Die Formel-1-WM 2020 tendiert stark zur Ein-Mann-Vorstellung. Lewis Hamilton führt mit 205 Punkten, sein Mercedes-Teamkollege Valtteri Bottas konnte hingegen bis jetzt nur zwei Rennen gewinnen und liegt mit 161 Punkten abgeschlagen auf dem zweiten Rang.

Obwohl Mercedes es sich mit ihrem Vorsprung ohne weiteres leisten kann, die Fahrer gegeneinander fahren zu lassen, behält der (noch) sechsfache Meister Hamilton an den meisten Rennwochenenden klar die Oberhand. Kritiker wie Red-Bull-Teamchef Christian Horner bemängeln Bevorteilung. Gegen solche Vorwürfe wehrt sich Mercedes entschieden.

Horner-Kritik: Mercedes lässt Bottas nicht los

"Das Problem ist: Alles ist auf Lewis eingestellt, in dieser rekordbrechenden, oder rekordeinstellenden Saison", so Horner. "Die Realität für Valtteri ist, dass er keine Chance hat, sofern er sich nicht vorne qualifiziert. Das sieht man an der Strategie, beim Positionieren der Autos und so weiter. Warum haben sie beispielsweise nicht Bottas auf eine Zweistopp umgestellt, in Spa? Das hätte ihm die Chance gegeben, das Rennen zu gewinnen."

Beim Belgien-GP in Spa waren Hamilton und Bottas in dieser Reihenfolge wie so oft beim Start vorne weggefahren. Eine planmäßige Einstopp-Strategie wurde zum Risiko, denn beide Autos stoppten aufgrund einer Safety-Car-Phase schon in Runde elf von 44. Beinahe wären sie mit der Einstopp-Strategie nicht durchgekommen. Hätte Bottas spät noch einmal gestoppt, dann hätte er womöglich Hamilton auf frischen Reifen einholen können.

Mercedes wehrt Strategie-Kritiker ab

Das trug sich auch noch an einem Tag zu, an dem sich Bottas am Funk darüber beschwerte, dass er den Überhol-Modus seines Mercedes nicht nutzen durfte, um die Lücke zu Hamilton gleich nach dem Start wieder zuzufahren. Wenngleich Mercedes nach dem Rennen klarstellte: Die Vereinbarung galt für beide Fahrer. Kein Rennen untereinander, solange der Red Bull von Max Verstappen hinter ihnen noch eine Bedrohung darstellte.

Mercedes-Teamchef Toto Wolff lässt die Kritik daher kalt, er stellte das sogar gegenüber Horner persönlich klar: "Und ich habe gesagt: Hätten wir gewusst, dass eine Zweistopp schneller ist, hätten wir Lewis ebenfalls gestoppt."

"Es gibt kein Priorisieren eines Fahrers verglichen mit dem anderen", beschwört Wolff. "Wir spielen immer komplett offen, transparent und fair, und so werden wir auch weitermachen." Mercedes hält ihren Prinzipien bis jetzt die Treue: So dürfen die Fahrer abwechselnd von Wochenende zu Wochenende wählen, wer als erster die Garage im Qualifying verlassen darf. Im Rennen hat wie üblich der Führende das Vorrecht.

Mehrmals zog Valtteri Bottas 2020 beim Start schon den Kürzeren, Foto: LAT Images
Mehrmals zog Valtteri Bottas 2020 beim Start schon den Kürzeren, Foto: LAT Images

Im Zweifel daher für Hamilton, möchte man sagen. Denn der Brite beherrscht Bottas bislang sowohl im Qualifying als auch im Rennen. Das strategische Vorrecht erkämpft er sich bei den meisten Rennen selbst. Bottas, der im Qualifying-Duell 8:2 zurückliegt, und dieses Jahr mehrmals mit schlechten Starts auf sich aufmerksam macht, muss sich gemäß teaminterner Regeln hinten anstellen.

Solange Max Verstappen direkt hinter ihnen lauert, dürfen die Mercedes-Strategen außerdem keinen internen Krieg erlauben. So groß ist die Lücke auch nicht - wenn sich die Fahrer mit aggressiven Strategien untereinander bekämpfen, ist das die große Chance für die Konkurrenz. Daher bleibt man lieber bei konservativen Plänen für beide Fahrer.