Formel-1-Weltmeister Red Bull wackelt in Singapur und Mercedes leckt nach starken Trainings Blut. Nach einem soliden FP1 präsentierten sich George Russell und Lewis Hamilton am Abend unter Flutlicht in Bestform. Russell beendete den Freitag als erster Verfolger von Ferrari auf Platz drei und auch Hamilton ließ Max Verstappen als Fünfter locker hinter sich. Im Mercedes-Lager macht sich Zuversicht breit. Der beste Freitag des Jahres könnte am 15. Rennwochenende genau richtig kommen, um den strauchelnden Favoriten den Rang abzulaufen und ein Wort um den Sieg mitzureden.

"Das FP2 war auf jeden Fall das beste FP2, das ich dieses Jahr hatte", so Hamilton, der am Abend eine knappe halbe Sekunde auf die Bestzeit von Ferrari-Pilot Carlos Sainz einbüßte. Der Rückstand war hauptsächlich darauf zurückzuführen, dass der Run des Briten nur bedingt repräsentativ war. Er hatte auf dem Soft-Reifen nur einen Versuch unternommen, bei dem er durch einen Fehler im ersten Sektor schon über vier Zehntelsekunden einbüßte.

Die Konkurrenz nahm auf dem weichen Reifen mehrmals Anlauf, um die optimale Rundenzeit zu erzielen. "Wir sind immer noch nicht ganz da, wo wir sein wollen, aber es war nicht allzu schlecht", sagt Hamilton. Das erste Training hatte er ebenfalls als Fünfter beendet, war dabei allerdings nur knappe zwei Zehntel langsamer als Pace-Setter Charles Leclerc.

Das FP1 hat mit dem Start um 17:30 Uhr Ortszeit für gewöhnlich kaum Aussagekraft, da sowohl Qualifying als auch Rennen deutlich später um 21:00 respektive 20:00 Uhr beginnen. Dementsprechend wichtig war es für Hamilton, im zweiten Training bei Dunkelheit mit dem richtigen Gefühl in den Feierabend zu gehen. "Ich denke, wir haben eine gute Basis, auf der wir für den Rest des Wochenendes aufbauen können", so der 38-Jährige.

George Russell war im FP2 noch näher an der Spitze. Er verlor nur zwei Zehntelsekunden auf Sainz, besserte im Gegensatz zu Hamilton allerdings mit einem zweiten Versuch nach, um auf die Rundenzeit zu kommen. "Das Auto fühlt sich auf dieser Rennstrecke wirklich gut an. Bei den kühleren Temperaturen im FP2 hat es sich definitiv verbessert. Aber auch bei den etwas unrepräsentativen Bedingungen im FP1 fühlte es sich noch anständig an", freut sich der 25-Jährige über den Aufwärtstrend.

Mercedes rechnet mit engem Wettbewerb

In Monza war Mercedes zuletzt nach einem ernüchternden Freitag ohne jede Aussicht auf Erfolg ins Wochenende gestartet. Toto Wolff fand nach dem Auftritt als dritte Kraft auf dem Highspeed-Kurs deutliche Worte. "Wir müssen schon vorsichtig sein, mit den Plätzen fünf und sechs nicht zu glücklich zu sein", so der Mercedes-Teamchef gegenüber Sky Sports F1.

Nach dem Freitag in Singapur scheint die Welt ganz anders auszusehen, doch das liegt nicht nur am guten Gefühl der Fahrer. Im zweiten Training waren sieben Teams in den Top-10 und Red Bull sortierte sich mit Max Verstappen und Sergio Perez auf den Plätzen sieben und acht als fünfte Kraft ein. Vor dem Hintergrund eines möglicherweise strauchelnden Seriensiegers hat Mercedes bereits die Augen auf mögliche neue Favoriten gerichtet.

Das Kräfteverhältnis ist heute interessant. Ferrari sah schnell aus, ebenso wie McLaren und Aston Martin, und Red Bull sah ungewöhnlicherweise nicht so aus, als ob sie der Favorit wären", so Mercedes-Ingenieur Andrew Shovlin. "Wir gehen davon aus, dass sie das für morgen in den Griff bekommen werden. Das wird bedeuten, dass viele Fahrer um die ersten Startplätze kämpfen."

Mercedes hat für das Singapur-Qualifying Luft nach oben

Für das Qualifying ist das Team optimistisch, gegen Ferrari noch etwas mehr in der Hinterhand zu haben, als Russell und Hamilton am Freitag zeigten. Auf dem weichen Reifen hatten beide nicht alles herausgeholt. "Wir müssen noch ein wenig daran arbeiten, wie wir die eine Runde auf dem Soft-Reifen angehen. Es fühlte sich nicht so an, als ob wir das Beste aus der Reifenmischung herausholen", so Shovlin.

Mit der Rennperformance war das Team hingegen schon eher zufrieden. "Der Longrun war ziemlich stark. Es ist hier immer schwierig, die Hitze in den Hinterreifen zu managen, aber wir scheinen mehr oder weniger auf dem richtigen Weg zu sein", sagt Shovlin. Alle Stimmen zum Formel-1-Qualifying heute in Singapur gibt es im Live-Ticker.