Der Teamkollege - dein schlimmster Feind. So lautet eine alte Weisheit in der Formel 1, die definitiv auf die McLaren-Teamkollegen Ayrton Senna und Alain Prost zutraf. Stefan Johansson war sowohl Teamkollege von Senna als auch von Prost. "In meiner Formel-1-Karriere ist es mir meistens gelungen, gegen meine Teamkollegen die Oberhand zu gewinnen, aber die zwei, die ich einfach nicht den Griff bekommen habe, waren Alain und Ayrton", verriet der Schwede.

Für ihn war Senna der schnellste und Prost der kompletteste Formel-1-Fahrer, entsprechend hart bekämpften sich die Beiden in ihrer gemeinsamen Zeit bei McLaren. Ein Blick in die lange Historie der McLaren-Teamkollegen zeigt jedoch, dass der Teamkollege nicht immer Feind Nr. 1 sein muss.

Gerhard Berger – Ayrton Senna, McLaren-Teamkollegen 1990 – 1993

"Ayrton war der schnellste Fahrer, gegen den ich gefahren bin. Er war fokussiert, diszipliniert und sowohl mental als auch physisch extrem stark", sagte Gerhard Berger über seinen früheren Teamkollegen Ayrton Senna. In der von wenig Freundschaften geprägten Welt der Formel 1 war die Beziehung zwischen den beiden McLaren-Teamkollegen eine Besonderheit.

Sie verbrachten gemeinsam ihre Freizeit - entweder am Strand von Brasilien oder auf Bergers Boot im Mittelmeer. Senna schätzte die Unbeschwertheit des Österreichers – zumindest die nach außen gezeigte. Berger wiederum besaß die Größe, die Überlegenheit des Brasilianers anzuerkennen. "Ich hätte ihn liebend gern geschlagen, aber das war nicht möglich", so Berger. Dass Senna ihn in Suzuka 1991 in der letzten Schikane vorbei ließ und ihm damit den Sieg schenkte, untermauerte ihre Freundschaft und gute Zusammenarbeit.

Gerhard Berger und Ayrton Senna in Gespräch vertieft
Verstanden sich gut: Berger und Senna, Foto: IMAGO / Norbert Schmidt

Niki Lauda - John Watson, McLaren-Teamkollegen 1982, 1983

Während seiner aktiven Karriere galt John Watson als 'Good Boy im Bad Boy Business' (Guter Junge im Bösen-Jungs-Business). Das könnte auch der Grund dafür gewesen sein, dass er mit Niki Lauda bis zu dessen Tod befreundet war. "Meine Rivalität mit Niki hatte weniger mit dem Rennsport zu tun, sondern vielmehr damit, wie geschickt er innerhalb des Teams agierte und wie er es schaffte, die Führung zu seinen Gunsten zu wenden", erklärte der Brite. Was die Pace anging, sah er sich während der gemeinsamen McLaren-Zeit mit Lauda auf Augenhöhe.

"Ich war genauso schnell wie er und als Rennfahrer kreativer, aber er war sehr gut darin, die Leute um sich herum zu motivieren. Ich glaubte, dass es in diesem Sport darum ging, dass zwei Männer gegeneinander antreten und der Schnellste die Nummer eins ist, aber die Formel 1 ist viel komplexer als das", betonte der heute 79-Jährige. Sein größter Triumph gegen den Österreicher gelang ihm in Long Beach 1983. Die McLaren-Piloten gingen von den Startplätzen 22 und 23 ins Rennen. "Als wir im Rennen die Gummis ins Temperaturfenster bekamen, fuhren wir im Tandem nach vorne. Niki voraus und ich klebte ihm am Getriebe. Am Ende der Geraden habe ich ihn mir geschnappt und war auf und davon", erinnert sich Watson.

Niki Lauda und John Watson
Verstanden sich als Teamkollegen gut: John Watson und Niki Lauda, Foto: imago sportfotodienst
Legendentreffen der Formel 1: Emerson Fittipaldi, Niki Lauda, John Watson
Verstanden sich auch als Ex-Teamkollegen, im Bild mit Nelson Piquet sen., Foto: imago sportfotodienst

David Coulthard - Mika Häkkinen, McLaren-Teamkollegen 1996-2001

Heute sind sie Freunde, in ihrer gemeinsamen Zeit bei McLaren waren Mika Häkkinen und David Coulthard es definitiv nicht. "Wenn wir damals an die Rennstrecke mussten, sind wir am Donnerstag getrennt zum Flughafen in Nizza gefahren, sind in zwei unterschiedliche Flugzeuge gestiegen und wurden am Ankunftsort von zwei unterschiedlichen Autos abgeholt", erinnert sich der Schotte. Vor allem in der Saison 1999 hatte es Coulthard satt in Häkkinens Radspur zu fahren. Beim Großen Preis von Österreich kommt es in der Remus-Kurve zur Berührung. Coulthard will an seinem Teamkollegen innen vorbei und dreht diesen um.

Häkkinen, zu diesem Zeitpunkt WM-Leader fällt ans Ende des Feldes zurück. Funkstille herrschte zwischen den McLaren-Teamkollegen aber erst nach dem Belgien GP in Spa-Francorchamps. "Nachdem wir uns in der ersten Kurve berührt hatten, weigerte sich Mika, auf dem Podest mit mir zu reden oder mir die Hand zu schütteln", erzählt Coulthard. Was war passiert? Häkkinen, der von der Pole Position ins Rennen gegangen war, zögerte beim Start, sodass Coulthard in der La-Source-Haarnadelkurve an ihm vorbeiziehen konnte. Als Coulthard die Ideallinie beanspruchte, versuchte Häkkinen, ihn innen zu überholen. Nach einer leichten Berührung beschleunigte David Coulthard, übernahm die Führung und gab sie nicht mehr ab.

Belgien GP: David Coulthard und Mika Häkkinen in Turn 1
In Spa kam es zwischen den McLaren-Piloten zur Berührung, Foto: IMAGO / HochZwei /Ronco
Podest Belgien GP 1999 mit Coulthard, Häkkinen und Frentzen
Auf dem Podium wollte Häkkinen nicht Coulthards Hand schütteln, Foto: IMAGO / Thomas Melzer

Lewis Hamilton - Fernando Alonso, McLaren-Teamkollegen 2007

Ist der Teamkollege zu stark, kann das im bitterbösen Stallkrieg enden und am Ende die WM kosten. So passiert 2007 bei McLaren. Weder Formel-1-Rookie Lewis Hamilton noch Platzhirsch Fernando Alonso wollten im teaminternen Duell zurückstecken. Der stallinterne Zoff vergiftete die Stimmung im Team. Den Höhepunkt (oder vielleicht besser Tiefpunkt) erreichte das Duell der beiden Teamkollegen in Ungarn.

Im Qualifying vereitelte der Spanier Hamiltons Chancen auf die Pole, in dem er ihn an der Box blockierte. Alonso kassierte dafür eine Strafversetzung um fünf Startplätze. Dass McLaren am Ende der Saison die Fahrer-Weltmeisterschaft um einen Punkt verpasste, machte die Alonso/Hamilton-Saga besonders schmerzvoll. "Wäre es ein Hollywood-Film, würde es keiner glauben", meinte der frühere Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug rückblickend im Podcast "Beyond the Grid".

Doppelter Boxenstopp bei McLaren
Die spanische Blockade von Alonso gegen Hamilton, Foto: imago/Crash Media Group
McLaren-Motorsportchef Norbert Haug und die Fahrer stehen Medien Rede und Antwort
Danach mussten Fahrer und Team den Journalisten Rede und Antwort stehen, Foto: IMAGO / HochZwei

Kimi Räikkönen – Juan-Pablo Montoya, McLaren-Teamkollegen 2005-2006

Wie Feuer und Eis – so lässt sich die Beziehung zwischen Juan-Pablo Montoya und Kimi Räikkönen wohl am besten beschreiben. Die McLaren-Teamkollegen waren bei keinem Thema einer Meinung. Mit ihren unterschiedlichen Anforderungen an die Aufhängung des McLaren-Boliden trieben sie die Ingenieure in den Wahnsinn. Räikkönen benötigte eine gut liegende Vorderachse, den Rest machte er mit seinem 'Popometer'. Montoya hatte hingegen andere Vorlieben.

Völlig unterschiedlich sahen sie den Vorfall, der sich 2006 am Start in Indianapolis abspielte. Um seine Position gegen Räikkönen zu verteidigen, fuhr Montoya Kampflinie und schoss dabei weit über das Ziel hinaus. Der Kolumbianer löste mit seiner Fahrweise einen Massencrash aus, Nick Heidfeld schlug in seinem BMW-Sauber sogar drei Salti. Räikkönen, der kein Freund großer Worte war, kommentierte die Kollision mit Montoya mit den Worten: "Es ist ziemlich offensichtlich, was passiert ist." Natürlich waren sich auch hier die McLaren-Teamkollegen nicht einig. "Kimi hat ziemlich hart gebremst, da bin ich ihm hinten draufgekracht", erklärte Montoya den Unfallhergang aus seiner Sicht.

McLaren-Teamkollegen Kimi Räikkönen und Juan-Pablo Montoya grüßen Fans
Räikkönen und Montoya hatten nichts gemein, Foto: IMAGO / Kräling
Teamkollegen und Unfallgegner Kimi Räikkönen und Juan-Pablo Montoya
In Indianapolis räumte Montoya seinen Teamkollegen ab, danach waren nicht nur die McLarens Schrott, Foto: IMAGO / HochZwei
    Zahlen & Fakten
  • 150 Rennen bestritt David Coulthard für McLaren und führt damit die Liste jener Fahrer an, die die meisten Rennen für McLaren bestritten haben. In großen Schritten folgt ihm Lando Norris, der in 137 Rennen am Steuer eines McLaren saß.
  • 35 Siege holte Ayrton Senna mit McLaren. Dahinter folgen Alain Prost (30) und Lewis Hamilton (21).
  • 54 Jahre liegen zwischen dem 1. McLaren-Podest (Denny Hulme, Spanien 1969) und dem 500. McLaren Podest (Oscar Piastri, Katar 2023)
  • 1984 gewann Niki Lauda den Titel mit einem halben Punkt Vorsprung auf Teamkollege Alain Prost. Bis heute ist es die engste WM-Entscheidung in der F1-Geschichte.
  • Als das härteste Teamduell der F1-Geschichte gilt bis heute der Kampf zwischen den McLaren-Fahrern Ayrton Senna und Alain Prost.
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