Das Formel-1-Rennen in Baku war ein Weckruf für die Königsklasse. Die Zuschauer stempelten den Grand Prix auf dem sechs Kilometer langen Stadtkurs als langweilig ab. Die Fahrer beklagten sich vor dem folgenden Rennen in Miami darüber, dass das Überholen viel schwieriger geworden sei. Die Ursachen dafür waren schnell gefunden: Einerseits die um etwa 100 Meter verkürzte DRS-Gerade beim Aserbaidschan-GP, andererseits die Physik der aktuellen Formel-1-Autos.

Die Boliden nach dem Ground-Effect-Reglement sollten eigentlich zu einer Verbesserung des Racings führen und genau das taten sie in ihrem ersten Jahr auch. Doch durch die Entwicklung der Fahrzeuge konnten die Teams die beschnittenen Aerodynamik-Regeln wieder mehr ausreizen. Dazu kommen noch die höher gelegten Unterböden. Deshalb ist das Fahren in der verwirbelten Luft 2023 wieder schwieriger und das Überholen dementsprechend auch. So zumindest die gängige Theorie. Doch belegen die Zahlen überhaupt eine Überholflaute?

Formel 1 2023: Fünf Überholmanöver pro Rennen weniger?!

Dabei handelt es sich zu diesem Zeitpunkt der Saison natürlich nur um eine Momentaufnahme aus der relativ geringen Stichprobengröße von fünf Rennen. Im Vorjahr standen aber dieselben Rennen mit der beinahe identischen Streckenkonfiguration im Kalender und sowohl 2022 als auch 2023 blieben sie von Regenfällen verschont. Dadurch lassen sich die Zahlen gut vergleichen.

Durchschnittlich gab es in diesem Jahr bislang 157 in der offiziellen Statistik erfasste Überholmanöver. Der Baku-Sprint ist in diesen Zahlen natürlich nicht erfasst, da es im Vorjahr kein vergleichbares Event gab. Das ergibt pro Grand Prix einen Schnitt von 31,4 Manövern. In der Formel-1-Saison 2022 lag der Durchschnitt tatsächlich um einiges höher, und zwar bei 36,6 Überholvorgängen. Das macht insgesamt 183 Manöver.

Bahrain-GP macht den Unterschied

Bei einem Blick auf die genauen Zahlen der einzelnen Rennen fällt aber auf, dass die Differenz vor allem auf einen Grand Prix zurückzuführen ist. Beim Bahrain-GP 2022 gab es 58 Platzwechsel auf der Strecke. In diesem Jahr waren es an selber Ort und Stelle nur noch 22 Manöver. Ein rekordverdächtig geringer Wert. Weniger Überholmanöver gab es beim Bahrain-GP seit der Einführung von DRS noch nie.

In den Rennen seither gab es im Mittelwert sogar mehr Manöver als noch vor einem Jahr. 33,75 Überholmanöver waren es 2023 im Durchschnitt, 2022 lag dieser Wert bei 31,25. Saudi-Arabien schlug mit 35 Manövern zu Buche, Australien mit 30, dem gegenüber stehen 31 beziehungsweise 27 Überholvorgänge im Vorjahr. Miami hatte mit 52 zu 45 Platzwechseln ebenfalls eine Steigerung zu verzeichnen.

In Aserbaidschan hingegen trügte der Eindruck 2023 nicht: Nur 18 Überholmanöver kamen zustande, beim letzten GP am Kaspischen Meer waren es mit 22 immerhin ein paar mehr. Heißt zusammengefasst: Bei 3 von 5 Rennen wurde in dieser Formel-1-Saison mehr überholt als in der vorherigen.

GP20222023
Bahrain5822
Saudi-Arabien3135
Australien2730
Aserbaidschan2218
Miami4552
Durchschnitt36,631,4

Direkte Vergleiche zwischen der Formel-1-Saison 2023 und den Jahren vor der Regel-Revolution sind hingegen kaum möglich. 2021 befanden sich mit Saudi-Arabien, Bahrain und Aserbaidschan nur drei der bisher absolvierten Grands Prix im Kalender, in den Jahren zuvor waren es noch weniger. Eine grobe Prognose kann man dennoch über die Daten des Vorjahres hochrechnen.

Denn im Vergleich zwischen 2021 und 2022 gab es eine Steigerung der Anzahl an Überholmanövern von 32,3 Prozent. Bislang steht die laufende Saison bei einem Minus von 14,2 Prozent und damit deutlich über den 2021er-Werten - trotz des Bahrain-GPs. Ob diese Kalkulation aufgeht, wird der weitere Saisonverlauf zeigen. Die nächste Stichprobe gibt es am kommenden Wochenende beim Emilia-Romagna-GP in Imola. Eine Strecke auf der Überholen besonders schwierig ist.

Formel 1 Kalender 2023, Termine und Strecken

  • 23. - 25. Februar: Testfahrten in Bahrain
  • 05. März: Großer Preis von Bahrain (Sakhir)
  • 19. März: Großer Preis von Saudi Arabien (Jeddah)
  • 02. April: Großer Preis von Australien (Melbourne)
  • 30. April: Großer Preis von Aserbaidschan (Baku)
  • 07. Mai: Großer Preis von Miami
  • 21. Mai: Großer Preis der Emilia Romagna (Imola)
  • 28. Mai: Großer Preis von Monaco
  • 04. Juni: Großer Preis von Spanien (Barcelona)
  • 18. Juni: Großer Preis von Kanada (Montreal)
  • 02. Juli: Großer Preis von Österreich (Spielberg)
  • 09. Juli: Großer Preis von Großbritannien (Silverstone)
  • 23. Juli: Großer Preis von Ungarn (Budapest)
  • 30. Juli: Großer Preis von Belgien (Spa)
  • 27. August: Großer Preis der Niederlande (Zandvoort)
  • 03. September: Großer Preis von Italien (Monza)
  • 17. September: Großer Preis von Singapur
  • 24. September: Großer Preis von Japan (Suzuka)
  • 08. Oktober: Großer Preis von Katar (Losail)
  • 22. Oktober: Großer Preis von USA (Austin)
  • 29. Oktober: Großer Preis von Mexiko (Mexiko Stadt)
  • 05. November: Großer Preis von Brasilien (Sao Paulo)
  • 19. November: Großer Preis von Las Vegas
  • 26. November: Großer Preis von Abu Dhabi