Was für eine Formel-1-Saison von McLaren. Und dabei ist das Jahr noch längst nicht vorbei, doch hinter der Konstrukteurs-WM kann das Papaya-Team schon mal einen Haken machen. In Singapur brachten Lando Norris und Oscar Piastri jenen Weltmeister-Titel nach Hause, der schon seit dem Auftaktrennen in Australien wie eine Formalität wirkte.

McLaren ist in absoluten Zahlen mit der Titelentscheidung sechs Rennen (und drei Sprints) vor Schluss so früh dran, wie nur ein Team vor ihnen. Red Bull hatte 2023 diesen Bestwert aufgestellt, den Team Woking nun egalisiert.

Recht dominanter als McLaren kann man die Formel-1-WM kaum gewinnen. Oder etwa doch? Denn natürlich muss man kein Mathematik-Studium abgeschlossen haben, um feststellen zu können, dass der längste F1-Kalender der Geschichte McLaren in dieser Statistik ordentlich in die Karten spielt. Sogar Red Bull hatte vor zwei Jahren nur 22 Rennen zur Verfügung, um die WM klarzumachen.

Schauen wir also auf die relativen Zahlen, so stellen wir fest, dass McLaren im Verhältnis zur Saisondauer weit davon entfernt ist, der früheste Team-Weltmeister der Formel 1 zu sein. Es ist nicht einmal die früheste WM-Entscheidung für Team Woking. Diese Ehre wird der inzwischen legendären Saison 1988 zuteil.

Damals sicherten Alain Prost und Ayrton Senna ihrem Rennstall die Krone nach elf von 16 gefahrenen Rennen. In anderen Worten: Nachdem sie 68,75 Prozent der Saison hinter sich gebracht hatten. Die Konstrukteurs-WM 2025 wurde nach 75 Prozent der absolvierten Rennen entschieden und damit genauso früh wie McLarens Saison 1989.

McLaren-Titel so früh wie noch nie? Ferrari setzt noch einen drauf

Darf McLaren also mit Fug und Recht von sich behaupten, der früheste Konstrukteurs-Weltmeister in der Formel 1 zu sein? Jein. Nur dann, wenn man sich auf jene Spitzfindigkeit beruft, dass es die Konstrukteurs-WM also solche erst seit 1981 gibt. Vorher gab es offiziell keinen WM-Titel, sondern nur den 'Internationalen Cup für F1-Konstrukteure.' Dieser wird in der Rückschau und in der Statistik aber mit der Konstrukteurs-WM gleichgesetzt, da er abgesehen von der offiziellen Benennung de facto dasselbe abbildete.

Wenn wir diesem Vorbild also auch folgen und bis zur Einführung dieser Konstrukteurs-Meisterschaft 1958 zurückgehen, dann übertrumpft ein anderes Team die 1988er-Saison von McLaren. Dabei handelt es sich um Ferrari in der Formel-1-Saison 1961. In dieser ging der Titel schon nach fünf von acht Rennen offiziell nach Maranello. Also nach nur 62,5 Prozent der Saison.

Der Deutsche Wolfgang Graf Berghe von Trips und Phil Hill (USA) waren damals die beiden tonangebenden Ferrari-Fahrer, die sich um den WM-Titel duellierten. Ein Titelkampf, der ein tragisches Ende nahm, als von Trips beim Italien-GP in der ersten Runde tödlich verunglückte. Hill gewann das Rennen und die Weltmeisterschaft.

Formel 1: Die frühesten Titelentscheidungen der Geschichte

TeamJahrTitelentscheidung nach…Quote
1Ferrari19615/8 GPs62,50%
2McLaren198811/16 GPs68,75%
3Lotus19657/10 GPs70,00%
3Lotus19637/10 GPs70,00%
3Cooper19607/10 GPs70,00%
6Ferrari200413/18 GPs72,22%
7Red Bull202316/22 GPs72,73%
7Matra19698/11 GPs72,73%
7Brabham19678/11 GPs72,73%
10McLaren202518/24 GPs75,00%
10McLaren198912/16 GPs75,00%
10Williams199212/16 GPs75,00%
10Williams199312/16 GPs75,00%
10Williams199612/16 GPs75,00%
15Ferrari200113/17 GPs76,47%
15Ferrari200213/17 GPs76,47%
15Mercedes202013/17 GPs76,47%

Doch Ferraris früher Titelgewinn 1961 ist auch mit einem Sternchen versehen. Denn den Roten kamen dabei die Streichresultate zur Hilfe. Wären alle Rennen in die Wertung eingeflossen, dann hätte sich die WM-Entscheidung um ein Rennen verzögert. Auf der anderen Seite ging damals nur das beste Ergebnis pro Rennen in die Wertung ein - es gab in der Regel mehr als zwei Fahrer pro Hersteller. Wären wie heute die Resultate aller (oder zweier) Fahrer in die Wertung eingegangen, dann wäre die WM auch schon nach fünf Rennen entschieden gewesen.

Fazit: Es darf also gerne darüber diskutiert werden, welches Formel-1-Team sich nun tatsächlich mit dem Rekord rühmen darf, den frühesten Weltmeister-Titel eingefahren zu haben. McLaren wird es nach dem Singapur-GP wohl herzlich egal sein. Weltmeister ist und bleibt schließlich Weltmeister. Im Kampf um die Fahrer-WM wird es wohl noch länger spannend bleiben.

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