Rob, in der so genannten Winterpause der Formel 1 tut sich hinter verschlossenen Türen viel mehr, als die Fans ahnen. Wie steht es bei euch mit der Entwicklung des RS26 V8-Projekts?

Rob White: Das gesamte Team in Viry ist total darauf konzentriert, zum ersten Rennen 2006 in Bahrain so gut vorbereitet anzutreten wie nur möglich. Wie bei jedem neu konstruierten Motor ist das Timing die entscheidende Größe. Das Projekt wurde im Oktober 2004 gestartet, also gleich nachdem die 2,4-Liter-Regel für 2006 fixiert war. Der dabei festgelegte Zeitplan zielt darauf ab, das Beste aus unseren Ressourcen für Konstruktion und Entwicklung des V8 herauszuholen – und dabei gleichzeitig den RS25 weiterzuentwickeln, mit dem wir ja 2005 um die Weltmeisterschaft fahren wollten. Wir haben zunächst eine V8-Demo-Version gebaut, die auf einem unserer V10-Triebwerke basierte. Dieser Motor wurde intensiv auf den Prüfständen getestet, um eine erste Arbeitsrichtung festzulegen. Der neu konstruierte "echte" V8-Motor lief wie geplant erstmals in diesem Sommer. Seitdem haben wir die Schlagzahl in diesem Projekt erhöht, um unsere Zwischenziele in punkto Leistung und Zuverlässigkeit zu erreichen. Es gibt noch viel zu tun, aber wir liegen exakt im Zeitplan.

Wie groß ist die Umstellung vom V10 auf den V8?

Rob White: Die Umstellung war ja bewusst als großer Schritt geplant: Die FIA griff beim Motorenreglement ein, um die Motorleistung radikal zu beschneiden. Ziel war es, die Leistungsspirale von Motor, Chassis und Reifen zu stoppen. Aber man muss unterscheiden: Wir sprechen nicht von einem Wechsel der Technologie, sondern lediglich von einer geänderten Konstruktion. Das Design des 2006er-Triebwerks mag sich sehr vom bisherigen unterscheiden – die technologische Basis aber bleibt dieselbe wie bei den bis 2005 verwendeten V10-Motoren.

In welchem Maß lassen sich in der Entwicklung Tests auf der Rennstrecke durch Prüfstandversuche ersetzen?

Rob White: Die Arbeit mit den Testprüfständen gehört hier in Viry zu unseren großen Stärken. Wir sind hervorragend ausgestattet, um verschiedene Strecken und Rahmenbedingungen zu simulieren, und wir arbeiten ständig daran, in diesem Bereich noch besser zu werden. Wir messen die Leistung, charakterisieren die Fahrbarkeit, bereiten die Kalibrierung unserer Kontrollsysteme vor und arbeiten an der Zuverlässigkeit. In 2005 haben wir rund 37.000 Testkilometer mit dem Renault RS25 auf den Rennstrecken absolviert – aber ungefähr viermal so viel auf den Prüfständen. Allerdings können wir nicht jede Situation in der Fabrik simulieren, deswegen bleiben Testfahrten in der finalen Erprobungsphase unverzichtbar. Die Vorbereitungen hinter den Kulissen haben aber einen viel größeren Umfang als viele ahnen.

Dienen die Testfahrten auf der Strecke demnach eher einer letzten Validierung der Prüfstandsergebnisse als der eigentlichen Entwicklung?

Rob White: Nein, die Rennstreckenversuche sind integraler – wenn auch finaler – Teil des Entwicklungsprozesses. Wir müssen das dynamische Verhalten des V8-Motors im Auto verstehen, aber erst, nachdem wir ihn in der Fabrik auf die notwendige Zuverlässigkeit gebracht haben. Im V8 unterscheiden sich die nach außen dringenden Vibrationen sehr stark von denen eines V10. Es ist äußerst wichtig zu verstehen, wie das Auto und seine Systeme, aber auch die Fahrer auf diese Unterschiede reagieren. Dabei müssen die Testfahrten so effizient wie möglich ablaufen, damit auch das Chassis-Team den maximalen Nutzen aus jedem Kilometer zieht. Wir versuchen, unsere Testprogramme so anzulegen, dass wir lediglich bestehende Ergebnisse bestätigen lassen, statt spekulativ Neues zu probieren und Entwicklungen testen, die bloß wertvolle Zeit auf der Rennstrecke kosten.

Zusammengefasst könnte man also sagen, dass das Projekt RS26 im Zeitplan liegt und die Zwischenziele erreicht sind?

Rob White: Unser Ziel lautet, bestens vorbereitet zum ersten Grand Prix 2006 anzutreten, und im Moment liegen wir genau auf Kurs, das zu schaffen. Wir haben das Projekt klug und pragmatisch geplant und die Bedürfnisse der Teams in Enstone und Viry genau miteinander abgewogen. Dasselbe gilt für die Arbeitsteilung zwischen der Neuentwicklung des RS26 und der Arbeit am RS25 bis zum letzten Rennen der abgelaufenen Saison, die wir verbunden haben, ohne unsere Ressourcen übermäßig zu beanspruchen. Einige unserer Gegner testen ihre V8-Triebwerke schon auf der Strecke und wir werden ihre Leistung sicher nicht unterschätzen, ebenso wenig, wie wir die unsere überschätzen. Aber wir kennen ihre Test-Bedingungen oder –Beschränkungen und ihre Entwicklungsphilosophie im Vergleich zu unserer nicht. Wir sind zuversichtlich, die richtige Antwort auf die Herausforderung zu haben und freuen uns darauf, einen vorzeigbaren RS26 V8-Motor in einem vorzeigbaren Renault R26 laufen zu lassen – und zwar früh im neuen Jahr.