Die Formel 1 hat in ihrer mehr als 70-jährigen Geschichte schon so einiges erlebt, aber F1-Piloten, die absichtlich so langsam fahren, dass sie sich nicht qualifizieren, das hatte die Königsklasse in dieser Form noch nicht gesehen. Bis zum 20. Juli des Jahres 2002. Im Qualifying zum Großen Preis von Frankreich absolvierten die beiden Arrows-Piloten, Heinz-Harald Frentzen und Enrique Bernoldi, nur einen Run mit einer 'schnellen' Runde. Das Ergebnis: Sie scheiterten an der 107%-Regel. Aber warum die ganze Farce?

Formel 1 heute vor 20 Jahren: Arrows' finanzielle Bredouille

Im Laufe der 2002er-Saison spitzte sich die finanzielle Lage von Arrows, die ohnehin schon seit längerem angespannt war, immer weiter zu. Die Cosworth-Motoren-Raten konnten nur noch gelegentlich an Ford gezahlt werden und eine Tochtergesellschaft der Deutschen Bank, die Anteilseigner des britischen Formel-1-Teams war, sperrte sich gegen einen 100-Millionen-Euro-Befreiungsschlag, der mit einem Verkauf des Teams an Red-Bull-Chef Dietrich Mateschitz gelingen hätte können.

Heinz-Harald Frentzen pilotiert seinen A23, Foto: Sutton
Heinz-Harald Frentzen pilotiert seinen A23, Foto: Sutton

In weiterer Folge drehte sich bei Arrows daher alles nur noch um Politik und Geld. An sich gesehen kein Skandal, denn natürlich müssen auch Unternehmen innerhalb des Formel-1-Kosmos darauf achten, unter allen Umständen genug Kapital zu erwirtschaften, um zumindest überlebensfähig zu bleiben. Die Art und Weise, wie das genau geschah, stand dann allerdings auf einem anderen Blatt.

Formel 1 heute vor 20 Jahren: Arrows unrühmliches Qualifying

Nachdem das Team bereits seit einiger Zeit von Geldproblemen verfolgt wurde, kam es 2002 im Rahmen des Grand Prix in Frankreich zur Qualifying-Farce: Das britische Rennteam konnte sich keinen Grand-Prix-Start mehr leisten. Die schlichte Lösung? Heinz-Harald Frentzen und sein Teamkollege Enrique Bernoldi gingen in Magny-Cours zunächst bei keinem der Freien Trainings auf die Strecke. In der Qualifikation absolvierten sie nur einen Run von drei Runden und gingen dabei auf der 'schnellen' Runde in der letzten Kurve offensichtlich vom Gas.

Ohne Bernie Ecclestones Segen ging damals so gut wie nichts, Foto: Sutton
Ohne Bernie Ecclestones Segen ging damals so gut wie nichts, Foto: Sutton

Denn: Das Team war Bernie Ecclestone gegenüber zum Start verpflichtet. Entsprechend wollte man mit einer absichtlich gescheiterten Qualifikation dafür sorgen, gar nicht erst im teuren Rennen an den Start gehen zu müssen - und trotzdem die Antrittsgelder zu kassieren. Zugeben wollte, oder besser gesagt durfte, Heinz-Harald Frentzen das nach dem Qualifying aber nicht. "Leider konnten wir uns nicht qualifizieren. Wir haben es versucht, aber mehr war nicht drin", so Frentzen zur damaligen Zeit gegenüber Premiere.

Von Formel-1-Strafzahlungen und -Rennsperren

Doch wozu das Ganze? Zunächst einmal galt schon damals, dass sich jedes Team im Vorhinein für die Teilnahme an allen Grand Prix der Saison verpflichten muss. Konnte man diese Verpflichtung nicht einhalten, war zu Frentzens Zeit eine Strafzahlung von 250.000$ pro Fahrzeug vorgesehen - für ein finanziell angeschlagenes Team eine Menge Geld. Darüber hinaus konnte man so bei Arrows aber auch sicherstellen, dass die Formel-1-Gelder weiter fließen und die entsprechenden Rechte nicht verlorengehen. Denn das hätte damals wie heute eine Konsequenz sein können, wenn ein Team seinen Verpflichtungen nicht nachkommt.

"Priorität hat, das Team wieder auf die Füße und in eine Position zu bringen, aus der wir positiv in die Zukunft blicken können. Es ist traurig, aber wir gehen heim und bereiten uns auf Hockenheim vor", kommentierte Arrows Teamchef Tom Walkinshaw sein "unkonventionelles" Vorgehen in Frankreich.

HHF wurde in seiner Zeit bei Arrows nicht glücklich, Foto: LAT Images
HHF wurde in seiner Zeit bei Arrows nicht glücklich, Foto: LAT Images

Die FIA durchschaute das falsche Spiel aber natürlich und reagierte dementsprechend. Zunächst machte ein Gerücht in den Medien die Runde, demzufolge Arrows nun trotz seines kurzen Auftritts in Magny-Cours eine Geldstrafe berappen sollte. Dieses bestätigte sich letzten Endes zwar nicht, Max Mosley und Co. hatten sich dafür aber schnell etwas anderes überlegt. Falls Walkinshaw beim folgenden Grand Prix in Deutschland das Schauspiel von Magny-Cours wiederholen sollte, würde es eine Sperre von bis zu drei Rennen setzen, so das damalige Urteil der FIA.

Das Ende der Arrows-Ära in der Formel 1

Frentzen sah das Ende von Arrows kommen und verließ das Team vorzeitig, Foto: LAT Images
Frentzen sah das Ende von Arrows kommen und verließ das Team vorzeitig, Foto: LAT Images

In Hockenheim gingen Frentzen und Bernoldi daraufhin auf P15 und P18 an den Start. Wegen eines Hydraulikproblems schied Frentzen aber bereits nach 18 Runden aus. Und 30 Runden später sollte dann auch sein Teamkollege Bernoldi einem technischen Defekt zum Opfer fallen - Motorschaden. Damit war das letzte Rennen von Arrows beendet und das Team, das bereits 1978 seinen ersten Grand Prix bestritt, war endgültig Geschichte. Heinz-Harald Frentzen sah das offenbar schon kommen. Denn nur 5 Tage nach dem Grand Prix in Hockenheim beendete er sein Engagement bei Arrows - einseitig.