Weniger als eineinhalb Stunden vor dem Start des Österreich-GPs ist das Ergebnis von Kanada fix. Die FIA-Stewards haben nämlich McLarens Bemühungen, die Fünf-Sekunden-Strafe von Lando Norris rückgängig zu machen, in zahlreichen Punkten zurückgewiesen. Keiner der zahlreichen Beweise und Beispiele, die McLaren bei einem Massen-Meeting mit fünf Teams und FIA-Vertretern vorlegte, reichte aus.

Norris hatte in Kanada fünf Strafsekunden bekommen, weil er unter dem Safety Car das Feld hinter sich - vor allem Alex Albon - aufgehalten hatte, um Oscar Piastri und sich einen Doppel-Stopp zu ermöglichen. Für die Kanada-Stewards war das "Unsportliches Verhalten". Fünf Sekunden warfen Norris von P9 raus aus den Punkten.

Fünf Teams kommen zur McLaren-Verhandlung

McLaren nutzte das "Recht auf Neubeurteilung", um gegen die Strafe vorzugehen. Hier muss man neue, signifikante und relevante Beweise vorlegen, die erst nachträglich dem Team zur Verfügung standen. McLaren reichte nicht weniger als vier verschiedene Argumentationen ein.

Dadurch wurde es eine riesige Verhandlung. Neben McLaren-Teamchef Andrea Stella und Sportdirektor Randeep Singh sowie FIA-Cheftechniker Nikolas Tombazis und Sportdirektor Steve Nielsen waren auch Sven Smeets und David Reading (Teammanager und Sportdirektor, Williams), Jonathan Wheatley (Teammanager, Red Bull), Andy Stevenson (Teammanager, Aston Martin) und Alan Permane (Teammanager, Alpine) anwesend.

McLarens Einspruch-Versuche erklärt

Zuerst einmal mussten diese Teammanager zu vorangegangenen Teammanager-Meetings aussagen. Laut McLarens vorgelegten Notizen waren die Teams im Meeting vom 30. Juni, sowie in mehreren früheren Meetings zum Verständnis gelangt, dass eine Aktion wie die von Norris nicht bestraft werden sollte.

Dieser Versuch war McLarens vielversprechendster. Die Stewards stuften ihn als neu, signifikant und zum Zeitpunkt der Strafe nicht verfügbar ein. Doch er ist nicht relevant. Jegliche informellen Entscheidungen aus Teammanager-Meetings sind nur das, informelle Entscheidungen.

Solange sie nirgends in offizieller Form adaptiert werden, sind sie nicht gültig. Aus gutem Grund: Jede Regeländerung muss einen von der FIA genau definierten Prozess durchlaufen. Alles andere sind höchstens Klarstellungen, etwa in den Event-Notizen des Rennleiters, die geltenden Regeln nicht widersprechen dürfen. Williams sagte außerdem aus, dass bei den Meetings kein Konsens erzielt worden sei, ob eine solche Block-Aktion nun zu bestrafen sei oder nicht.

McLaren führte weiter ein Teammanager-Meeting aus dem Jahr 2019 vom Monaco-GP an, wo das Thema nach einer ähnlichen Aktion von Valtteri Bottas besprochen wurde. Der Konsens damals war, dass es erlaubt sei. Auch für diese Argumentation greift die fehlende Regelgültigkeit solcher Diskussionen.

Obendrauf lieferte McLaren Video-, Audio- und GPS-Daten von acht Fällen, die in ihren Augen vergleichbar mit Norris waren und keine Strafe nach sich zogen. Für die Stewards zwar signifikant, aber weder neu noch relevant. Williams legte im Gegenzug Fälle vor, die bestraft worden waren. Die Stewards heben hervor, dass jeder Zwischenfall etwas anders ist.

McLaren hob dann noch hervor, dass Alex Albon keine Position durch die Blockade verlor. Albon war das Auto direkt dahinter gewesen und hatte sich am Funk beschwert. Weder neu noch relevant, so die Stewards: Die tatsächlichen Folgen einer Aktion sind schwer abzuschätzen. Norris hätte auch eine Position verlieren können, wenn er nicht verzögert hätte.

McLaren meldete sich nach der Zurückweisung mit einer kurzen Stellungnahme und akzeptiert die Entscheidung: "Während das nicht das von uns erhoffte Ergebnis ist, so danken wir den Stewards für ihre Zeit und Mitarbeit." Norris bleibt auf P13 punktelos. Selbst war man von der Möglichkeit überzeugt, unterstreicht McLaren noch: "Wir glauben, dass wir ausreichend neue, signifikante und relevante Beweise hatten, um ein 'Recht auf Neubeurteilung' auszulösen."