Pablo Montoya und vor allem Kimi Räikkönen endlich den ersten Saisonsieg einfahren. Ob dies den Chrompfeilen gelingen kann, wird sich erst in Melbourne zeigen. Zuzutrauen ist es den Silbernen aber allemal. Bei den Tests in Le Castellet waren die Testpiloten Pedro de la Rosa und Gary Paffett noch mit einem MP4-21 sowie einem V10-gepowerten MP4-20 unterwegs. Sollte Kimi Räikkönens Pechsträhne tatsächlich einmal abreißen, dürfte der Finne aber auch mit einem unverändert starken Paket siegfähig sein. Ein paar Extra-PS würde er aber dennoch nicht ablehnen.

Honda: Geht's jetzt erst richtig los?

Button vor Renault? Honda würde es gefallen..., Foto: Sutton
Button vor Renault? Honda würde es gefallen..., Foto: Sutton

Für Honda und vor allem Rubens Barrichello beginnt die Saison 2006 erst im Albert Park. Nach zwei Rennen in denen sowohl das Team als auch der Brasilianer (weit) unter ihrem jeweiligen Leistungsvermögen geblieben sind, möchten die Weißen endlich ihren hohen Ansprüchen gerecht werden und um Siege mitkämpfen. Wobei: Am liebsten würden sie nicht nur um den Sieg kämpfen, sondern diesen auch davontragen. Die besseren Chancen darauf hat jedoch Barrichellos Teamkollege Jenson Button, der bei den ersten Rennen klar die bessere Figur abgegeben hat. Ob es in Downunder endlich zum ersten Triumph reicht, bleibt nach den ersten Rennwochenenden aber noch zu bezweifeln.

Williams: Zurück zur Überraschungsform?

Der Traditionsrennstall von Sir Frank Williams fand an den ersten beiden Wochenenden der Saison beinahe zu alter Stärke zurück. Siegfähig waren die Mitternachtsblauen zwar - entgegen so mancher eigener Aussage - noch nicht, aber besonders Nico Rosberg konnte in Malaysia abermals überzeugen. Mark Webber muss sich im Duell gegen den jungen Deutschen auf alle Fälle weiterhin warm anziehen. Wenn die Technik - sprich Motor und Getriebe - diesmal halten, könnten erneut WM-Punkte drin sein. Zu mehr dürfte es ohne Ausfälle bei der Konkurrenz aber nicht reichen. Allerdings wusste Williams Cosworth in diesem Jahr schon einige Male zu überraschen.

BMW Sauber: Diesmal kein Motorschaden?

Villeneuve möchte erneut Punkte holen., Foto: Sutton
Villeneuve möchte erneut Punkte holen., Foto: Sutton

Nach den ersten WM-Punkten der noch jungen gemeinsamen Teamgeschichte von BMW und Sauber, sollen in Melbourne die nächsten Zähler folgen. Ermöglichen soll das eine verbesserte Zuverlässigkeit: Zwei Motorschäden in zwei Rennen sprechen derzeit noch eine deutliche Sprache; und zwar gegen die Weiß-Blauen. Nick Heidfeld brennt jedenfalls sehr darauf endlich die ersten Punkte für sein neues, altes Team einzufahren. Und auch Jacques Villeneuve scheint in diesem Jahr besser zurecht zu kommen, als noch bei Sauber anno 2005. Das einzige Problem für die Hinwiler stellen die starken Konkurrenten dar, die in Form von Toyota, Red Bull Racing, Williams, Honda, McLaren, Ferrari und Renault bereits mehr als die acht Punkteränge belegen.

Red Bull Racing: Der nächste Anlauf

Ein Punkt in Bahrain: Mehr konnte RBR in dieser Saison noch nicht ergattern. Die Zielsetzung für David Coulthard und Christian Klien ist somit klar - das Punktekonto der Bullen soll weiter gefüttert werden. Wie BMW hat auch Red Bull das Problem der starken Kontrahenten. Als einer der wenigen Stammfahrer flog David Coulthard für Testfahrten nach Europa zurück. Dort spulte er in Valencia Entwicklungsrunden mit einem RB2 ab. Ganz oben auf der Liste stehen weiterhin Arbeiten an der Zuverlässigkeit, aber auch die Performance des neuen Autos soll weiter verbessert werden. Im Teaminternen Duell muss sich der Schotte in Melbourne strecken: Bislang war Christian Klien der bessere - wenn auch teilweise nur glücklichere - Bullenreiter.

Toyota: Die Stunde der Wahrheit II

Das beste Bridgestone Team? Noch hat Toyota einiges aufzuholen..., Foto: Sutton
Das beste Bridgestone Team? Noch hat Toyota einiges aufzuholen..., Foto: Sutton

Was für Ferrari gilt, zählt für Toyota noch viel mehr: Sollten die Weiß-Roten bei kühlen Temperaturen in Australien konkurrenzfähig sein, haben sie die Trendwende in Malaysia geschafft. Sollten sie aber wieder auf das desaströse Niveau von Bahrain zurückfallen, droht den Japanern ein katastrophaler Fehlstart. Ricardo Zonta hatte sich nach den Tests in Le Castellet jedoch zuversichtlich gezeigt, dass die Probleme beim Aufheizen der Reifen behoben sind. Für Toyota bleibt zu hoffen, dass dies tatsächlich der Wahrheit entspricht. Dann könnten Ralf Schumacher und Jarno Trulli in Melbourne weiter daran arbeiten das Punktekonto aufzustocken. Ansonsten droht erneut ein Debakel.

Scuderia Toro Rosso: Der nächste Anlauf II

In Bahrain zitterten selbst manche der etablierten Teams vor dem Minardi-Nachfolger aus Faenza. In Malaysia bestätigte sich jedoch das Bild aus der Wüste: Derzeit braucht niemand vor STR Angst zu haben. Sollten die Werksteams und Spitzenrennställe ihre Autos ohne Ausfälle ins Ziel bringen, haben die Mannen von Didi Mateschitz und Gerhard Berger keine Chance auf WM-Punkte. Dennoch unternehmen Tonio Liuzzi und Scott Speed in Melbourne einen weiteren Anlauf auf die Plätze der ersten Acht. Ohne Ausfälle oder Probleme in den vorderen Reihen erscheint dieses Ziel aber unerreichbar zu sein.

MF1 Racing: Auf der Flucht

Midland ist auf der Flucht vor Super Aguri., Foto: Sutton
Midland ist auf der Flucht vor Super Aguri., Foto: Sutton

In Malaysia mussten die MF1-Piloten zeitweise einen unerwarteten Kampf ausfechten: Jenen gegen die Super Aguri Fahrer. Zwar setzten sich die Midland-Mannen letztlich durch, doch deutete dies bereits an: Wenn Super Aguri weiter aufholt und schnell lernt, könnten die Japaner den Russen spätestens mit dem Debüt ihres neuen Autos ernsthaft Konkurrenz machen. MF1 setzt derweil auf seine zurück gewonnene Zuverlässigkeit. Ob diese ausreichen wird, um vielleicht ein paar Punkte abzustauben, bleibt aber zu bezweifeln.

Super Aguri: Auf der Jagd

Takuma Sato und Yuji Ide befinden sich auf der Jagd. Sie jagen Erfahrung, Kilometer, MF1 Racing und die nächste respektive erste Zielankunft. Denn Ide fiel in seinen beiden bislang einzigen F1-Rennen jeweils mit technischen Problemen aus. Große Ziele gibt es bei den Weißen nicht: Jede Runde, die sie absolvieren ist schon für sich ein halber Sieg.