Die Formel 1 startet 2024 an einem Samstag in die neue Saison. Der Auftakt heute in Bahrain hat entgegen der allgemeinen Erwartung alle Zutaten für eine faustdicke Überraschung. Max Verstappen und Red Bull sind zwar vorne, doch die Weltmeister haben den heißen Atem der Verfolger im Nacken. Mit neun Fahrern in einer halben Sekunde ging es in der Königsklasse beim Qualifying zum Saisonstart in der Wüste eng zu. Mercedes, Ferrari, McLaren und Fernando Alonso lauern auf ihre Chance - und Verstappen ist auf sich alleine gestellt.

1. - S wie Startaufstellung

Max Verstappens 33. Pole Position war keine Überraschung und doch war sie keineswegs vorhersehbar. In den Trainings gaben andere den Ton an. Erst im entscheidenden Moment setzte sich der Champion im Zeittraining durch. Seine Verfolger sind bunt gemischt. Charles Leclerc kristallisierte sich als Herausforderer Nummer eins heraus und steht neben Red Bulls Superstar in Reihe eins. Dahinter folgen George Russell und Carlos Sainz. Der Mercedes-Pilot fokussierte sich weniger auf das Rennsetup als sein Teamkollege, was sich im Longrun bemerkbar machen könnte.

Lewis Hamilton baut auf die Renndistanz und musste sich mit einer halben Sekunde Rückstand und Startplatz neun zufriedengeben. Damit wurde er nicht nur von Russell und Sainz abgehängt, sondern auch von Sergio Perez, Fernando Alonso, Lando Norris und Oscar Piastri. Mit dem sensationellen Nico Hülkenberg neben dem Rekordweltmeister in Reihe fünf haben wir Fahrer aus sechs unterschiedlichen Teams in den Top-10.

Die zweite Hälfte des Grids hat ebenfalls das Potential für Spannung. Alpine steht nach einem desaströsen Freitag mit Esteban Ocon und Pierre Gasly in der letzten Startreihe. Für die Franzosen gibt es nur die Flucht nach vorne. Im Mittelfeld wird schon am ersten Rennwochenende der übliche Überlebenskampf toben. Durch die hohe Leistungsdichte an der Spitze ist in den Punkterängen nicht mehr viel Platz für die Außenseiter von Williams, Sauber und Co.

2. - S wie Strategie

Die drei Testtage in der vorherigen Woche sowie drei Trainingssitzungen liefern den Teams in Bahrain wie üblich mehr Referenzdaten als an jedem anderen Rennwochenende der Saison. Trotzdem ist an diesem Samstag längst nicht alles klar. Wer nach dem Wintertest dachte, dass Red Bull mit dem Rest der Formel-1-Welt kurzen Prozess macht, sieht sich dieses Wochenende eines Besseren belehrt. Nachdem Verstappen und Perez im dritten Training jeweils einen Satz harte Reifen nutzten, steht den Titelverteidigern im Grand Prix nur noch einer zur Verfügung.

Pirelli hat als schnellste Strategie für die Renndistanz von 57 Runden einen Zweistopper mit C1 (Hard) und C3 (Soft) vorgesehen. Für die maximale Performance am Start dürfte die Spitzengruppe auf den weichen Reifen setzen. Das erste Boxenstopp-Fenster ergibt sich bei dieser Variante ab Runde 13, um auf Hard zu wechseln. Wer wie Red Bull nur einen Satz dieser Mischung hat, sollte ab Runde 37 zurück auf Soft gehen. Wer über zweimal Hard als Option verfügt, kann ab der elften Runde von Soft auf Hard wechseln und ab Runde 32 den zweiten Pitstop für Hard absolvieren.

3. - S wie Samstagswetter

Sakhir zeigt sich zur Jubiläumsauflage des Bahrain GP von seiner ungewohnt ungemütlichen Seite. Die im Mittleren Osten übliche Hitze hatte die Formel 1 bei den Testfahrten vor einer Woche noch fest im Griff. Pünktlich zum Rennwochenende hat es sich dramatisch abgekühlt. Statt der üblichen 30 Grad Celsius und mehr selbst am Abend unter Flutlicht, herrschen dieser Tage Temperaturen um 16 Grad Celsius. Der Asphalt ist mit knapp über 20 Grad Celsius ebenfalls deutlich kühler als sonst. Bei der Reifenperformance könnten diese Bedingungen für einige Überraschungen sorgen.

4. - S wie Stallduelle

Neues Spiel, neues Glück. Für 2024 gab es in der Formel 1 keinerlei Fahrerwechsel, ein Rookie ist schon gar nicht im Grid zu finden. Viel mehr gehen wir mit den bekannten Konstellationen in die mit 24 Veranstaltungen längste Saison in der Geschichte des Sports. Die teaminternen Duelle sind dadurch tatsächlich besonders spannend, denn für 2025 gilt es elf Cockpits neu zu besetzen. Perez wollte Verstappen für den Titel herausfordern, doch im ersten Qualifying setzte sich das Bild der vergangenen Saison nahtlos fort. Red Bulls Nummer zwei hat für das kommende Jahr keinen Vertrag und muss mit Leistung überzeugen.

Logan Sargeant zog gegen Alex Albon ebenfalls gleich bei der ersten Gelegenheit den Kürzeren, genauso wie Kevin Magnussen gegen Nico Hülkenberg. Bei Sauber und den Racing Bulls hingegen ging es enger zu. Valtteri Bottas war nur eine Tausendstelsekunde schneller als Guanyu Zhou, bei Red Bulls Schwesterteam setzte sich Yuki Tsunoda im ersten Schlagabtausch mit anderthalb Zehntelsekunden gegen Daniel Ricciardo durch. Bei beiden Teams sowie auch bei Haas ist für 2025 alles offen und eine Reihe talentierter Nachwuchsfahrer kratzt bereits an der Tür zur Königsklasse. Das teaminterne Duell kann dieses Jahr über die Zukunft mehrerer Fahrer entscheiden.

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5. - S wie Sensations-Hülk

Nico Hülkenberg stellte den Haas 2023 acht Mal ins Q3 und vollführte das Kunststück am Freitag zum Start in die neue Saison gleich wieder. Die katastrophale Reifen-Performance des VF-23 verbaute dem Hülk allerdings zuverlässig jede Chance, die Qualifying-Glanzleistungen in Punkteresultate zu verwandeln. Nur einen Grand Prix beendete er in den Top-10. Mit dem Nachfolger des Problemboliden soll alles anders werden. Die Hoffnung auf Erlösung lebt vor dem ersten Rennen.

Vom "ersten Härtetest" sprach Hülkenberg nach dem Qualifying mit Blick auf die Renndistanz. "Wie sich die Aero-Charakteristik auf dem Longrun verhält, fühlt sich konstanter an. Es ist besser, es scheint, als gäbe es ein weiteres Fenster, in dem das Auto funktioniert, was natürlich besser für die Reifen ist", so der Emmericher. Als Best of the Rest orientiert er sich in jedem Fall lieber nach hinten, denn von dort droht jede Menge Konkurrenz.

6. - S wie Supergau

Alpine hat mit dem Qualifying am Freitagabend einen beispiellosen Stolperstart in die Saison hingelegt. Pierre Gasly klang 2023 hinsichtlich der Entwicklung des neuen Autos stets selbstsicher. Die Ingenieure hätten sämtliche Schwachpunkte analysiert, die vornehmlich in der Highspeed-Performance der französisch-britischen Boliden lagen. Die ersten Meter im Jahr 2024 machten die Hoffnungen auf ein besseres Gesamtpaket zunichte. Das Werksteam landete geschlossen in der letzten Reihe.

Im Vorjahr gelang es Gasly, nach einem misslungenen Zeittraining von der letzten Startposition auf Platz neun in die Punkteränge zu fahren. Diesmal sieht es düster aus. "Nach den Testfahrten hatten wir schon eine Ahnung, wo wir sein würden. Wir waren uns natürlich nicht sicher, aber der Realität heute nach ist es der Fall", sagte Ocon nach dem Qualifying. Für den Grand-Prix-Sieger geht es an diesem Samstag nicht um Punkte: "Es ist ein guter Test, um zu sehen, wo wir stehen und wo die Schwächen im Vergleich zum Qualifying liegen."

7. - S wie Sieger

Der Bahrain GP blickt mit seiner 20. Ausgabe auf eine bewegte Geschichte in der Formel 1 zurück. Die Premiere im Jahr 2004 gewann Rekordweltmeister Michael Schumacher. Als einziger aktiver Fahrer damals schon dabei war natürlich Fernando Alonso. Der Spanier liegt mit drei Triumphen immer noch an dritter Stelle in der Siegerliste des Wüstenrennens. Sein letzter Erfolg datiert auf das Jahr 2010.

Den Rekord hält, wie sollte es anders sein, Lewis Hamilton. Der Mercedes-Star gewann in Bahrain bis dato fünf Mal. In den vergangenen beiden Jahren trugen sich jeweils zwei neue Namen in die Siegerlisten ein. Wie der Zufall es will, handelt es sich um die heutigen Favoriten. 2022 triumphierte Charles Leclerc, vor zwölf Monaten ging im neunten Anlauf dann endlich auch bei Max Verstappen der Knoten auf.