Statt im wunderschönen Albert Park zu Melbourne, begann die Saison 2006 mitten in der Wüste von Bahrain. Der Spannung tat das keinen Abbruch, im Gegenteil: Der Bahrain International Circuit ist seit seinem Debüt ein Garant für packende Rennen und viele Überholmanöver. Genau so sollte es auch in diesem Jahr sein.

Allerdings zeichnete nicht nur die Strecke für das tolle Rennen verantwortlich. Das Feld ist in dieser Saison wie prognostiziert viel enger zusammengerückt. Es gibt gleich mehrere Rennställe, die ähnlich gut, schnell und somit siegfähig sind. Für weitere Spannung sorgte die Rückkehr der Boxenstopps, die wieder mehr Schlagschrauber-Action in der Boxengasse bewirkte.

Ich habe Max Mosley an dieser Stelle schon stark, oft und hoffentlich auch gerechterweise kritisiert. Für das neue Qualifying muss ich ihm jedoch einmal Respekt zollen. Dieser Modus hat nach vielen Jahren des Anlaufs und vielen, vielen Regeländerungen endlich alles geboten, was man sich als Zuschauer wünschen kann: Es waren viele Autos auf der Strecke, es war spannend und es gab überraschende Wendungen. Wer hätte schon damit gerechnet, dass Ralf Schumacher schon im ersten Qualifying-Teil ausscheiden würde? Dafür also Hut ab, Max!

Für die Teams bedeutet das neue Qualifying-Format zwar etwas mehr Arbeit, aber auch daran werden sie sich im Laufe der Zeit gewöhnen. Immerhin gaben die Chefstrategen schon in Bahrain zu, dass sie das neue System zwar im Vorfeld geübt und überdacht hätten, sie aber erst durch den eigentlichen Wettkampf Erfahrungen sammeln und neue Ideen und Strategien entwickeln könnten, um das volle Potenzial auszuschöpfen.

Klare Verhältnisse

Bereits nach dem ersten Rennwochenende des Jahres ist man fast dazu geneigt zu sagen, dass Kimi Räikkönen wie üblich das Pech an den Reifen oder besser gesagt an der Hinterradaufhängung klebte. Dennoch hat er abermals eine tolle Aufholjagd gezeigt und damit seinen Teamkollegen Juan Pablo Montoya klar in die Schranken verwiesen.

Das gleiche Bild also wie im letzten Jahr. Genauso verhielt es sich bei Renault: Fernando Alonso war wie sein letztjähriger Titelkonkurrent aus Finnland klar besser als sein Teamkollege. Natürlich hatte Giancarlo Fisichella Pech mit den technischen Problemen an seinem Renault. Aber der Eindruck bleibt: Fernando und Kimi werden auch 2006 ihre Teampartner dominieren.

Dasselbe gilt für Honda: Jenson Button war wie bei den Wintertests deutlich schneller als Rubens Barrichello. Das sollte auch an den meisten Rennwochenenden dieses Jahres so bleiben. Der 15. Platz des Brasilianers ist aufgrund seines Getriebeproblems nicht repräsentativ, aber an die Leistung eines Button wäre er nicht herangekommen.

Während Räikkönen, Alonso und Button ihre Teamkollegen klar dominierten, präsentierte sich ein Fahrerduo weitestgehend ausgeglichen: Felipe Massa war überraschend nah an Michael Schumacher dran. Seine aggressive Fahrweise verursachte einige Bremsprobleme und Ausrutscher, aber sollte er das in den Griff bekommen, könnte er dem siebenfachen Weltmeister schon bald gefährlich werden. Einige Podestplatzierungen sollten für ihn auf alle Fälle im Bereich des Möglichen liegen.

Angesichts des teaminternen Gefälles bei drei der vier Top-Teams, sollte man in dieser Saison nicht von favorisierten Teams sprechen. Mit Michael Schumacher, Jenson Button, Kimi Räikkönen und Fernando Alonso besitzen wir vier Fahrer, die immer unter den Besten vertreten sein werden.

Viele Granaten

Wenn Fernando Alonso und Renault es gewollt oder gemusst hätten, dann hätte der Spanier sicherlich noch einen Gang raufschalten können. Nicht umsonst haben die Gelb-Blauen jetzt sieben statt nur noch sechs Gänge. Aber Spaß bei Seite: Der Renault schien immer noch eine kleine Sicherheitsreserve gehabt zu haben. Die Franzosen sind ja dafür bekannt, gerne auf Nummer sicher zu gehen.

Ferrari ist wieder im Kreis der Top-Teams zurück. Ob es für regelmäßige Siege reicht, müssen wir noch abwarten. Insbesondere bei der hohen Leistungsdichte an der Spitze: Mit Renault, McLaren und Honda haben die Italiener drei harte Nüsse zu knacken.

Im Hintergrund wartet bereits das nächste Team, das vor Saisonbeginn als Überraschungsmannschaft bezeichnet wurde: Williams Cosworth. Sir Frank und seine Truppe werden in diesem Jahr sicherlich nicht Weltmeister, aber gerade die Debütvorstellung von Nico Rosberg hatte es in sich. Der junge Deutsche hätte bei seinem ersten F1-Rennen sogar auf dem Podium stehen können, wenn er nicht in der ersten Kurve einen Fehler begangen und Nick Heidfeld ins Heck gefahren wäre.

Nico war konstant schnell, hat von der Aktion in der 1. Kurve abgesehen keine Fehler gemacht, gut überholt und ist die schnellste Rennrunde gefahren: Für das erste F1-Rennen ist das keine schlechte Bilanz. Die Entscheidung von Frank Williams ihn anstelle eines Antonio Pizzonia zu verpflichten, hat sich schon jetzt ausgezahlt. Mark Webber darf sich auf ein heißes Teamduell freuen.

Besonders auffällig war, dass der Cosworth-V8 granatenschnell ist! Als Nico hinter Christian Klien fuhr, war der Geschwindigkeitsüberschuss einfach unglaublich. Dieser Motor scheint tatsächlich die Rakete zu sein, als die er während des Winters immer wieder bezeichnet wurde. Das Cosworth Achtzylinder-Know-how scheint sich also wirklich auszuzahlen. Es zeigt aber auch, dass man Traditionsteams wie Williams oder McLaren einfach niemals abschreiben darf.

Ein besonderes Kompliment geht an Aguri Suzuki und seine tapfere Mannschaft. Das Team befindet sich auf dem technischen Stand von vor Jahren und besitzt kaum Erfahrung. Unter diesem Gesichtspunkt sind 4 Runden Rückstand auf Alonso mehr als nur ein Anstandserfolg. Eine noch deutlichere Sprache spricht der Rückstand auf Toyota: Super Aguri lag bei der schnellsten Rennrunde nur zwei Sekunden hinter Toyota - und die haben wahrscheinlich 400 Millionen Euro mehr in das Auto investiert. Wer Super Aguri belächelt, begeht damit bestimmt einen Fehler.

Wie lässt sich das Auftaktwochenende zusammenfassen? Wir haben endlich ein spannendes Qualifying-System gefunden, es kämpfen mehrere Fahrer und Teams um den Sieg, es gab viele Zweikämpfe und Überholmanöver, Michael Schumacher und Ferrari sind wieder zurück und selbst die Tribünen waren für die dortigen Verhältnisse sehr gut gefüllt. Der Bahrain GP 2006 war also eine rundum gelungene Sache.