Die Formel 1 setzt in den USA zum Schlussspurt an. In Austin steht mit dem 19. von 22 Rennen eine weitere Titelentscheidung bevor. Red Bull kann an einem tragischen Wochenende zum ersten Mal seit 2013 Weltmeister werden. Mit einer top Ausgangslage lauert Mercedes darauf, 2022 doch noch einen Sieg für die Galerie einzufahren. Pole-Setter Carlos Sainz und Ferrari haben nach der eigenen Durststrecke andere Pläne. Diese Schlüsselfaktoren entscheiden am Sonntag in Texas. Das ganze Rennen der Formel 1 heute in den USA gibt es hier im Liveticker.

1. - S wie Startaufstellung

Das Qualifying war ein Thriller, doch das Grid verspricht nicht nur deshalb einen actiongeladenen Grand Prix. Die für Teams und Fahrer lästigen Startplatzstrafen sorgen im letzten Drittel der Saison regelmäßig für spannende Ausgangslagen So auch in Austin, wo mit Leclerc und Perez gleich zwei Sieganwärter nicht in ihrer Position sind. Der Monegasse scheiterte im Zeittraining hauchdünn an Teamkollege Sainz und muss für den Einsatz des sechsten Motors sowie des sechsten Turboladers zehn Plätze nach hinten. Statt ihm steht Verstappen auf Startplatz zwei neben Pole-Sitter Sainz.

In Startreihe zwei lauert das Mercedes-Duo. Lewis Hamilton und George Russell profitierten von den Strafen für Leclerc und Perez. Letzterer fuhr in der Qualifikation die viertschnellste Zeit, muss wegen Motor Nummer sechs aber fünf Plätze zurück. Dadurch wird es schon ab Startreihe drei richtig wild. Lance Stroll, Lando Norris, Valtteri Bottas, Sergio Perez, Alexander Albon und Sebastian Vettel machen die Top-10 komplett.

Dahinter geht es im Mittelfeld nicht nur wegen Leclerc in Reihe sechs heiß her. Fernando Alonso kassierte ebenfalls eine Grid Penalty und greift von Startplatz 14 an. Unmittelbar hinter ihm steht Kevin Magnussen, der für seine robusten Startrunden bekannt ist. Ab Platz 16 stellen sich Daniel Ricciardo, Esteban Ocon, Mick Schumacher und Guanyu Zhou auf. Alle vier haben nach dem Samstag einiges gutzumachen.

2. - S wie Start

Die erste Kurve des Circuit of The Americas ist erfahrungsgemäß für 20 Fahrer die Extraeinladung, nach dem Start mal beim Vordermann reinzuhalten. Durch den Anstieg von 11 Prozent wird spätes Anbremsen begünstigt und nach außen hin gibt es jede Menge Platz zum Ausweichen. Von der Pole Position aus sind es nur 240 Meter bis zum Bremspunkt. Ab diesem wird es interessant. Nicht nur wegen des einladenden Charakters der Kurve.

Am Scheitelpunkt ist deutlich weniger Platz als am Eingang, wodurch es schnell zu eng für die wilde Meute werden kann. Obendrein sind die Bodenwellen dort mittlerweile jenseits von Gut und Böse. Im Qualifying eierten diverse Fahrer auf dem welligen Untergrund durch die Gegend, Dreher und wilde Quersteher inklusive. Wer hier im Startgetümmel zu gierig ist und die Linie nicht halten kann, rempelt schnell mal jemanden an.

3. - S wie Strategie

Hinter der Taktik steht in Austin ein dickes Fragezeichen. Der Freitag gab nur bedingt Aufschluss über Longruns und Reifen-Performance. Grund dafür war der von Pirelli für das zweite Training angesetzte Test. In der Session, die von den Teams normalerweise für Longruns genutzt wird, musste das gesamte Feld 90 Minuten lang Prototypen für 2023 testen. Nur die Fahrer, die ihr Auto im FP1 an einen Testfahrer abgaben, durften zur Kompensation auch Daten für das Rennwochenende sammeln.

Dazu zählte Leclerc, der im Ferrari den Medium-Reifen für das Rennen evaluierte. Alle anderen Favoriten haben Daten aus dem ersten und dem dritten Training. Pirelli hat als schnellste Strategie für die Renndistanz von 56 Runden einen Zweistopper berechnet. Ein Stint auf Medium und zwei auf dem harten Reifen sollen zum Sieg führen. Doch selbst eine Dreistopp-Strategie schließen die Italiener nicht aus. Fakt ist, dass die Teams den weichen Reifen in jedem Fall meiden werden, wie der Teufel das Weihwasser.

4. - S wie Safety Car

Die Wahrscheinlichkeit für ein Safety Car war in Austin einst relativ hoch. Im Regenchaos von 2015 rückte Bernd Mayländer gleich mehrfach aus. In den vergangenen Jahren verliefen die Grands Prix weniger turbulent, was vor allem am stabilen Wetter lag. Auch diesen Sonntag dürfte es bei strahlendem Sonnenschein in dieser Hinsicht keine Schwierigkeiten geben. Eine Neutralisierung ist trotzdem nicht ausgeschlossen. Die Autos des Jahrgangs 2022 begünstigen Zweikämpfe und wo gehobelt wird, fallen bekanntlich Späne.

5. - S wie Strecke

Der Circuit of The Americas ist einer der wenigen Kurse der Neuzeit mit einem speziellen Charakter. Die 5,513 Kilometer lange Rennstrecke wurde 2012 eröffnet und bestach von Anfang an mit ihrem abwechslungsreichen Layout. Highspeed-Passagen wechseln sich mit langsameren technischen Abschnitten sowie harten Anbremszonen ab. Die offene Fläche macht Wind zu einem entscheidenden Faktor. Die Fahrer müssen in den aerodynamisch komplexen und anfälligen Formel-1-Boliden in schnellen Kurven und bei Richtungswechsel mit den plötzlichen Böen zurechtkommen.

Eine weitere Eigenheit sind die Bodenwellen. Die Rennstrecke wurde auf einem sehr weichen Untergrund errichtet. Wassererosion hat das Asphaltband über die Jahre beeinträchtigt. Für 2022 wurde die Oberfläche in mehreren Streckenabschnitten ausgebessert. Zwischen den Kurven zwei und zehn wurde neuer Asphalt gelegt. Ebenso im Bereich von Kurve 12 bis 16. Vollständig behoben wurden die Probleme damit jedoch nicht. Mehrere Fahrer betonten schon nach den Trainings, dass Formel 1 fahren in Austin nach wie vor ein holpriger Ritt ist. Dazu kommt, dass die Autos des Jahrgangs 2022 durch die 18-Zoll-Räder deutlich steifer sind und die Bodenwellen damit schlechter als ihre Vorgänger verkraften.

6. - S wie Schlussakkord

Vor zwei Wochen tütete Max Verstappen in Japan seinen zweiten WM-Titel ein. In den USA kann Red Bull in der Konstrukteurswertung nachziehen. Der Vorsprung auf Ferrari beträgt vor dem viertletzten Saisonrennen stolze 165 Punkte. Für Red Bull ist die Entscheidung in Austin praktisch nur Formsache. Verstappen und Perez müssen lediglich 26 Punkte einfahren, egal was Ferrari macht. Für die Truppe aus Milton Keynes wäre es der ersten Titelgewinn seit 2013. Es wäre ein Erfolg mit Symbolcharakter, um Teamgründer Dietrich Mateschitz zu würdigen. Der Österreicher verstarb am Samstag im Alter von 78 Jahren.

7. - S wie Sieger

Lewis Hamilton gewann in Texas bereits fünf Mal. Nach dem Briten kommt in den Geschichtsbüchern ganz lange nichts. Mit Sebastian Vettel, Valtteri Bottas und Max Verstappen haben drei aktive Fahrer jeweils einen Triumph auf dem Konto und das war es dann auch schon fast mit der Siegerliste von COTA. Einzig der vor einem Jahr zurückgetretene Kimi Räikkönen feierte 2018 einen Erfolg in Austin. Es war der letzte Sieg des Iceman in der Königsklasse des Motorsports.

Der unangefochtene Rekordsieger auf dem Circuit of The Americas täte gut daran, seine Statistik an diesem Sonntag auszubauen. Hamilton gewann seit seinem Debüt 2007 in jeder Saison einen Grand Prix. Im 16. Jahr nicht leer auszugehen, ist vor dem Hintergrund der bisher enttäuschenden Meisterschaft das einzige Ziel. Das gilt nicht nur für den Rekordweltmeister, sondern auch für Mercedes. Das erfolgsverwöhnte Team war seit 2012 auf der Siegerstraße, doch dieses Jahr drohen die Silberpfeile leer auszugehen.