Die Formel 1 boomt wie noch nie - die Tribünen an den Rennstrecken um die Welt sind so gefüllt wie selten zuvor und die TV-Quoten (zumindest außerhalb Deutschlands) steigen ebenfalls. Ein großer Teil des neuen Formel-1-Publikums kommt aus den USA und ist durch die Netflix-Serie Drive to Survive auf die Königsklasse gestoßen. Allerdings wurde die Serie in der Vergangenheit immer wieder von diversen Fahrern und anderen Persönlichkeiten für eine realitätsverzerrende Darstellung kritisiert. Ist das Netflix-Drama nun ein Fluch oder ein Segen?

Marko über Netflix: Drive to Survive hat nichts mit Realität zu tun

Neben dem allgemein erhöhten Interesse an der Königsklasse in den Staaten, stieg in den vergangenen Jahren auch die Anzahl der Rennen im Land der unbegrenzten Möglichkeit rapide an. Während die Formel 1 2019 nur ein Rennen in den USA austrug, sind es 2023 schon drei. "Die Zuschauerzahlen in der Formel 1 steigen drastisch an. Wir reden da von einer Steigerung der Quote von 20 %", bestätigt Red-Bull-Motorsportberater Dr. Helmut Marko.

Jedoch: "Einige kennen vielleicht die Netflix-Serie, das hat mit der Realität nichts zu tun", macht Marko deutlich. Der Red-Bull-Motorsport-Konsulent ist damit nicht der Einzige, der den Inhalten der Netflix-Produktion kritisch gegenübersteht. Auch Schützling Max Verstappen wehrte sich lange dagegen, in der Serie aufzutauchen, bis er für die aktuelle Staffel einlenkte. Begründung: Drive to Survive solle ihn realistisch darstellen.

Die Kameras sind ständig auf die Fahrer gerichtet, Foto: LAT Images
Die Kameras sind ständig auf die Fahrer gerichtet, Foto: LAT Images

Neben dem erhöhten Interesse bringt die Eigenproduktion von Netflix also auch einige Kontrapunkte mit sich, doch was überwiegt? "Es hat den Durchbruch für die Formel 1 in Amerika geschaffen und solange die Zuschauerzahlen und das Interesse da sind, kann man über die Sinnhaftigkeit oder Notwendigkeit diskutieren", findet Helmut Marko. "Aber das Interesse ist das, was überwiegt - und solange die Leute das wollen, warum sollen sie das nicht haben?"

Formel 1: Beliebter durch Hauch des Verbotenen?

Doch nicht nur die Netflix-Eigenproduktion soll laut dem gebürtigen Grazer eine Rolle bezüglich des steigenden Interesses der Königsklasse spielen. "Das ist einfach die Faszination. Das hängt wahrscheinlich auch mit dieser Anti-Stimmung, mit diesem Verbieten und Schlechtmachen von allem, was Spaß bedeutet, ab", vermutet Marko, der damit auf den in der Öffentlichkeit immer kritischer gesehenen Motorsport und speziell den Verbrennungsmotor anspielt.

Kreischende Acht- bis Zwölfzylinder-Motoren gehören in der Königsklasse schon lange der Vergangenheit an, auch die Formel 1 beugt sich dem Nachhaltigkeits-Trend. Ab 2026 soll der Kraftstoff der Boliden zu 100% klimaneutral sein, die Leistung soll zu 50% vom Elektromotor bereitgestellt werden. So kann die Königsklasse weiterhin auf Verbrennungsmotoren setzen, verfolgt jedoch trotzdem den modernen Zeitgeist und bleibt für Hersteller und Sponsoren attraktiv - jüngstes Beispiel: Honda. Der japanische Hersteller entschloss sich trotz ursprünglichem Rückzieher 2021, auch ab 2026 in der Königsklasse vertreten zu sein.