Eigentlich sollte die Technik-Revolution ab der Formel-1-Saison 2022 alles besser machen. Durch die Einführung des Ground-Effekts, neuer Reifen und diverser weiterer technischer Details sollte es den Fahrern einfacher fallen, sich gegenseitig zu folgen und zu duellieren. Doch ein Nebeneffekt der Regel-Revolution war die Fortsetzung eines Trends, der seit der Gründung der Formel 1 besteht: Die Autos wurden noch größer und noch schwerer!

Mittlerweile ist der Konsens im Fahrerlager eindeutig: Fans, Mechaniker und Fahrer wünschen sich leichtere und kleinere Autos. An den Fernsehbildschirmen wirkt das Renngeschehen oftmals behäbig und vorhersehbar. Die Fahrer klagen über ein mangelhaftes Fahrgefühl und weniger Überholmöglichkeiten. Doch woher kommt die Kritik und ist auf absehbare Zeit Besserung in Sicht?

Gewicht der Formel-1-Autos: So hoch wie noch nie!

Seit der Einführung des vorgeschriebenen Minimalgewichts im Jahr 1961 hat sich das Gewicht der Formel-1-Boliden fast verdoppelt. Mit zunehmendem Wissen und technologischem Fortschritt waren die Technik-Spezialisten der Formel-1-Teams in der Lage, immer schnellere Autos zu entwickeln. Um die Sicherheit der Fahrer zu gewährleisten, sah sich die FIA gezwungen, mit verschiedenen Restriktionen und Vorgaben gegenzusteuern, was indirekt zu einer Gewichtszunahme der Autos führte. Die größte Veränderung des Minimalgewichtes entstand zwischen der Saison 1994/95. Als Reaktion auf die tödlichen Unfälle von Roland Ratzenberger und Ayrton Senna beim Großen Preis von San Marino 1994, wurde das Minimalgewicht durch zahlreiche Veränderungen an den Crash-Strukturen und der Motorleistung von 505 kg auf 595 kg erhöht.

Durch die umfassenden Regeländerungen vor der Saison 2022 nahm das Mindestgewicht der Boliden noch einmal stark zu und stieg von 752 kg auf 798 kg. Eine spezielle Veränderung stört Mercedes-Fahrer Lewis Hamilton dabei ganz besonders: "Ich finde, das Gewicht ist mittlerweile definitiv zu hoch geworden. Vor allem die Reifen haben ein unglaublich hohes Gewicht. Das macht den Bremsweg länger und das brauchen wir einfach nicht. In der Vergangenheit hatten wir leichte Reifen und das war wunderbar", sagte Hamilton. Im Jahr 2022 wurden die 13-Zoll-Reifen durch 18-Zoll-Reifen ersetzt, damit die Reifen weniger schnell überhitzen und die Fahrer sich länger duellieren können, ohne auf den Reifenverschleiß zu achten.

Und auch Nico Hülkenberg, der bei seinem Debüt 2010 noch mit deutlich leichteren Autos fuhr, wünscht sich eine Gewichtsreduktion der Boliden. "Ich glaube, im Jahr 2010 waren die Autos leichter, haben aber vor allem in den schnellen Kurven nicht so viel Abtrieb generiert, wie die derzeitige Generation. In den langsamen Kurven können die Autos allerdings das hohe Gewicht nicht kompensieren. Ich denke, die meisten Fahrer würden leichtere Autos begrüßen", erklärte der Deutsche.

Formel 1 2023: Ist Racing in den großen Autos zu schwer?

Neben dem Gewicht hat sich auch die Größe der Boliden stark vergrößert. Einige wenige Fahrer im Feld fuhren schon in der Formel 1, als die Autos noch deutlich kleiner waren. Routinier Fernando Alonso hat in seinen 20 Formel-1-Jahren schon einige Autos fahren dürfen und kennt somit den Vergleich zwischen früher und heute. Der Renault R25 aus der Saison 2005, mit dem Alonso seinen ersten WM-Titel gewinnen konnte, wies damals eine Länge 4,60 Metern, eine Breite von 1,80 Metern und eine Höhe von 0,95 Metern auf. In den folgenden Jahren musste durch neue Motorenreglements und weitere Sicherheitsanforderungen das Chassis der Formel-1-Autos angepasst werden. 18 Jahre später fährt Alonso für Aston Martin im AMR23, der eine Länge von 5,60 Metern (+1,00 m), eine Breite von 2,00 Metern (+ 0,20 m) und eine Höhe von 0,95 Metern (+0,00 m) aufweist. Für ihn ist eher die Größe der Autos der ausschlaggebende Punkt, wieso das Racing mit der neuen Fahrzeuggeneration schwerer geworden ist.

Fernando Alonso im Renault R25, dicht gefolgt von Michael Schumacher im Ferrari F2005, Foto: LAT Images
Fernando Alonso im Renault R25, dicht gefolgt von Michael Schumacher im Ferrari F2005, Foto: LAT Images

"Ich glaube, es ist mehr die Größe der Autos und nicht das Gewicht, dass das Überholen so schwer macht. Es ist wegen der Größe mittlerweile schwer, das Auto in Zweikämpfen richtig zu positionieren. Ich denke, es wird schwierig sein, das Gewicht drastisch zu reduzieren, weil die Hybrid-Motoren deutlich schwerer sind als die normalen. Ich kann verstehen, dass es Interesse gibt, zu leichteren Autos zurückzukehren und wir Fahrer würden das auch begrüßen. Aber ich glaube, die Größe ist der entscheidendere Faktor", erklärte Alonso.

Ist eine Gewichtsreduktion derzeit überhaupt möglich?

Die FIA möchte der Präferenz der Fahrer nachkommen und strebt an, das Gewicht der zukünftigen Boliden zu senken. Dem Vorhaben macht allerdings das neue Motorenreglement, welches ab der Saison 2026 gilt, zumindest vorerst einen Strich durch die Rechnung. Bis zum Ende der Saison 2025 sind die derzeitigen Motoren der Hersteller eingefroren und es dürfen lediglich Verbesserungen an der Zuverlässigkeit vorgenommen werden. Ab der Saison 2026 werden die Motoren, unter anderem durch den Wegfall der MGU-H, den Ingenieuren neue Freiheiten bei der Chassis-Gestaltung ermöglichen. Laut McLaren-Teamchef Andrea Stella wird bis dahin das Gewichtsproblem der Formel 1 wohl bestehen bleiben, vor allem da die Sicherheit der Fahrer weiterhin oberste Priorität genießt.

"Ohne tiefgreifende technische Änderungen ist es sehr ambitioniert, den Autos viel Gewicht abzunehmen. Ein großer Teil des Gewichts kommt von Maßnahmen, die die Sicherheit verbessern. In dieser Hinsicht begrüßen wir die Gewichtszunahme an den Autos, obwohl es nicht mehr viel mit den Autos vor 20 Jahren zu tun hat, als sie 200 kg leichter waren. Das derzeitige Gewicht beizubehalten, oder ein paar Kilos herunterzunehmen, wäre eine gute Sache, aber es braucht kleinere Reifen und kleinere Autos, um das Gewicht signifikant zu verringern. Ich weiß nicht, was die Fahrer denken, aber wir alle würden leichtere Autos begrüßen, natürlich ohne Einbußen bei der Sicherheit zu machen", erklärte Stella.