Das Qualifying zum Spanien GP 2023 in Barcelona lieferte mehrere Highlights - aus Mercedes-Sicht aber auch einen Tiefpunkt: Am Ende von Q2 kollidierten Lewis Hamilton und George Russell auf der Start- und Zielgeraden. "Es war ein Missverständnis", hieß es von allen Beteiligten unisono.

Was war passiert? Beide Mercedes-Piloten kämpften um den Einzug in das letzte Qualifying-Segment. Russell, der außerhalb der Top-10 lag, ging deutlich früher auf die Strecke als Hamilton, der sich über dem Strich befand.

Nach einem Fehler in Kurve fünf musste Russell aber seinen Versuch abbrechen. Weil er sich früh in der Runde dazu entschied, konnte er die Reifen noch entsprechend abkühlen lassen und die Batterie laden, um in der nächsten Runde wieder attackieren zu können.

Kettenreaktion führt zu Mercedes-Kollision

Dafür musste Russell aber im letzten Sektor extrem langsam machen. Gleichzeitig fuhr Hamilton seine Outlap, um sich auf seinen letzten Versuch in Q2 vorzubereiten. Dazu kam, dass sowohl Hamilton als auch Russell für schnellere Fahrzeuge Platz machen mussten. Max Verstappen und Carlos Sainz kamen von hinten angeschossen.

Sainz lief unmittelbar vor der Zielkurve auf Russell auf. Der Brite fuhr artig von der Linie, verlor dadurch aber reichlich Schwung für seine fliegende Runde. Währenddessen hatte Hamilton, zuvor noch deutlich hinter Russell, schon Tempo aufgenommen.

Hamilton fuhr in der Zielkurve fast auf Russell auf, und setzte sich dann in den Windschatten seines Teamkollegen. Mit Überschuss wollte er zu Beginn der schnellen Runde auf Start- und Ziel links an Russell vorbei. Allerdings reagierte Russell genau in diesem Moment auf Sainz, der nach seiner schnellen Runde langsam machte. Um an Sainz vorbeizugehen, zog Russell nach links. Wo sich Hamilton befand.

Hamilton versuchte noch links über das Gras auszuweichen, touchierte aber mit seinem Frontflügel Russells linkes Vorderrad. Während Russell voll durchzog und seine schnelle Runde zu Ende fuhr, war Hamiltons Versuch damit schon beendet. Bei der Berührung war die rechte Endplatte seines Frontflügels davongeflogen.

Mercedes: Team nimmt Schuld für Kollision auf sich

Trotzdem zog Hamilton ins Q3 ein. Russell konnte seine Zeit nicht mehr verbessern und schied aus. "Das war fehlende Kommunikation, das hätten wir in der Garage besser handeln müssen", erklärte Mercedes Motorsportchef Toto Wolff. "Es war ein hitziger Moment am Ende von Q2, aber wir müssen niemanden die Schuld dafür geben."

Die Stewards sahen es etwas anders. Um 18:30 Uhr mussten die Mercedes-Fahrer beim vierköpfigen Gremium vorsprechen. Um 19:40 Uhr dann Entwarnung: Eine Strafe bekommt keiner der Piloten. Die Schuld sehen die Stewards aber bei Russell und dem Team. Beide kamen mit einer Warnung davon.

Hamilton im Barcelona-Qualifying, Foto: LAT Images
Hamilton im Barcelona-Qualifying, Foto: LAT Images

Dem Team wurde zu Lasten gelegt, dass man die Piloten am Funk nicht über die Situation aufgeklärt hatte. Russell wurde für einen unnormalen Richtungswechsel gerügt. Als mildernder Umstand gilt für beide, dass Russell auf Sainz reagieren musste, der unmittelbar zuvor seine schnelle Runde beendet hatte und deshalb verlangsamte.

Andrew Shovlin, Leitender Ingenieur an der Strecke, nahm die Schuld auf das Team: "Leider haben wir heute keinen tollen Job gemacht, die Autos zu koordinieren." Die Piloten selbst nahmen die Situation recht gelassen. "Der Zwischenfall mit George war eine Fehlkommunikation", meint auch Hamilton. "Wir haben uns etwas berührt und ich bin mit einem Rad aufs Gras. Aber das Auto hat sich danach nicht anders angefühlt, das sollte alles okay sein"

Russell: Hamilton-Berührung nicht für Q2-Aus verantwortlich

"Ich bin mir nicht ganz sicher, was bei dem Zwischenfall mit Lewis passiert ist", so Russell. "Es kam alles ziemlich überraschend. Wir haben Glück, dass nichts Schlimmeres passiert ist, und es war eindeutig eine große Fehlkommunikation von uns allen im Team." Er lässt den Zwischenfall nicht als Ausrede gelten: "Es trug nicht zur fehlenden Pace bei, und das war für mich das Hauptproblem."

Toto Wolff ist bei teaminternen Kollisionen nach aufregenden Jahren zwischen Lewis Hamilton und Nico Rosberg ein gebranntes Kind. Probleme zwischen Hamilton und Russell sieht er aber keineswegs. "Ich sehe keine Ähnlichkeit zu 2016. Ich wünschte, ich würde sie sehen", scherzte der Österreicher angesichts des veränderten Kräfteverhältnisses seither. Damals dominierte Mercedes die Formel 1 nach Belieben. Das ganze Rennen der Formel 1 heute in Barcelona gibt es hier im Liveticker.