Die Formel 1 bereitet sich, kaum ist der in mehrerlei Hinsicht kontroverse Japan-GP vorbei, am Montag danach gleich auf den nächsten Brennpunkt vor. Im Laufe des Tages wird erwartet, dass die Motorsport-Weltbehörde die Ergebnisse der Finanz- und Buchprüfungen aller Teams der Saison 2021 veröffentlichen wird.
Das ist ein kritischer Prozess, denn im Vorjahr galt erstmals die Budget-Obergrenze, und in den letzten Tagen nahmen Gerüchte über Teams, die eventuell diese Obergrenze verletzt hatten, Überhand. Die Namen Red Bull und Aston Martin fielen, auch wenn beide Teams das vehement zurückwiesen. Die Konkurrenz drängt immer mehr auf Klarheit. Erst recht, weil eigentlich die Ergebnisse schon am Mittwoch davor hätten kommen sollen.
Ferrari gehört zu den lautesten Dränglern. Am Abend nach dem Japan-GP äußerte Teamchef Mattia Binotto einmal mehr seine Frustration mit dem Prozess: "Interessant zu sehen, dass es so lange braucht, bis es veröffentlicht wird. Warum dauert es so lange? Es gibt Diskussionen im Hintergrund, und das nährt einfach die Gerüchte und Spekulationen, dass Teams es womöglich übertreten haben."
Ferrari nimmt FIA in die Pflicht: Volle Transparenz & harte Strafen
"Ich denke, es bestätigt einfach, dass es Diskussionen gibt, weil etwas nicht klar ist", so Binotto im Hinblick auf die Verschiebungen. Bevor die Sache in der letzten Woche an die Öffentlichkeit getragen worden war, gab es dem Vernehmen nach auch schon Verzögerungen im Prozess.
Ferrari, wie auch Mercedes, forderten daraufhin am Rande des Singapur-GPs hartes Durchgreifen, während Red Bull sich genauso aggressiv gegen Spekulationen wehrte und schließlich sogar rechtliche Schritte gegen jene androhten, die einen Regelbruch des Teams in der Saison 2021 implizierten. In Japan hütete sich die Konkurrenz nun auch, Verdachtsmomente in Richtung eines konkreten Teams zu schüren.
"Für uns ist wichtig, dass es eine signifikante Strafe gibt, wenn ein Bruch vorhanden ist", unterstreicht Binotto Ferraris Position. "Unser Auto heute in Japan, das um den Sieg versucht hat zu kämpfen, ist ein Auto, bei dessen Entwicklung die Budget-Obergrenze respektiert wurde. Wir wissen, wie viel Performance selbst ein kleiner Verstoß bringt."
Ferrari und Mercedes sind bei diesem Thema einig: Eine Übertretung von fünf Millionen Dollar, welche noch im Rahmen eines sogenannten "Kleinen Verstoßes" liegt, kann durchaus eine halbe Sekunde bringen. Und natürlich beeinflussen Entwicklungen von 2021 auch die Folgejahre, könnten laut den Beschwerdeführern für zwei Jahre nachhaltige Vorteile bringen. Denn die Budget-Obergrenze gilt für das Kalenderjahr, und in jedem Jahr wird auch schon für die Zukunft entwickelt.
Was kommt am Montag von der FIA?
Getrieben von den Verzögerungen und Unklarheiten - die Teams selbst waren sich am letzten Mittwoch nicht einmal im Klaren, ob und wie die FIA-Berichte kommen würden - hat Binotto eine klare Vorstellung davon, was er nun sehen will: "Ich erwarte volle Transparenz und Klarheit über die Diskussionen, die es gab."
Da es das erste Mal ist, dass die Formel 1 den Prozess durchläuft, herrschen allerorts noch Unklarheiten über den Ablauf. Über das Jahr hinweg gab es Klarstellungen, der Prozess der Buchprüfung eines Formel-1-Teams ist umfangreich. Die Regeln enthalten zahlreiche Ausnahmen und Spezifizierungen, deren Umfang oft erst einmal klargestellt werden muss, und viele Teams sind nicht nur ein Formel-1-Team, sondern haben wie etwa Red Bull oder Mercedes einen Technologie-Arm, der keine F1-Projekte bearbeitet.
Wie genau die erste Verkündung der 2021er-Prüfung aussieht, da ist sich die Formel-1-Welt auch nicht sicher. Es gilt in Erinnerung zu behalten, wie das Finanzielle Reglement den Prozess definiert: Die Prüfung wird von der sogenannten "Cost Cap Administration" überwacht, aber die entscheidet nicht über Strafen. Das ist die Zuständigkeit des "Cost Cap Adjudication Panel", eines unabhängigen Richter-Gremiums.
Findet die Administration einen Verstoß, so muss der also erst an die Richter weitergeleitet werden und auch eine Anhörung abgehalten werden. An dieser Stelle gibt es ohnehin mehrere Optionen. Ein schwerer Verstoß (Übertretung von mehr als fünf Prozent) geht direkt an die Richter, bei einem kleinen Verstoß (weniger als fünf Prozent) kann das Team jedoch, wenn die Administration das als fair erachtet, die Option zu Geständnis erhalten und sich auf ein sogenanntes "Accepted Breach Agreement" einigen. Das kann Verpflichtungen zu stärkerer Überwachung, eine Verwarnung, Aero-Testbeschränkungen, Geldstrafen und eine Senkung der Grenze für das Folgejahr beinhalten.
Einziger Präzedenzfall hierfür ist Williams, welches beim Einreichen der Dokumente im April einen Fehler machte. Williams wurde am 12. April über den Bruch informiert, gestand ihn am 15. April, und am 19. Mai wurde ein "Accepted Breach Agreement" bestätigt.
Da es sich hier aber nicht um eine Übertretung der Grenze, sondern bloß um einen Formfehler handelte, ist die Vergleichbarkeit mit dem, was am Montag droht, fraglich. Es zeigt nur: Durchaus könnte es auch Tage und Wochen dauern, bis aus einem am Montag verkündeten Bruch auch eine Strafe wird.
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