Runde eins des neuen Sprint-Formates in Baku. Ein zweites Qualifying, ein losgelöster Sprint-Samstag und stark verkürzte Trainingszeit. Aber bedeutet weniger Training automatisch mehr Spannung? Top oder Flop? Das neue Format sorgt nicht nur bei Formel-1-Piloten für gemischte Gefühle. So denkt die MSM-Redaktion darüber.

Neues Sprint-Format? Nur her damit!

Besser als zuvor
von Christian Menath
Mir gefällt das neue System besser. Die zusätzliche Qualifikation gefällt mir, auch weil sie ob der Reifen-Regel doch ein bisschen anders ist als die normale Quali. Auf allen Strecken wird das aber freilich nicht funktionieren, wenn vor allem der Soft-Reifen nach einem Versuch hinüber ist. Haben wir im Sprint selbst mehr Action gesehen? Jein. Dass Russell und Verstappen so dagegen gehalten haben, war vielleicht schon ein Ergebnis der neuen Regeln. Dass nicht jeder Sprint ein Kracher ist, ist auch klar. Weiter hinten war dem Sprint aber schon anzumerken, dass die Luft raus ist. Die traurige Wahrheit aber ist: Wer interessiert sich bei 100 Kilometer Action für 'weiter hinten'?

Jetzt muss noch die SQ3-Problematk gelöst werden, die Norris von der Teilnahme abhielt. Und tatsächlich sehe ich erstmals die Problematik, dass wir nach dem Sprint schon wissen, was uns im GP erwartet. Wir wissen jetzt sicher, dass sich Leclerc nicht vorne behaupten kann. Oder doch nicht? Ich lasse mich gerne eines Besseren belehren. Aber das ist kein Problem der Formatumstellung. Eine Bitte habe ich auch noch: Belassen wir es bei sechs Sprints. Das macht Spaß, ist aber noch kein Overkill, die Tradition bleibt bestehen und der Grand Prix wird nicht verwässert.

Beste Idee seit langem!
von Stephan Heublein
Zwei Qualifyings, zwei Rennen! Wer blickt da noch durch? ... Naja, mir gefällt es! Jeden Tag von Freitag bis Sonntag mindestens eine Entscheidung. Keine Session ohne ersichtlichen Wert für die Zuschauer (und ja, um genau die geht es hier schließlich). Ich bin vom Debüt des neuen Formats begeistert - und das als erwiesener Kritiker der Sprint-Einführung. Frisch. Spannend. Abwechslungsreich. Das gab's in der F1 schon lange nicht mehr. Niemand braucht drei Stunden Freies Training. So sehr wir uns in unserer Redaktion an der Qualifying-Generalprobe erfreuen, auch bekannt als FP3, für die breite Masse an Zuschauern trägt sie absolut nichts bei. Ist das (entschuldigt den zuletzt überstrapazierten Begriff) Konzept für das Sprintwochenende deswegen schon zu 100 Prozent ausgeklügelt? Sicher nicht. Wird die Formel 1 bis zum nächsten Sprint-Wochenende in Spielberg an den richtigen Stellschrauben drehen? Abwarten. Der Anfang macht mir jedoch Lust auf mehr. Nur her damit!

Sprint 2.0: Irgendwo zwischen Top und Flop

Idee gut, Ausführung ... na ja
von Markus Steinrisser
Nein, ich hasse dieses Format an sich nicht. An jedem Wochenende braucht es das nicht, aber für Abwechslung an sechs Rennwochenenden? Warum nicht? Das doppelte Qualifying und die Herausforderung der fehlenden Trainingszeit haben was für sich. Angepasst gehören die Details. Keine vier Stunden Pause zwischen Shootout und Sprint wären gut. Die Reifenregeln brauchen Feintuning. Und wenn es schon zwei Qualifyings gibt, sollte das tolle "Shootout" auch ein echtes Alleinstellungsmerkmal haben (etwa als Einzelzeitfahren), und nicht bloß irgendein Abklatsch des normalen Programms sein.

Zwischen Verstappen und Russell ging es beim und nach dem Sprint heiß her, Foto: LAT Images
Zwischen Verstappen und Russell ging es beim und nach dem Sprint heiß her, Foto: LAT Images

Weniger Training, mehr Spannung!
von Louis Budweg
Auf den ersten Blick scheint das neu eingeführte Format eher enttäuschend - denn viel spannender geworden ist der Sprint durch ein zusätzliches Qualifying nicht. Der war für mich jedoch nicht das Highlight, denn das war der neue "Shootout" selbst. Vor allem die begrenzte Reifenauswahl ist eine gelungene Änderung, denn dadurch gehören Reifenwechsel der Vergangenheit an. Ergo: Verbremst sich ein Fahrer stark und ruiniert seine Pneus, ist die Session für ihn gelaufen! Dazu können die Fahrer mehr Risiko im Sprint eingehen - und das sinnlose zweite freie Training entfällt! Fazit: Wenn schon Sprint, dann bitte mit Qualifying statt zweitem freien Training!

Versuch macht klug
von Florian Becker
Der Ansatz, alternative Formate auszuprobieren, ist zeitgemäß und es spricht grundsätzlich nichts dagegen. Das für Baku gewählte Konzept mit zwei Qualifikationen bot aber keinen Mehrwert. Tatsächlich litt die Qualität des Sports darunter, dass manche Teams und Fahrer aufgrund der fehlenden Trainingszeit nicht auf ihrem höchsten Level performten. Die zweite Qualifikation war überflüssig und der Sprint diesmal kein besonders guter, weil der Großteil des Feldes wenig Aktion zeigte. Ohne Aussicht auf eine bessere Gridposition für den Sonntag, wurde der Sprint augenscheinlich zu einem dritten Training umfunktioniert, um Erkenntnisse für den Grand Prix zu sammeln.

Sergio Perez gewann den ersten von sechs Sprints 2023, Foto: LAT Images
Sergio Perez gewann den ersten von sechs Sprints 2023, Foto: LAT Images

Neues Sprint-Format? Lieber traditionell!

Zu viel des Guten
von Isabelle Grasser
Zu viel des Guten, so lässt sich das neue Sprint-Format zusammenfassen. Die Formel 1 will mehr Spannung, mehr Rennaction und mehr Zuseher an Freitag und Samstag. Verständlich, irgendwo. Doch bei zwei Qualifyings und zwei Rennen geht die Besonderheit und die Logik des Rennwochenendes verloren. Das Sprint-Shootout unterscheidet sich nicht genug vom Qualifying. Der Spannungsaufbau bis zum Höhepunkt, dem Rennen, fehlt. Es wird krampfhaft versucht, jede F1-Session zu einem Must-Watch für die Zuseher zu machen. Doch meiner Meinung nach, gelingt das so nicht.

Sprints bringen weniger, statt mehr Spannung
von Rebekka Bauer
"Sie sollten das ganze Dinge einfach abschaffen", halte ich es mit Max Verstappen und kann auf das neue Format (und allgemein auf Sprintrennen) gerne verzichten. Für mich hat das traditionelle Rennwochenende mit klassischem Aufbau und Steigerung der Spannung mit Training, Qualifying und Rennen einfach das gewisse Etwas. Auch ohne sinnloses 2. Freies Training können mich Sprint-Wochenenden einfach nicht begeistern und bieten (zumindest für mich) weniger, statt mehr Spannung.

(Fast) jeder Sprint bleibt einer zu viel
von Marco Bulitta
Ja, die Einschaltquoten und das Interesse werden wieder größer als an einem üblichen Wochenende gewesen sein. Abgesehen von dem Duell zwischen Verstappen und Russell bot der Sprint wieder einmal nicht mehr als das, was ein übliches Rennen nicht auch bietet. Mit dem Unterschied, dass so ziemlich jede Variable (Reifen(-strategien), Zuverlässigkeit oder Boxenstopps), die einen Grand Prix spannend macht, fehlen. Und jeder spannende Sprint hatte eben die Zutaten, die auch ein übliches Rennen spannend gemacht hätten. Das einzig Gute an mehr Sprints ist: Je mehr die Formel 1 davon fährt, desto eher wird der Zuschauer merken, dass der Sprint schlichtweg vernachlässigbar ist.

Weniger ist mehr
von Carina Teifelhard
Gemischte Gefühle - auf der einen Seite ist das Format interessanter als das alte Sprint-Format. Die Teams haben deutlich weniger Vorbereitungszeit, was die einzelnen Sessions spannender macht. Gleichzeitig hatte ich aber nach dem Sprint das Gefühl, dass der gesamte Samstag eher eintönig wurde. Weniger ist da für mich mehr. Im Standard-Format freut man sich auf ein actionreiches Qualifying, wodurch Vorfreude auf das Rennen entsteht. Das hat mir an diesem Wochenende durch die vielen Sessions gefehlt.