Als Gladiatoren der High-Tech-Ära sind es die Piloten, die in der Formel 1 im Rampenlicht stehen und für Schlagzeilen sorgen. Dabei sind sie immer nur so gut wie das Team, das hinter ihnen steht. Es sind die Menschen in der zweiten Reihe, die mit großem Einsatz und unter enormem Zeitdruck erst die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Performance auf der Rennstrecke schaffen.

"Ein gutes Team", sagt Alex Burns, General Manager von Williams, "ist wichtiger für den Erfolg als ein guter Fahrer." Der Hauptsitz von Williams im englischen Grove ist eine Art Vereinte Nationen der Formel 1. Über 500 Menschen aus 13 Ländern arbeiten in dem weitläufigen Komplex Tag für Tag – und nicht selten auch in der Nacht – mit großem Engagement dafür, dass Antonio Pizzonia und Mark Webber auch beim Grand Prix von China mit bestens vorbereiteten Autos an den Start gehen zu können.

Der Weltmeister und sein britisch-französisches Team., Foto: Sutton
Der Weltmeister und sein britisch-französisches Team., Foto: Sutton

Die meisten Mitarbeiter – jeweils rund ein Drittel der Gesamtbelegschaft – gehören zu den Bereichen Forschung und Entwicklung sowie zum Manufacturing, der Herstellung der einzelnen Komponenten des Autos. Beim Rennen selbst sind für das BMW Williams Team rund 90 Menschen im Einsatz – vom Lastwagenfahrer bis zum Motorenspezialisten, von der Küchenhilfe bis zum Sponsorbetreuer. Die Menschen aus der zweiten Reihe rücken meistens nur für kurze Zeit in den Blickpunkt, zum Beispiel wenn Mechaniker beim Boxenstopp das Auto im Sekundentakt abfertigen.

Doch wenn sie nach dem Saisonfinale in Shanghai die Kilometer zusammenzählen, die sie in diesem Jahr auf ihren Reisen zu den 19 Rennen auf vier Kontinenten zurückgelegt haben, wird auch bei ihnen unter dem Strich eine Zahl weit über 100.000 stehen.

Seit den Anfangsjahren der Formel 1 haben sich nicht nur die Technik und die Sicherheit rasant weiter entwickelt. Auch die Beschäftigtenzahlen der Teams gingen steil nach oben. Aus den gemütlichen Rennställen, in denen fast jeder alles konnte und Improvisationskunst in vielen Situationen gefragter war als kühles technisches Kalkül, sind mittlere Industrieunternehmen mit Millionenumsätzen und einem Heer von Spezialisten geworden. Nehmen wir als Beispiel Williams: Als das von Frank Williams gegründete Team 1980 die erste von insgesamt neun Konstrukteursweltmeisterschaften gewann und mit Alan Jones auch den Fahrertitel holte, stand gerade mal 50 Mitarbeiter auf der Gehaltsliste. Allein in den letzten sechs Jahren hat sich die Zahl der Beschäftigten verdoppelt.

Das Williams Team im Jahr 1994., Foto: Sutton
Das Williams Team im Jahr 1994., Foto: Sutton

"Die Formel 1 ist ein sehr attraktives Aufgabengebiet für junge und ehrgeizige Ingenieure", sagt Alex Burns, General Manager bei Williams, "weil sie in einem überschaubaren Umfeld mit den neuesten Technologien und an der Entwicklung dieser Technologien arbeiten können. Das ist genau die Herausforderung, die diese Leute suchen."

Trotz der Größe von Williams ist es auch für einen auf ein bestimmtes Gebiet spezialisierten Ingenieur immer noch möglich, das komplette Auto zu verstehen. Genau das macht für Alex Burns den Unterschied aus etwa zu einem großen Automobilhersteller oder einem Flugzeughersteller: "Bei uns können sie hautnah miterleben, wie die einzelnen Teile zu einem Ganzen zusammenwachsen und welchen Beitrag das von ihnen entwickelte Teil zum Erfolg des Projekts leistet."

Um den steigenden Bedarf an guten Ingenieuren zu decken, arbeitet Williams eng mit den technischen Fakultäten der Universitäten von Oxford und Cranford zusammen. Auch nach Cambridge existieren gute Verbindungen. Die Saison 2005 mit 19 Großen Preisen, darunter sechs Back-to-Back-Rennen an jeweils zwei aufeinander folgenden Wochenenden, bedeutete für die Mitarbeiter eine extreme Belastung. Auch für die Spezialisten in der Fabrik, wo die Autos in kürzester Zeit gewartet und für das nächste Rennen umgebaut werden mussten.

Die Vereinten Teams der F1 im Jahr 2000., Foto: Sutton
Die Vereinten Teams der F1 im Jahr 2000., Foto: Sutton

Die Leute der Einsatzteams hatten dazu als Vielflieger noch den Reisestress zu den Rennen auf vier Kontinenten mit unterschiedlichen Zeitzonen. Auch das ging an die Substanz. Dürfen sie zur Belohnung wenigstens ihre das Jahr über gesammelten Bonusmeilen privat abfliegen? "Natürlich dürfen sie das", sagt Alex Burns und schmunzelt. "Aber wann sollen sie das machen? Sie haben keine Zeit dazu."

Wussten Sie schon...

... dass noch nie in der Formel-1-Geschichte 19 Rennen gefahren wurden wie in dieser Saison? Die wenigsten Großen Preise wurden in den Jahren 1950 und 1955 ausgetragen, als jeweils nur sieben Rennen zur Weltmeisterschaft zählten. Auch die Abstände zwischen den einzelnen Rennen waren teilweise sehr viel größer, so zum Beispiel 1955, als zwischen dem Saisonauftakt in Argentinien und dem zweiten Rennen in Monaco nicht weniger als 18 Wochen vergingen.