Formel-1-Weltmeister Lewis Hamilton äußerte sich im Rahmen der Mercedes-Präsentation des neuen F1 W12 E Performance erstmals seit der damaligen Presseaussendung des Teams zu seinem nur um ein Jahr verlängerten Vertrag mit den Silberpfeilen. Im Live-Stream wurde der Brite dabei sehr deutlich und ließ durchaus beachtenswerte Aussagen vom Stapel.

Seine oberste Priorität liege auf dem Kampf gegen Rassismus und seinem Einsatz für mehr Gleichberechtigung und Inklusion, so Hamilton. Erst danach nannte der siebenmalige und amtierende Weltmeister die neuerliche Mission WM-Titel in der Formel-1-Saison 2021. Damit nicht genug. Einer Begründung für die diesmal so kurze Laufzeit seines Vertrags und die Möglichkeit, noch einmal zu verlängern, ließ der Weltmeister mit „wenn wir müssen“ einen interessanten, fast schon gequält klingenden, Nachsatz folgen.

Lewis Hamilton: Anti-Rassismus-Kampf geht vor

Die Kombination dieser beiden Aussagen ließ sich so manchen Zuhörer und Zuschauer fragen, wie es um die Begeisterung und das Engagement des Rekordsiegers der Formel 1 für die Königsklasse schon 2021 noch bestellt ist. Zumindest sah sich kurz nach dem Live-Stream Hamiltons direkter Vorgesetzter, Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff, in einer Medienrunde mit dahingehenden Nachfragen konfrontiert.

Bedenken bezüglich der Motivation Hamiltons lässt der Österreicher nicht im Ansatz gelten. „An seinem Engagement besteht kein Zweifel. Zuerst einmal hat er sehr viel Spaß am Rennfahren, wir arbeiten gerne zusammen und haben viel darüber gesprochen“, antwortete Wolff. Ganz im Gegenteil. Der Mercedes-Rennleiter erwartet, dass Hamilton sogar über 2021 hinaus weiterfahren wird.

Toto Wolff: Kein Zweifel an Hamiltons Einsatz

Wolff: „Ich glaube, dass die Wahrscheinlichkeit groß ist, dass Lewis weitermachen möchte, weil ihm die Fahrerei Spaß macht, er einfach so sehr ins Team eingebunden ist und diese Motivation nach wie vor herrscht.“ Dass könne sich allerdings noch während der Saison ändern, relativiert der Österreicher. „Und diese Flexibilität [den nur auf ein Jahr laufenden Arbeitsvertrag] will er sich einfach erhalten.“

Formel 1: Warum hat Hamilton nur für 1 Jahr verlängert? (13:26 Min.)

Das sei auch völlig in Ordnung, so Wolff. „Es ist nur gerechtfertigt für einen Fahrer, der sieben WM-Titel gewonnen hat, dass er sich selbst die Flexibilität einräumt, zu entscheiden, was er in Zukunft machen will. Ob es Racing ist oder außerhalb davon liegt“, sagte der Wiener.

Mercedes und Hamilton: Gespräche über F1-Zukunft 2021 früher

Ausschließlich nur noch Letzteres erwartet Wolff also nicht. Konkretisieren will der 49-Jährige das mit Hamilton nun so schnell es nur geht. „Trotzdem haben wir entschieden, dass wir das relativ früh miteinander besprechen wollen. Nämlich sehr bald. Um herauszufinden, was wir uns gegenseitig von der Zukunft vorstellen. Er einerseits und wir andererseits als Team“, sagte Wolff.

Lewis Hamilton sah sich kurz darauf ebenfalls mit dem Thema konfrontiert - oder besser gesagt mit seinen eigenen Aussagen nur gut eine Stunde zuvor. „Ich liebe noch immer, was ich tue“, versicherte Hamilton sofort auf Nachfragen zu seinem Antrieb in Sachen Formel 1.

Hamilton stellt Aussage klar: Liebe die Formel 1 noch immer

„Wenn wir nochmal darauf kommen, was ich eben gesagt habe, dann meint ich einfach nur, dass ich in der glücklichen Position bin, dass ich mich nicht für mehrere Jahre verpflichten muss. Deshalb habe ich mich für einen Einjahresvertrag entschieden, sodass ich sehen kann, wie das Jahr läuft. Das bedeutet aber nicht, dass ich nicht engagiert bin. Ich bin dem Sport noch immer sehr verschrieben“, betonte der Weltmeister.

Gemeint habe er einzig und allein, dass das Thema Diversität nur wegen großer öffentlicher Wahrnehmung im Vorjahr noch längst nicht erledigt und alle Probleme gelöst seien. „Es bleibt bis heute ein Problem und wird sich nicht über Nacht verändern“, sagte Hamilton. „Es ist einfach wirklich wichtig, dass wir jetzt sicherstellen, auch tatsächlich zur Tat zu schreiten.“

Lewis Hamilton fordert Taten statt Worte

Für Hamiltons Aktivitäten neben der Formel 1 zeigt Wolff volles Verständnis, sogar Unterstützung. „Er liegt absolut richtig. Die Zeiten verändern sich, es gibt neue Prioritäten für uns alle, wenn es um unsere Gesundheit geht und die Art, wie wir leben. Er ist sehr leidenschaftlich, wenn es um seine Initiativen gegen Rassismus und Ungleichheit geht“, sagte Wolff.

Auch 2021 unterstützt Mercedes Lewis Hamilton im Kampf gegen Rassismus mit einer schwarzen Grundfarbe, Foto: Mercedes
Auch 2021 unterstützt Mercedes Lewis Hamilton im Kampf gegen Rassismus mit einer schwarzen Grundfarbe, Foto: Mercedes

Ohnehin hatte Mercedes durch eine gemeinsame Kommission mit Hamilton die schon im vergangenen Jahr angestoßene Unterstützung, allem voran durch die Umlackierung des Silberpfeils in schwarze Farbe, 2021 bereits erweitert. „Ich bin da richtig stolz auf mein Team“, lobt Hamilton. „Ich sehe sie bereits Schritte unternehmen, die wir vergangenes Jahr vorbereitet hatten. Wir sehen Stück für Stück diesen Fortschritt und es braucht jetzt einfach einen Schritt nach dem anderen.“

Ant-Rassismus-Kampf treibt Hamilton an

Deshalb habe er von Hauptpriorität gesprochen. „Das ist dieses Jahr auch meine Antriebskraft“, erklärte Hamilton. Die Formel 1 soll dennoch keine Nebensache werden. „Noch dazu kann ich hoffentlich ein paar gute Performances zeigen“, sagte Hamilton. Seine Verpflichtung gegenüber den Mitarbeitenden bei Mercedes hatte der Brite ohnehin schon zuvor im Live-Stream nicht vergessen.

Doch was bedeutet das alles nun für Hamiltons Zukunft ab 2022, nicht nur sein Vorhaben in der kommenden Saison? Was treibt Hamilton rein sportlich gesehen an, noch einmal zu verlängern? Hört er einfach auf, sobald er Michael Schumachers sieben WM-Titel sogar übertrumpft hat? Nein. Hamilton: „Ich habe für mich eine wirklich wichtige Entscheidung getroffen, die besagt, dass ich das nicht als entscheidenden Faktor will.“

Lewis Hamilton: Fahre aus Liebe, nicht für Rekorde

Stattdessen gehe es nur um einen Aspekt: die Liebe zum Rennsport, ganz wie Wolff schon sagte. „Ich habe mit dem Racing angefangen, weil ich Racing geliebt habe - und ich denke, dass das immer im Zentrum von allem stehen muss, was ich tue“, schilderte Hamilton. „Wenn ich das Racing nicht mehr liebe und du nur noch auf Auszeichnungen und WM-Titel aus bist, dann könnte ich vielleicht von meinem Weg abkommen. Natürlich ist das der große Traum, aber es wird nicht der entscheidende Faktor dafür, ob ich bleibe und weitermache.“

Lewis Hamilton hat noch Bock auf Racing, Foto: Mercedes
Lewis Hamilton hat noch Bock auf Racing, Foto: Mercedes

Sehr viel mehr müsse es ihm noch immer ein Lächeln aufs Gesicht zaubern, sobald er den Helm aufsetze und aus der Garage fahre. Noch sei das der Fall. „Auch wenn es vergangenes Jahr für alle, mich eingeschlossen, echt hart war, gab es noch immer wirkungsvolle Momente. Wird das dieses Jahr der Fall sehen. Werden wir sehen. Werde ich es noch genauso sehr genießen. Werden wir sehen. Jetzt bin ich aufgekratzt, also bin ich sicher, dass ich es werde.“

Toto Wolff: Macht Hamilton weiter, fährt er Mercedes

Die Regelrevolution in der Formel 1 ab der kommenden Saison 2022 soll unterdessen keine Rolle für Hamiltons Entscheidung spielen. Nur, weil ein großer Umbruch kommt, muss sich auch von Mercedes-Seite nichts ändern. „Stabilität ist in jedem Team der Schlüssel“, sagt Toto Wolff. „Fakt ist: Wenn Lewis [generell] weiterfährt, wollen wir das zusammen machen.“

Heißt: Der Ball liegt klar im Feld des Briten, wobei Hamilton und Mercedes für Wolff ohnehin selbst eine Einheit bilden. „Die Symbiose, die wir in unserer Beziehung haben ist, dass wir ein gemeinsames Verständnis davon haben, was wir in Zukunft machen wollen. Das wird auch weiterhin in allen Gesprächen mit Lewis Bestand haben“, sagte Wolff.

Verstappen-Gerüchte? Wolff: Wir flirten nicht fremd

Hamilton ist dementsprechend ganz klar Ansprechpartner Nummer eins. Zuerst, dieses Wort betonte Wolff deutlich, spreche Mercedes immer mit den aktuellen Fahrern, das gelte auch für Valtteri Bottas. Für Hamilton nur umso mehr. Wolff: „Die bloße Tatsache, dass wir in der Vergangenheit zusammen so viel Erfolg hatten und eine Beziehung des Vertrauens zwischen uns herrscht, bedeutet, dass alle Gespräche, die wir zum Thema 2022 und Zukunft haben werden, zuerst mit ihm stattfinden.“

Ein Max Verstappen sei zwar ganz sicher ein herausragender Fahrer. „Den wird in Zukunft jeder auf dem Radar haben“, so Wolff in Reaktion auf jüngste Aussagen des Red-Bull-Teamchefs Christian Horner, sein Pilot stehe ganz sicher auch bei Mercedes ganz oben auf der Liste. „Aber wir flirten nicht fremd, bevor wir kein klares Bild davon haben, was unsere beiden Fahrer anbelangt“, betont Wolff.