Lautete das Motto der Fahrzeugpräsentationen vor der Formel-1-Saison 2023 noch Evolution statt Revolution, dreht Mercedes diesen vielzitierten Satz jetzt um. "Es geht hier nicht darum, drei Zehntel zu finden und das Auto hier und da ein bisschen feinzutunen. Es geht darum, kolossale Performance zu finden, damit wir wieder in der Lage sind, um Siege und WM-Titel zu fahren“, lautete die Ansage von Mercedes-Teamchef Toto Wolff am Sonntag in Bahrain. Der aus Mercedes-Sicht enttäuschende fünfte und siebte Platz beim Großen Preis von Bahrain bedeuten aktuell noch den dritten Platz in der Konstrukteurs-WM, auf der Strecke liegt der ehemalige Serienweltmeister aber definitiv weiter zurück.

Vor den Testfahrten versicherte Toto Wolff noch, die Probleme des Vorjahresboliden hätten nicht in der Geometrie des Autos bestanden. Die Zweifel verschiedener Experten mehrten sich schon im Laufe des Trainingsfreitags. Die bittere Erkenntnis folgte schon bald. Das Konzept des Autos generiert zu wenig Abtrieb. Das einzige Problem: Seit 2021 gilt eine Budgetobergrenze. Dieses Jahr dürfen die Teams - abhängig von der Entwicklung der Inflationsraten - etwas mehr als 150 Millionen US-Dollar ausgeben. Zum Vergleich: In der Saison 2019 gab Mercedes für das Formel-1-Engagement rund 442 Million US-Dollar aus.

Budget Cap ein limitierender Faktor? Wolff: "Nicht an diesem Punkt der Saison"

Am Medientag vergangene Woche bezeichnete Lewis Hamilton einen angeblichen Plan B für das Konzept des Autos noch als "Müll". In Zeiten des Cost-Cap sei es nicht möglich, ein Auto von Grund auf neu zu designen. Auch Dr. Helmut Marko ist sich nach dem ersten Rennen sicher, dass Mercedes einen langen Weg vor sich hat: "Was immer man jetzt extrem versucht oder neugestaltet, geht im Budget für andere Sachen verloren." Laut Toto Wolff habe man aber eine längere Zeit schon in neue Ideen und Konzepte hereingeschaut, noch vor den Testfahrten.

Die Stimmung bei Mercedes gleicht der Lackierung: Düster, Foto: LAT Images
Die Stimmung bei Mercedes gleicht der Lackierung: Düster, Foto: LAT Images

Auf die Nachfrage, ob die Budgetobergrenze die Aufholjagd behindern könnte, hat der Österreicher eine eindeutige Antwort: "Natürlich ist es schwierig, so einen großen Vorsprung aufzuholen, aber das ist jetzt unsere Aufgabe. Allerdings glaube ich nicht, dass die Budgetobergrenze uns dabei hindern wird. Uns stellt sich an diesem Punkt der Saison nur die Frage, in welche Richtung wir jetzt gehen wollen. Wir werden weiterhin nur ein Konzept entwickeln, die Frage ist aber, welches?", so der 51-Jährige. Diese Frage werde in den nächsten Tagen und Wochen beantwortet werden.

"Wir müssen große Schritte machen"

Effektiv habe man ein Jahr an Entwicklungszeit verloren. Allem Frust zum Trotz hebt Toto Wolff dennoch hervor, dass Aston Martin vor einem Jahr in der Konzeptfrage am selben Punkt stand, den Reset beim Konzept zu wagen. Die steile Entwicklungskurve des Aston Martin spricht in der Tat für sich. Schlussendlich resümiert Wolff: "Um die Lücke [zu Red Bull] zu schließen, müssen wir große Schritte machen."

Ob der W14 den Ferrari bald auch außerhalb der Boxengasse hinter sich lässt?, Foto: LAT Images
Ob der W14 den Ferrari bald auch außerhalb der Boxengasse hinter sich lässt?, Foto: LAT Images

Wie lange Lewis Hamilton und George Russell auf die Updates warten müssen, ist fraglich. Jüngst bestätigte Cheftechniker Mike Elliott den Plan, bald neue Seitenkästen an den W14 zu bringen. Auch Andrew Shovlin verspricht Besserung. Im neuesten Video der "F1 Race Debrief"-Serie auf Mercedes' hauseigenem YouTube-Kanal stellt Shov "grundsätzlichere und radikalere Änderungen" in Aussicht, diese "benötigen allerdings Zeit". Man werde über die nächsten Rennen deutliche optische Veränderungen beobachten können. Ob Mercedes diese Saison noch in der Lage sein wird, Red Bull anzugreifen, ist fraglich.