In einem von einem Drohnen-Angriff auf eine Strecken-nahe Anlage des saudischen Ölgiganten Aramco überschatteten und verspäteten zweiten Freien Training zum Großen Preis von Saudi-Arabien 2022 hat sich Ferrari-Pilot Charles Leclerc, wie schon im FP1, die nächste Bestzeit des Formel-1-Wochenendes in Jeddah gesichert. Mit Crashs sowohl von Leclerc als auch Teamkollege Carlos Sainz ruinierte sich die Scuderia allerdings ihre Longruns. Max Verstappen landete mit diesmal nur noch eine Nummer härteren Reifen auf dem zweiten Platz.

Das Training wurde mit 15-minütiger Verspätung gestartet. Hintergrund war eine erst kurz vor Session-Start einberufene Versammlung aller Fahrer und Teams mit dem kommerziellen Rechteinhaber. Dort informierte F1-Chef Stefano Domenicali die Anwesenden über nähere Hintergründe eines während des ersten Trainings auf eine Aramco-Anlage verübten Angriffs. Diese befindet sich nur wenige Kilometer entfernt von der Strecke, nahe des örtlichen Flughafens.

Raketenangriff in Saudi-Arabien: Droht Formel-1-Rennen die Absage?

Während des ersten Trainings hatte die Explosion des Raketeneinschlags eine hohe Rauchsäule nach sich gezogen, die noch vom Streckengelände gut zu sehen und zu riechen war. Kurz vor dem Start des zweiten Trainings veröffentlichten die jemenitischen Huthi-Rebellen ein Bekennerschreiben. Wenig später kam es zur großen Versammlung der Formel 1. Dort teilte Domenicali den Teams eine Versicherung der saudischen Behörden mit, Sicherheit genieße oberste Priorität, das Wochenende könne dank der Sicherheitsvorkehrungen weiter wie geplant durchgezogen werden. Ein ähnliches Statement folgte wenig später direkt vom zuständigen Rennpromoter.

Gemeinsam entschied man sich bei dem Meeting dafür, zunächst das zweite Training abzuhalten und dann in einem weiteren, längeren Meeting am Abend das weitere Verfahren und eine mögliche Absage des Wochenendes zu besprechen. "Es wird erklärt werden, wie es dazu kommen konnte und inwieweit die Sicherheit garantiert werden kann, um weder Fahrer noch Publikum zu gefährden", erklärte Red Bulls Dr. Helmut Marko bei ServusTV.

Das Ergebnis: Mit einer 1:30.074 Minuten auf weichen Reifen sicherte sich Leclerc seine zweite Bestzeit des Tages. Verstappen folgte dem Monegassen allerdings erneut dicht. 0,140 Sekunden fehlten dem Niederländer auf den Ferrari - dabei setzte Verstappen allerdings nur die Medium-Reifen ein. Pirelli beziffert das Delta zwischen den Mischungen auf 0,3 bis 0,4 Sekunden. Bereinigt würde Verstappen also vorne liegen.

Hinter den Duellanten des Saisonstarts in Bahrain folgte mit Carlos Sainz vor Sergio Perez das nächste Duo von Ferrari und Red Bull. Sainz fehlten zweieinhalb Zehntel auf die Bestzeit seines Teamkollegen, Perez nahezu drei. Sowohl der Spanier als auch der Mexikaner fuhren ihre Zeiten wie Verstappen auf dem mittelharten Reifen.

Das Verfolgerfeld zog für seine schnellen Runden geschlossen Soft auf - mit Ausnahme Daniel Ricciardos auf P15 und Kevin Magnussens auf P20. Angeführt wurde dieses Feld von Lewis Hamilton und George Russell. Den Mercedes-Piloten fehlten bereits vier respektive sechs Zehntelsekunden. Lando Norris, Esteban Ocon, Valtteri Bottas und Yuki Tsunoda komplettierten die Top-10. Mick Schumacher landete auf P13, deutlich vor Teamkollege Magnussen. Der Däne verpasste wegen technischer Probleme an seinem Haas allerdings erneut den Großteil der Session. Nico Hülkenberg wurde 16., zweieinhalb Zehntel fehlten auf Stammkraft Lance Stroll.

Zwischenfälle: Mit einer Unsafe Release von Alpines Esteban Ocon in die Spur von Lando Norris eröffnete das Training gleich eine erste haarige Szene. Darauf folgten zahlreiche Jeddah-übliche Momente als sich diverse Fahrer in den unzähligen blinden Kurven gegenseitig im Weg standen. Glimpflich ging jedoch alles aus. Wie schon im ersten Training hörte man vor allem von Mercedes und Ferrari große Klagen über einen extremen Bouncing-Effekt. Wenig später klagte Hamilton zusätzlich über schlechte Sicht. Mercedes montierte daraufhin den etwas höheren Ersatzsitz in den W13.

Formel 1 Jeddah: Magnussen-Haas erneut defekt

Mitte der Session meldete Kevin Magnussen plötzlich einen Leistungsverlust an seinem Haas. Das Team beruhigte nach kurzer Prüfung, alles sei in Ordnung. In Kurve 13 kam der Däne dann allerdings doch urplötzlich zum Stehen. Die Rennleitung aktivierte das virtuelle Safety Car. Nach nur zwei Minuten ging die Session bereits weiter, Magnussen hatte geschickt an einer Bergungstasche in den Leitschienen geparkt. Nach 13 Runden war für Magnussen die nächste Session frühzeitig beendet. Nach einem Hydraulik-Leck hatte der Däne schon im ersten Training auf dem für ihn noch unbekannten Jeddah Corniche Circuit sogar nur zwei Runden drehen können.

Ferrari-Piloten crashen im Training: Keine Longruns

Kaum war die Session wieder freigegeben, touchierte plötzlich Carlos Sainz in der überhöhten Kurve 13 außen die Streckenbegrenzung. Nur Minuten später erwischte es auch den zweiten Ferrari. Charles Leclerc war in der schnellen Kurve 4 beim Einlenken innen an die Barriere gekommen und beschädigte sich offenbar die Radaufhängung. "Ich muss reinkommen, mein Auto ist kaputt", funkte der Monegasse. Die Rückkehr in die Boxengassen erfolgte im absoluten Schleichtempo wegen einer gebrochenen Spurstange. Damit waren die Longruns der Scuderia ruiniert, keiner der beiden Ferrari-Piloten kehrte nochmal auf die Strecke zurück.

Kurz vor Schluss der nächste Defekt. Yuki Tsunodas AlphaTauri rollte in Kurve fünf aus und sorgte so für ein Sessionende unter gelber Flagge. Offenbar ein Defekt. Das Team wies den Japaner an, abzustellen. Einen Einschlag fingen die Kameras nicht ein.

Das Wetter: Das einzige bei Nacht und damit auch einzig repräsentative Training für die Bedingungen im Qualifying und Rennen startete mit Außentemperaturen von rund 21 Grad Celsius. Auf dem Asphalt wurden zu Beginn der Session 24 Grad gemessen und damit vier weniger als noch bei Sonne im ersten Training. Erst gegen Ende der Session fiel das Quecksilber auf 23 Grad. Erneut sorgten kräftiger Wind und letzter Sand auf der Strecke für knifflige Bedingungen.