Mit seinem Abdrängen von Lando Norris kurz vor Ende des USA-GPs trat Max Verstappen in der Formel 1 eine große Debatte los. Die F1-Fahrer waren sich einig: In Austin wurden die Schwächen der Racing-Richtlinien der FIA bloßgestellt. Die Regelhüter zeigten sich bei diesem Thema offen. Nach einem Treffen mit den Fahrern vor dem Katar-GP werden Änderungen angedeutet.

"Es war ehrlich gesagt sehr produktiv", lobt George Russell danach. "Wir sind alle der Meinung, dass die Richtlinien keine riesigen Änderungen brauchen. Nur der eine oder andere Satz muss entfernt oder angepasst werden."

2022 hatte die FIA Racing-Richtlinien schriftlich fixiert, um den Stewards eine Bewertungsgrundlage zu liefern. Damit wollte man die Strafen einheitlicher machen. Verstappen zeigte in Austin die Grenzen des strikten Korsetts auf. Per Richtlinie gehört etwa einem sich verteidigenden Fahrer die Innenbahn, solange er am Scheitelpunkt vorne liegt. Egal, ob er danach die Kurve bekommt oder nicht.

Racing-Regeln der Formel 1 werden in Katar gesäubert

"Jeder war sich einig, dass es für das in Austin eine Strafe hätte geben müssen", unterstreicht Russell. Wichtiges Thema im Treffen wurde daraufhin: Was darf der Fahrer auf der Innenbahn, und was muss er? "Viele Fahrer sind sich einig, dass die erste Regel sein muss: Auf der Strecke bleiben."

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Zwar will Russell nicht alle Details nennen, aber ein paar Änderungen lässt er durchblicken. Wer innen ist, der muss zuerst einmal auf der Strecke bleiben. Schafft er das, so soll er aber deutlich mehr Freiraum haben, um den Gegner außen rauszudrücken: "Aktuell ist da ein Satz drin, dass du vom Scheitelpunkt bis zum Ausgang Platz lassen musst. Ich denke, der landet im Müll, hoffentlich schon ab diesem Wochenende."

"So kennen wir das alle seit dem Kart", meint Russell. Es geht zurück auf ein lang etabliertes Prinzip im Motorsport: Nutze die Außenbahn auf eigene Gefahr. "So denken wir alle. Wenn du innen angreifst und die Kurve bekommst, dann gehört sie dir. Du willst hartes Racing, Rad-an-Rad-Duelle. Das sieht toll aus. Fahrer, die durch das Kies räubern, Funken sprühen. Die Stewards wissen das. Wer außen ist, der muss rausnehmen."

Formel-1-Strecken nicht fit für klassische Zweikämpfe

Russells letzte Sätze unterstreichen auch, was die Fahrer im Treffen - nicht zum ersten Mal - frustriert einbrachten: Diesen klassischen Prinzipen schaden asphaltierte Auslaufzonen. Russell verdeutlicht: "Schaut, wie spät Max versucht hat zu bremsen. Das würdest du mit Kies außen nicht machen. Das Risiko ist zu groß. Aber mit Asphalt fährst du bloß raus und bekommst eine Track-Limit-Warnung."

Auch Max Verstappen fordert mehr Kies: "Das würde 90 Prozent unserer Probleme lösen." Von FIA-Seite kam für die Einwände durchaus Verständnis. Russell zeigt sich optimistisch, dass auch beim Streckendesign bald bessere Richtungen eingeschlagen werden: "Die Richtlinien sind bloß eine Interimslösung."

Zumindest sportlich: Konstruktive Gespräche von F1-Fahrern und FIA

Die Fahrer sind am Donnerstagabend nach dem Treffen alle optimistisch eingestellt. Zumindest die sportlichen Verantwortlichen, sprich Stewards-Vertreter sowie der neue Rennleiter Rui Marques, haben sich die Anliegen mit ehrlichem Interesse angehört. "Zum ersten Mal seit langem", lobt Lewis Hamilton. "Es hilft uns allen, wenn wir uns hinsetzen und das einmal diskutieren."

Schon in Las Vegas hatten die Fahrer nach dem ersten gemeinsamen Fahrerbriefing viel Lob für Marques übriggehabt. Der Eindruck scheint sich nun in Katar zu verstärken. "So sollte es sein", sagt Verstappen. "Wir müssen in der Lage sein, miteinander zu kommunizieren und offen für Ideen zu sein. Wir sind nicht dumm, er ist nicht dumm. Er hat eine Menge Erfahrung. Ich denke, es war ein großartiger Start, und ich hoffe, dass es so weitergeht."

Wohl würde man sich auf Fahrerseite diese Art der Kommunikation auch auf der politischen Ebene wünschen, angefangen mit dem FIA-Präsidenten Mohammed Ben Sulayem. Von dem wartet man noch immer auf Entgegenkommen, wenn es um Schimpfwort-Verbote sowie finanzielle und personelle Transparenz geht. Auf politischer Ebene hatte George Russell am Donnerstag in Katar deutliche Kritik vorzubringen: