Der Zweite ist der erste Verlierer: Nirgends passt dieser Spruch besser als in der Formel 1. Vor allem auf Lewis Hamilton und Mercedes trifft das zu: Die Paarung aus dem sechsfachen Fahrerweltmeister und dem seit 2014 dominanten Rennstall ist in der Saison 2020 so haushoch überlegen, dass sich Hamiltons zweiter Platz beim Jubiläums GP in Silverstone wie eine bittere Niederlage anfühlte.
Weil diesmal nicht Teamkollege Valtteri Bottas, sondern Max Verstappen im Red Bull siegte, gab es im fünften Rennen des Jahres den ersten Nicht-Mercedes-Sieg. Hamilton führte die Niederlage auf die Reifen zurück: "Es war eine massive Herausforderung. Dass wir hier so hardcore Blistering hatten, kam völlig unerwartet."
Von Platz zwei gestartet folgte Hamilton im ersten Stint Pole-Setter Bottas, der Startplatz eins in die Führung umwandelte. Doch schnell wurde klar: Während die Mercedes-Piloten mit ihren Medium-Pneus Probleme bekamen, konnte Verstappen den Vorteil seiner harten Reifen ausspielen und die schwarzen Silberpfeile sogar unter Druck setzen.
Folglich mussten Bottas und Hamilton schon in den Runden 13 und 14 zum Reifenwechsel kommen, während Verstappen die Spitze übernahm. "Aber auch auf den harten Reifen hatten wir Blistering", schimpfte Hamilton.
Pirelli reagiert auf Reifenschäden: Schlecht für Mercedes
Noch vor einer Woche hatte Mercedes bis zu den Reifenschäden auf ebenjener Strecke dominiert, nun musste man sich geschlagen geben. Doch was war anders? Pirelli brachte an diesem Wochenende weichere Reifen mit nach Silverstone, das Rennen wurde für fast das gesamte Feld zum Zweistopper.
Für Hamilton dennoch eine gute Sache. "Einstopp ist scheiße", verdeutlicht der Brite. "Weichere Reifen sind besser für Racing, dadurch wird es aufregender." Hamilton glaubt nicht, dass Mercedes die weichen Reifen so aus der Bahn warfen. "Nach den Reifenschäden hat Pirelli die Drücke noch einmal angehoben", schimpft er.
"Es sind die höchsten Drücke, die wir je hatten, der Reifen ist wie ein Ballon", so Hamilton weiter. Tatsächlich hob Pirelli zwischen den Rennen die ohnehin schon hohen Reifendrücke noch einmal an. An der Vorderachse um 2 PSI auf 27,0 PSI, an der Hinterachse um 1 PSI auf 22,0 PSI.
Dadurch wird der Reifen steifer, muss weniger Walkarbeit leisten. Die Konstruktion des Reifen wird somit geschont, doch die Auflagefläche des Gummis wird geringer. Stellenweise kommt es so zur stärkerer Belastung und Überhitzung. Bei Mercedes offenbar ganz extrem.
Hamilton: Müssen etwas falsch gemacht haben
"Irgendetwas müssen wir falsch gemacht haben", schlussfolgert Hamilton. Am Freitag im Longrun zeigten sich die Probleme allerdings noch nicht - als die gleichen Vorschriften galten. "Am Auto haben wir seither nichts umgebaut", wundert sich der WM-Leader.
Trotz aller Probleme hatte Hamilton noch immer Chancen auf den Sieg: Weil Verstappens Mittelstint auf den Medium-Reifen nur sechs Runden dauerte, führte Hamilton das Rennen plötzlich an. Doch Hamilton musste noch einen Boxenstopp absolvieren, weil er bereits in Runde 14 auf die harten Reifen gewechselt war.
Elf Runden vor Rennende holt Mercedes Hamilton zu seinem zweiten Stopp. Zu diesem Zeitpunkt lag er noch immer in Führung und hatte sogar noch knapp 10 Sekunden Vorsprung. Hat es den letzten Stopp gebraucht?
"Ich habe versucht, mit einem Stopp durchzukommen", verrät der 35-Jährige. "Aber ich hatte zu starke Vibrationen und ich wusste nicht, ob der Reifen hält. Wenn ein Hinterreifen kaputt geht, wäre es das Ende gewesen. Deshalb war es eine gute Entscheidung vom Team. Und die Rundenzeiten von Max hätte ich am Ende nicht mehr mitgehen können."
Nach seinem zweiten Stopp fiel Hamilton wieder hinter Bottas und sogar hinter Leclerc auf Rang vier zurück. Die Aufholjagd auf Verstappen, die zunächst mit zwei Sekunden pro Runde begann, endete schnell, als Hamilton sogar ein wenig brauchte, um an Leclerc vorbeizugehen. "Selbst auf dem Reifen habe ich noch Blistering bekommen", ärgerte sich Hamilton.
Mercedes in Barcelona wieder mit Problemen?
Für Leclerc reichte es trotzdem locker und auch an Bottas konnte Hamilton am Ende noch vorbeiziehen. Verstappen aber war nicht mehr drinnen. Nachdem Mercedes die ersten vier Rennen unantastbar war, kam die Red-Bull-Abwechslung sogar Hamilton gelegen: "Ich will Herausforderungen wie diese haben. Aber wir müssen ein Auge auf sie werfen und konzentriert bleiben."
Die nächste Herausforderung könnte es schon in einer Woche geben. Dann steht der Spanien GP in Barcelona auf dem Programm. Mit härteren Reifen, aber ähnlich hohen Temperaturen. "Da erwarte ich ähnliche Probleme wie hier und heute", fürchtet Hamilton. "Auch mit den härteren Reifen wird das eine echte Herausforderung."
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