Rubens Barrichello. Valtteri Bottas. Sergio Perez. Für immer die Nummer 2 in den Geschichtsbüchern der Formel 1 und den Köpfen der Fans - in den vergangenen Jahren versuchten immer wieder F1-Fahrer, aus dem Schatten ihrer Teamkollegen auszubrechen. 2022 krachte es zuletzt zwischen den Red-Bull-Piloten Max Verstappen und Sergio Perez. 2021 verhalf der Mexikaner dem Niederländer noch zu seinem ersten Titel in der Königsklasse, ein Jahr später erwartete Perez im Kampf um den Vize-Titel einen Ausgleich. Doch dieser kam nie. Die missachteten Anweisungen des Teams blieben beim nun zweimaligen Weltmeister ohne Konsequenzen.

Aufgeben steht beim Mexikaner aber nicht auf der Agenda. Auch 2023 beharrt Perez darauf, gegen seinen Teamkollegen um den WM-Titel kämpfen zu können. Jedoch wird er sich weiterhin gegen die Speerspitze Verstappen beweisen müssen. Perez ist aber nicht der einzige Pilot, der sich an der Hoffnung festklammert. Motorsport-Magazin.com blickt auf die gescheiterten Titelhoffnungen einiger Möchtegern-Weltmeister zurück.

Formel 1: Valtteri Bottas - Ein sensationeller Wingman

Der letzte geplatzte Titel-Traum liegt noch gar nicht weit in der Vergangenheit. Valtteri Bottas wechselte 2017 von Williams zum Top-Team Mercedes. Die Chance auf einen Titel war so nah wie noch nie. Doch dem Finnen stand eine große Hürde im Weg: Lewis Hamilton. Der Finne blieb jedoch optimistisch. "Wenn es das stärkste Auto ist, dann kann ich um den Titel kämpfen. Ich bin nicht hier, um den zweiten Platz zu belegen oder noch schlechter abzuschneiden", so Bottas noch vor dem Saisonstart zu Sky Deutschland. Der Brite hatte Bottas aber von Anfang an deutlich im Griff.

Trotzdem gab der Finne nicht auf. "Ja, ich kann Weltmeister werden", sagte Bottas nach dem Ungarn GP 2017 in der Sport Bild. Zu diesem Zeitpunkt befand sich der 33-Jährige auf dem dritten Gesamtrang. "Es sind noch neun Rennen zu fahren und ich glaube daran, dass ich einen Lewis [Hamilton] und Sebastian [Vettel] schlagen kann." Diese Hoffnung wurde aber schnell zerstört. Hamilton gewann ab Ungarn drei Rennen in Folge und sicherte sich nach einer souveränen zweiten Saisonhälfte den Weltmeistertitel.

Gleichzeitig versicherte der Finne, dass er beim deutschen Rennstall keinen Nachteil gegenüber Hamilton haben werde. "Das Team hat von Anfang an klargemacht, dass wir beide gleichbehandelt und respektiert werden. Wir bekommen die gleiche Technik, es gibt keinen Nummer-1- und Nummer-2-Fahrer", so Bottas. Ein Jahr später dann die bittere Realität. Der Finne sicherte seinem Teamkollegen beim Ungarn GP den Sieg und hielt Sebastian Vettel und Kimi Räikkönen in Schach. Zum Rennende kollidierte Bottas mit Vettel und Daniel Ricciardo, wodurch sein Podiumsplatz Geschichte war.

Valtteri, it's James; Wenige Wochen nach Ungarn musste Bottas sogar seinen Sieg in Sochi herschenken, Foto: Sutton
Valtteri, it's James; Wenige Wochen nach Ungarn musste Bottas sogar seinen Sieg in Sochi herschenken, Foto: Sutton

Toto Wolff hatte nach dem Rennen zwar für den Finnen nur positive Worte übrig, gleichzeitig drückte er Bottas endgültig den Stempel der Nummer 2 auf. "Es ist ein bittersüßes Gefühl. Valtteri hätte ein Podium verdient, denn er war wirklich ein sensationeller Wingman", so der Mercedes-Teamchef. Für den 33-Jährigen war das jedoch alles andere als ein Kompliment. "Zunächst einmal: Wingman tut weh", sagt Bottas. "Und zweitens sehe ich in diesem Rennen nichts Positives für mich. Ich wollte ein besseres Ergebnis."

Wolff versuchte im Anschluss, seine Aussage zu revidieren. "So geraten Dinge, die nicht von Angesicht zu Angesicht gesagt werden, komplett außer Kontrolle und werden verdreht", sagt der Österreicher. "In diesem Rennen, nach der ersten Runde als Zweiter, war es das perfekte Wingman-Rennen - und das meine ich nicht in Bezug auf die Weltmeisterschaft, denn wir haben keine Nummer eins und keine Nummer zwei." Aber auch in den Jahren danach konnte "Wingman" Bottas nie aus Hamiltons Schatten hervortreten. 2022 wurde der Finne durch George Russell ersetzt und musste gleichzeitig jegliche Hoffnung auf einen Angriff auf den WM-Titel begraben.

Formel 1: Rubens Barrichello - Ferraris Nummer 1b

Rubens Barrichello und Michael Schumacher waren das wohl erfolgreichste Fahrerduo für Ferrari. Schlagen konnte Barrichello den Deutschen aber nur selten. Er war Ferraris Nummer 1b - so nannte sich der Brasilianer selbst. Mit 114 Punkten in der Tasche feierte Barrichello in der Saison 2004 zwar sein Karrierehoch , ein Skandal im Jahr 2002 betrübte den Piloten aber noch Jahre danach.

Der berühmte Satz: "Let Michael pass for the Championship" (""Lass Michael für den Titel vorbei"") wird den Brasilianer vermutlich noch lange verfolgen. Im Zuge des Österreich GP 2002 lag ihm Teamchef Jean Todt bereits zum zweiten Mal mit dieser Forderung im Ohr. Schon 2001 musste der Pilot für Schumacher Platz machen. Knapp 13 Jahre später fühlte sich der Brasilianer weiterhin um einen Titel betrogen. "Einer von Schumachers sieben Weltmeistertiteln sollte meiner sein", sagte er beim brasilianischen TV-Sender Bandeirantes. Jedoch schloss Barrichello die WM mit einem Rückstand von 67 Punkten ab.

Sorgte auch bei den Fans für viel Unmut: Die Teamorder zu Gunsten Schumachers, Foto: LAT Images
Sorgte auch bei den Fans für viel Unmut: Die Teamorder zu Gunsten Schumachers, Foto: LAT Images

Ernüchternde Jahre folgten ab 2005, bis der Brasilianer 2009 für Brawn an den Start ging. Die Titel-Hoffnung kam wieder zurück. "Jetzt träume ich davon, Weltmeister zu werden. Ich kann es mir leisten, so zu denken. Ich muss es nur noch in die Tat umsetzen", so der Brasilianer vor dem Türkei GP. "Es kann definitiv eher früher als später passieren." Zu diesem Zeitpunkt hatte er einen Rückstand von 16 Punkte auf den Führenden Jenson Button.

"Er ist im Moment nicht so weit weg. Es ist nur so, dass er fünf Rennen gewonnen hat und ich noch nicht. Ich warte darauf, die nächsten fünf zu gewinnen", so der Barrichello. Am Sonntag musste er das Rennen dann aufgrund eines Getriebeschadens frühzeitig beenden. Im Laufe der Saison holte er sich nur zweimal den Sieg und beendete die Saison erneut auf dem dritten Platz.

Formel 1: Mark Webber - Im Schatten von Sebastian Vettel

Alles begann als Sebastian Vettel 2009 David Coulthards Cockpit bei Red Bull übernahm. Der Deutsche fuhr sodann an der Seite von Mark Webber. Der Australier war mit sieben Jahren Formel-1-Erfahrung nicht nur ein Routinier der Königsklasse, der heute 46-Jährige fuhr, bereits seit 2007 für die Bullen. Zum Vorteil der beiden Piloten: Endlich ein konkurrenzfähiger Red-Bull-Bolide.

Webber führte die WM zum Japan GP im Jahr 2010 an. Jedoch wendete sich das Blatt nach dem Korea GP. Durch einen Ausfall war der Australier nun 11 Punkte hinter seinem Rivalen Fernando Alonso. Das Handtuch warf der Red-Bull-Pilot aber nicht: "Ich glaube fest daran, dass ich den Titel gewinnen kann. Der RB6 ist ein großartiges Auto und ich werde die letzten beiden Rennen in Brasilien und Abu Dhabi genießen", so Webber.

Sorgte für Kopfzerbrechen bei Christian Horner: Malaysia 2013, Foto: Sutton
Sorgte für Kopfzerbrechen bei Christian Horner: Malaysia 2013, Foto: Sutton

In Brasilien konnte der Australier die Lücke wieder schließen, aber auch Teamkollege Sebastian Vettel holte von hinten immer weiter auf. Zum Saisonfinale fuhr Webber nur als Achter über die Ziellinie, jegliche Titelhoffnuneng waren zerstört. Teamkollege Sebastian Vettel holte sich den Sieg und sicherte sich seinen ersten Titel.

In seinem letzten Formel-1-Jahr wurden die bereits geschädigten teaminternen Bande dann endgültig zerstört. Webber führte das Rennen beim Malaysia GP 2013 vor Vettel an. Red Bull forderte die beiden Fahrer anschließend auf, die Position zu halten. "Multi 21, Seb", waren die berüchtigten Worte am Funk des Deutschen. Doch der bereits dreimalige Weltmeister ignorierte die Vorgabe Red Bulls und überholte Webber trotzdem. Von Siegesstimmung fehlte auf dem Podium jede Spur. Seine Karriere beendete er erneut mit einem dritten WM-Platz.

Formel 1: David Coulthard - Chancenlos zum Vizetitel

2001 war David Coulthard dem Titel so nah wie noch nie. Der Schotte musste sich gegen den bereits dreimaligen Weltmeister Michael Schumacher beweisen. Beim Kanada GP startete Coulthard mit einem Abstand von 12 Punkten auf den WM-Führenden Schumacher. "Ich glaube immer noch, dass ich Grands Prix gewinnen und Michael herausfordern kann. Ich kann immer noch die Weltmeisterschaft gewinnen und werde weiter darauf hinarbeiten - wenn man keine Herausforderung mag, sollte man nicht in der Formel 1 sein", so der Schotte. In Kanada fiel Coulthard aber aus, auch die zweite Saisonhälfte zeichneten Ausfälle und dritte Plätze. Am Ende reichte es nur für den Vize-Titel.

Hatte nicht nur in Australien 1998 das Nachsehen: David Coulthard (Hintergrund), Foto: Sutton
Hatte nicht nur in Australien 1998 das Nachsehen: David Coulthard (Hintergrund), Foto: Sutton

Nachdem McLaren 1998 einen konkurrenzfähigen Boliden entwickelt hatte, konnte Coulthard nur in Sachen Konstrukteursweltmeisterschaft seinen Teil beitragen. Während Häkkinen in Höchstform auflief und den Fahrertitel einfuhr, musste sich der Schotte mit nur einem Rennsieg zufriedengeben. Aber auch dieses Fahrerduo konnte Kontroversen nicht umgehen. Beim Australien GP 1998 führte Coulthard das Rennen an, ließ Häkkinen zum Ende des Rennens vorbei, wodurch der Finne als Sieger hervorging. Im Anschluss gaben die Piloten bekannt, dass es sich dabei um eine Abmachung handelte, die bereits vor dem Rennen getroffen wurde. Der Pilot, der in der ersten Kurve der ersten Runde führte, darf den Sieg beanspruchen. In San Marino erzielte der Schotte seinen einzigen Rennsieg der Saison, stand die restliche Saison aber im Schatten seines Teamkollegen.