Ferrari kämpft diese Saison nicht nur gegen Max Verstappen und Red Bull, sondern auch mit dem eigenen Boliden. Zwischendurch ließ die Zuverlässigkeit des Motors zu wünschen übrig, dann die Strategie-Abteilung oder Fahrfehler der Piloten. Jetzt scheint der Reifenverschleiß als Hauptproblem immer mehr in den Vordergrund zu rücken.
Ferrari vs. Reifenabbau
"Wenn man sich die letzten paar Rennen ansieht, waren wir beim Reifenverschleiß sicher nicht die Besten", gesteht Mattia Binotto nach dem Großen Preis von Italien. Monza gilt traditionell als Einstopp-Rennen bei geringem Reifenverschleiß. Genau dieser ist aber neuer Endgegner der Scuderia. Derzeit bauen ihre 18-Zoll-Reifen übermäßig schnell ab, vor allem im Vergleich zu Red Bull. Dabei konnte Charles Leclerc noch bei deren Heimrennen in Spielberg mit deutlich besserem Reifenabbau Max Verstappen auf den zweiten Platz verbannen. Aber: Das Blatt hat sich gewendet.
"Wir wussten, dass Charles eine gute Pace hatte, aber bei Max war die Abnutzung weniger stark und er war viel schneller", erklärt der Ferrari-Teamchef nach dem Rennen in Monza. Red Bull mit deutlich besserem Zustand der Reifen hatte die Oberhand. Und mit einem Max Verstappen, der nicht nur schnell ist, oder die Reifen schonen kann, sondern beides. "Das ist ein weiteres Geheimnis von Max. Er ist schnell beim Schonen", weiß Dr. Helmut Marko.
Klassenprimus Red Bull, Ferrari orientierungslos
War der F1-75 zu Beginn der Saison noch das überlegene Auto, müssen sich die Italiener nun dem österreichischen Pendant geschlagen geben. "Wir haben Probleme mit der Fahrzeug-Balance", meint Mattia Binotto. "Und das bringt in den mittelschnellen und langsamen Kurven die Reifen zum Überhitzen." Das führt zu dem hohen Reifenverschleiß. "Wir sind derzeit mit der Balance etwas auf dem Holzweg." Schuld daran soll die Weiterentwicklung des F1-75 sein. "Der Grund für die schlechte Balance waren die Aerodynamik-Updates, die haben uns in diese Lage gebracht."
Als Folge trat Carlos Sainz am Freitag im königlichen Park als Testpilot an. "Wir wissen, dass Monza nicht die ideale Strecke zum Testen ist, aber wir mussten es durchziehen", erklärt Mattia Binotto. Die Experimente waren nötig, um Daten zu sammeln, die dann in der Fabrik in Maranello hurtig bearbeitet werden. "Wir sind auf der Suche nach einer guten Erklärung, was derzeit genau vor sich geht. Zurzeit haben wir keine schlüssige Antwort." Ferrari befände sich nun im Analyse-Prozess. "Sobald wir es voll und ganz verstanden haben, werden wir das Problem lösen."
Binotto: Unmöglich, dass schnellste Auto zu schlagen
"Es ist nicht schwierig, es ist einfach unmöglich, das schnellste Auto zu schlagen", stellt Mattia Binotto klar. Red Bull habe das Auto in der Saison besser weiterentwickelt als Ferrari, die Balance durch Updates immer weiter verbessert. "Red Bull ist derzeit besser. Außer im Qualifying, da haben wir noch immer die Pace." Aber im Rennen würde der hohe Reifenverschleiß die Pace der Scuderia komprimieren. Spätestens in Spa war dem Teamchef klar: "Wir sind nicht gut genug im Managen des Reifenabbaus."
Dabei war Ferrari anfangs sehr zuversichtlich, mit der rasanten Red-Bull-Entwicklung mitzuhalten zu können. Aber: "Sie haben das Auto in Sachen Balance sehr verbessert. Vor allem im Reifenabbau, das haben wir im Gegenzug nicht geschafft", berichtet Mattia Binotto. Den genauen Grund für den enormen Performance-Sprung beim Konkurrenten wisse der Teamchef nicht: "Ich kenne nur Gerüchte, die ich im Internet gelesen habe." Spekuliert aber auf das verlorene Übergewicht. "Wenn du das in den Griff bekommst, hast du natürlich einen direkten Performance-Vorteil."
Nichts ist es geworden mit dem Sieg für Charles Leclerc im Wallfahrtsort der Ferrari-Jünger. Zu stark ist Max Verstappen in Kombination mit dem RB18. Trotzdem sucht Ferrari fieberhaft nach einer Lösung für das Reifenproblem. "Wir müssen das in den Griff bekommen", appelliert Mattia Binotto. "Wenn nicht für diese Saison, dann für die nächste!" Spätestens bis 2026, wo laut dem Ferrari-Vorsitzenden John Elkann endlich ein WM-Titel zurück nach Maranello muss.
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