Selbst die längste Mammutsaison findet irgendwann ein Ende. Das gilt auch für die F1-Saison 2005. Bevor es also mit voller Kraft in die nächste, sicherlich nicht minder lange, Saison 2006 geht, stand aber noch das große Saisonfinale in China an.

Die Lehre von den Chinesen

In China gibt es keine Chinesen. Was sich angesichts der Einwohnerzahl von 1,3 Milliarden Menschen wie eine völlig weltfremde Aussage anhört, trifft auf F1-Verhältnisse bezogen tatsächlich zu: Keiner der 24 Aktiven kommt aus dem Reich der Mitte. Somit gilt eine Woche nach dem Leitspruch "Japaner in Japan" diesmal nicht das Motto "Chinesen in China".

Die Lehre von der PK

Die offiziellen FIA-Pressekonferenzen sind normalerweise weder für spektakuläre Enthüllungen noch für große Versöhnungsakte bekannt. Schlimmsten- oder bestenfalls arten sie zu einer Art PK des Wahnsinns aus - aber nur dann, wenn in Kanada Paul Stoddart auf Ron Dennis trifft. Die Abschluss-PK in Shanghai beinhaltete ebenfalls ein Aufeinandertreffen zweier Streithähne.

Jacques sprach wieder mit Juan Pablo., Foto: Sutton
Jacques sprach wieder mit Juan Pablo., Foto: Sutton

Für Jacques Villeneuve und Juan Pablo Montoya hatte die Zusammenkunft vor versammelter Presse dennoch eine Art versöhnliche Wirkung. Schließlich hatte Montoya noch nach deren Zwischenfall in der ersten Runde in Japan betont: "Ich werde nicht mit ihm sprechen, ich habe noch bessere Dinge im Leben zu tun."

Die Lehre von der Schiebung

Wer sein Auto liebt, der schiebt. Diese uralte Weisheit ist nicht nur abgenutzt und verbraucht, sondern auch nicht immer zutreffend. Denn Jarno Trulli ist alles andere als ein großer Fan des modifizierten TF105B. Dennoch musste er ihn nach einem technischen Defekt kurz vor dem Ende des 2. Freien Trainings ganz alleine durch die Gegend schieben.

Die Lehre vom Sound

Zum letzten Mal heulten an diesem Rennwochenende die Zehnzylinder-Motoren der F1-Teams auf. Ab den anstehenden Wintertests werden dann nur noch die neuen V8-Triebwerke zum Einsatz kommen. Aus diesem Grund ist es auch verständlich, dass Honda-Mann Shuhei Nakamoto fast schon etwas nostalgisch wurde, als er den Zuschauermangel am Freitag einmal etwas anders auslegte: "Die Motoren klingen einfach großartig, wenn der Sound von den riesigen Tribünen zurückgeworfen wird."

Der Lehre vom Essen

Was habe ich da bloß gegessen?, Foto: Sutton
Was habe ich da bloß gegessen?, Foto: Sutton

Das Essen in Asien ist anders. Egal ob in Japan oder in China. Deshalb empfiehlt es sich immer genau darauf zu achten, was man verzehrt. Jenson Button wusste dies am Donnerstag nicht: "Ich weiß nicht, was man mir zu essen gegeben hat, aber es war nicht gut", nahm er seine leichte Lebensmittelvergiftung mit Humor. "Aber ich fühle mich nicht schwach und das Qualifying lief gut. Vielleicht sollte ich das an jedem Renndonnerstag machen." Dennoch sollte er beim nächsten Mal lieber wieder aufpassen, womit er seinen Hunger stillt. Am liebsten wäre ihm nach 100 sieglosen Rennen wohl ein GP-Triumph...

Die Lehre vom Ende

Mit dem RS25-E brachte Renault noch einmal eine neue Motorausbaustufe zum Saisonfinale mit. Hans-Joachim Stuck zog daraus zwei Lehren: 1. E steht für Ende. Denn mit dem Ende des China GP wurden die V10-Triebwerke in Rente geschickt. Und 2.: Der Gedanke der Kostensenkungen ist damit endgültig in die Irre geführt. Schließlich werden die Zwei-Wochenend-Motoren nicht nur nach nur einem Jahr eingemottet, sondern hat Renault auch noch einen für 700 km optimierten Motor für das Finale mitgebracht.

Die Lehre von den Fragen

19 Pressedonnerstage, 19 Trainingsfreitage, 19 Qualifyingsamstage und 19 Rennsonntage liegen hinter Michael Schumacher. Gibt es da überhaupt noch eine denkbare Frage, die ihm die Boxengassenreporter noch nicht gestellt haben? Mit genau dieser Fragestellung wurde der Ex-Champion nach dem Qualifying konfrontiert. Und siehe da: "Genau das ist die Frage, die mir noch nie gestellt wurde!"

Die Lehre vom unentschuldigten Fehlen

Munteres Fahrersuchen: Ralf, wo bist Du?, Foto: Sutton
Munteres Fahrersuchen: Ralf, wo bist Du?, Foto: Sutton

Wer zu spät zur offiziellen FIA-Pressekonferenz kommt, der muss seinen Geldbeutel zücken. Das musste in diesem Jahr unter anderem auch schon Kimi Räikkönen an der eigenen Geldbörse erfahren. Welche Strafe Bernie Ecclestone Ralf Schumacher für sein unentschuldigtes Fehlen auf dem Fahrergruppenfoto aufbrummen wird, ist hingegen noch nicht bekannt. Fest steht: Nachdem im letzten Jahr der Jaguar-Plastikesel als 21. "Fahrer" auf dem Abschlussfoto verewigt wurde, standen diesmal nur 19 Piloten vor den Objektiven der versammelten Fotografenschar.

Die Lehre vom Aufwärmen

Seit der Einführung der Parc Fermé Regel ist der Vorstart zu einer eher langweiligen Sache verkommen: Die Autos rollen so langsam es geht aus der Box direkt in die Startaufstellung. Schnelle Runden auf den freigegebenen Teilen des Kurses gibt es nicht mehr. Stattdessen gilt es die Reifen und Motoren zu schonen.

Beim Saisonfinale kam es nun aber zur spektakulärsten Situation des Jahres: Michael Schumacher und Christijan Albers kollidierten auf ihrer Out-Lap in die Startaufstellung! Da soll noch einmal jemand sagen, dass die Einführungsrunde langweilig wäre. Das Timing für diesen Vorfall hätte für Max Mosley kaum ungünstiger sein können. Vor einer Woche schlug er noch vor die Ersatzautos zu verbieten, da sie ohnehin nicht gebraucht würden...

Die Lehre vom Safety-Car

Die Randsteine standen unter besonderer Beobachtung., Foto: Sutton
Die Randsteine standen unter besonderer Beobachtung., Foto: Sutton

Nach dem Japan GP kritisierten Ralf Schumacher und sein Toyota Team den im Zeitlupentempo dahintuckernden Traktor, der den McLaren von Juan Pablo Montoya bergen sollte. Denn durch die lange Safety-Car Phase verlor Ralf eigenen Aussagen zu Folge die Chance auf ein besseres Ergebnis mit seiner Dreistoppstrategie.

In China gab es die nächste lange Safety-Car Phase nach einem Zwischenfall mit Montoya. Diesmal war eine Drainage des erst im letzten Jahr erbauten Kurses aus dem Randstein heraus gebrochen. Der F1-Welt bescherte dies Bilder von auf den Randsteinen herumtanzenden chinesischen Streckenposten.

Die Lehre vom Ex-Champion

China ist kein gutes Pflaster für Michael Schumacher. Im Debütjahr drehte er sich im Qualifying und erlebte im Rennen eine Kollision, einen Dreher und einen Reifenschaden. In diesem Jahr verlief sein Sonntag nicht viel besser: Er kollidierte mit Albers in der Einführungsrunde und warf seinen Ferrari während einer Safety-Car Phase beim Aufwärmen der Reifen weg. Die Saison 2005 endete für Michael Schumacher also sinnbildlich für das gesamte Ferrari-Jahr.

Die Lehre von den Abschieden

Die Schweizer wechseln ins weiß-blaue Lager., Foto: Sutton
Die Schweizer wechseln ins weiß-blaue Lager., Foto: Sutton

Drei Rennställe, die V10-Motoren und Michelin-Motorsportdirektor Pierre Dupasquier verabschiedeten sich in China vom F1-Zirkus. Während die Ära der Zehnzylinder ohne Motorschaden zu Ende ging, durfte Pierre Dupasquier nach der 100. Michelin-Pole auch einen weiteren Sieg sowie Titelgewinn feiern.

Nicht ganz so groß fielen die Abschiedsgeschenke für die drei Traditionsrennställe Minardi, Jordan und Sauber aus. Die Schweizer beschenkten sich noch am meisten: Platz 6 und drei WM-Zähler für Felipe Massa. Der Name Jordan verschwand hingegen mit einem kräftigen Knall aus der F1-Welt: Allerdings nicht wegen einer Spitzenplatzierung, sondern wegen eines heftigen Unfalls. Bei Minardi blieb das große Abschiedswunder, auf das viele gehofft hatten aus: Die sympathische Truppe von Paul Stoddart wurde bei ihrer Abschiedsvorstellung nur von Michael Schumacher bedacht. Darauf hätten sie aber wohl gerne verzichtet...

Die Lehre vom Paket

Auf wiedersehen 2006!, Foto: Sutton
Auf wiedersehen 2006!, Foto: Sutton

Seit dem San Marino GP in Imola wird an jeder Ecke des Fahrerlagers betont, dass der McLaren Mercedes MP4-20 das schnellste Paket der F1 sei. Er war allerdings nicht das zuverlässigste Paket, weshalb Kimi Räikkönen schon in Brasilien den Fahrer-WM-Titel verlor. Jetzt bleibt festzuhalten, dass das schnellste Paket nach der längsten F1-Saison aller Zeiten ohne WM-Titel leer ausgeht. Der Konstrukteurstitel geht also nicht zwangsläufig an das schnellste Auto und Paket.

Die Lehre vom Finale

Im Vergleich zum Japan GP war das Saisonfinale in China eine leicht langweilige Vorstellung. Erst nachdem das Feld durch die Safety-Car Phasen und Unfälle etwas durcheinander gewirbelt worden war, kam es zu einigen Duellen und Überholmanövern, wie es sie in Suzuka am laufenden Band zu sehen gab. Die große Lehre des Abschlussrennens ist demnach: Für ein spannendes Rennen, müssen nicht nur die Strecken für die Autos gebaut sein. Auch die Startreihenfolge muss durcheinander gewürfelt worden sein.