Die Formel 1 feiert 2020 mit dem Grand Prix zum 70. Jubiläum einen runden Geburtstag. Der erste Grand Prix am 13. Mai 1950 in Silverstone begründete den Mythos der Königsklasse auf vier Rädern. Legendäre Piloten, Teamchefs und Konstrukteure gingen in die Geschichte ein, genauso wie ihre spektakulären Rennen, Manöver und Boliden. Wir werfen in der Jubiläumswoche einen Blick zurück auf 70 Jahre Formel 1.

In Teil drei werfen wir einen Blick auf die größten Meisterwerke aus fast 70 Jahren Ingenieursgeschichte in der Formel 1. Die Königsklasse definierte sich stets über die bahnbrechenden bis wahnsinnigen Innovationen, mit denen die Konstrukteure von Anfang an versuchten die schnellsten Autos der Welt noch schneller zu machen. Bis heute geht die Suche nach mehr Grip unvermindert weiter.

Maserati 250F

Die Anfänge der Formel 1 wurden von den Italienern dominiert. Alfa Romeo, Ferrari und Maserati hatten 1950er Jahre bis auf wenige Ausnahmen fest im Griff. Eines der legendärsten Autos dieser Ära ist der Maserati 250F.

Juan Manuel Fangio gewann mit dem Maserati 250F zwei WM-Titel, Foto: Sutton
Juan Manuel Fangio gewann mit dem Maserati 250F zwei WM-Titel, Foto: Sutton

Im Zuge der 2.5-Liter-Formel eingeführt, wurde der Bolide von 1954 bis 1960 eingesetzt, zunächst angetrieben von einem Reihensechszylinder, ab 1957 dann von einem V12. Der 240 PS starke und bis zu 290 km/h schnelle Bolide brachte Juan Manuel Fangio 1954 und 1957 den WM-Titel ein.

Lotus 49

Ferrari, Maserati & Co. sahen sich Ende der 1950er Jahre mit einer neuen Herausforderung. Aus Großbritannien machten sich einige von den Italienern abfällig als Garagistas bezeichnete Konstrukteure auf den Weg, die Formel 1 zu erobern. Lotus kristallisierte sich in den frühen 1960er Jahren als Endgegner für die Konkurrenz heraus.

Der Lotus 49 war schnell und am absoluten Limit der Technik konstruiert, Foto: Sutton
Der Lotus 49 war schnell und am absoluten Limit der Technik konstruiert, Foto: Sutton

Mit der 1967 eingeführten 3-Liter-Formel lieferte Designgenie Colin Chapman sein nächstes Meisterstück ab. Der Lotus 49 war mit dem innovativen Cosworth DFV im Heck eine absolute Macht. Bis 1968 und 1970 gewann er jeweils den Konstrukteurs- sowie Fahrer-Titel. Zunächst mit Graham Hill, dann mit Jochen Rindt.

Ferrari 312T

Die schnellen britischen Autos hatten zur Folge, dass in den späten 1960er Jahren nur noch Ferrari die Fahne Italiens in der Formel 1 hochhielt. Die Scuderia beugte sich Lotus, BRM & Co. nicht, doch die glorreichen Tage waren längst Vergangenheit. Den Umbruch brachte 1974 der Ferrari 312T. Er löste den in die Jahre gekommenen 312 ab.

Niki Lauda führte Ferrari mit dem 312T zurück an die Spitze, Foto: Sutton
Niki Lauda führte Ferrari mit dem 312T zurück an die Spitze, Foto: Sutton

Der von Mauro Foghieri designte Bolide war eine komplette Neuentwicklung. Der flachliegende Zwölfzylinder übertrug seine Kraft an die Hinterräder über ein querliegendes Getriebe. Das Konzept ging auf. Bis 1980 gewann Ferrari mit dem 312T vier Konstrukteurs- und drei Fahrer-Weltmeisterschaften.

Lotus 79

Nachdem die Aerodynamik Ende der 1960er Jahre Einzug gehalten hatte, veränderte sich das Bild der Formel 1 radikal. Ein Umstand, der vor allem dem außergewöhnliche Mastermind Colin Chapmans entgegenkam. Der Lotus-Gründer war immer am Puls der Zeit und brachte Ende der 1970er eine weitere bahnbrechende Innovation auf die Rennstrecke: Den Ground-Effect.

Der Lotus 79 war seiner Zeit weit voraus, Foto: Sutton
Der Lotus 79 war seiner Zeit weit voraus, Foto: Sutton

Beim Lotus 79 wollte Chapman nicht nur über die Flügel Anpressdruck generieren. Der Brite suchte nach anderen Wegen und wurde beim Luftstrom unter dem Auto fündig. Der Unterboden wurde mit Hilfe von Schürzen so designt, dass ein Unterdruck erzeugt wurde der das Auto auf die Straße saugte. 1978 wurde Mario Andretti auf Anhieb dominant Weltmeister. Die Konkurrenz kopierte das Konzept umgehend.

McLaren MP4/4

Genau zehn Jahre nach Chapmans Meisterwerk trat das vielleicht dominanteste Formel-1-Auto der Geschichte auf den Plan. Der McLaren MP4/4. In der Saison 1988 ging McLaren erstmals mit Honda-Power an den Start. Der besonders flach designte Bolide trug die Handschrift Gordon Murrays. Die Idee dahinter war, möglichst wenig Luftwiederstand zu erzeugen und gleichzeitig mehr Anpressdruck zu generieren, indem mehr Luft auf den Heckflügel geleitet wird.

McLaren MP4/4 dominierte die Formel 1 wie kaum ein anderes Auto, Foto: Sutton
McLaren MP4/4 dominierte die Formel 1 wie kaum ein anderes Auto, Foto: Sutton

Nachdem Murray mit dieser Bauweise beim Brabham BT55 aufgrund des liegend verbauten Vierzylinder-Reihenmotors von BMW gescheitert war, war sie mit dem V6-Aggregat von Honda unschlagbar. Alain Prost und Ayrton Senna gewannen 15 der 16 Saisonrennen. Da die Formel 1 im Folgejahr wieder von den Turbos zu großvolumigeren Saugmotoren zurückkehrte, konnte McLaren den MP4/4 nicht weiter einsetzen.

Williams FW14

McLarens Dominanz ging auch mit den Saugmotoren weiter. Doch ein neuer alter Herausforderer kristallisierte sich unter dem neuen Reglement heraus. Williams war mit den V10-Motoren von Renault ab 1990 wieder Konkurrenzfähig. Mit dem FW14B gelang Adrian Newey der erste ganz große Wurf seiner Formel-1-Laufbahn. Die Evolution des 1991 bereits erfolgreich eingesetzten Boliden war für die Konkurrenz eine Nummer zu groß.

Williams schuf mit dem FW14 eine Wunderwaffe, Foto: Sutton
Williams schuf mit dem FW14 eine Wunderwaffe, Foto: Sutton

Die aktive Radaufhängung war an technischer Raffinesse kaum zu überbieten, Nigel Mansell für Senna, Schumacher & Co. uneinholbar. Mansell gewann 1992 neun Rennen und seine erste Weltmeisterschaft. Teamkollege Riccardo Patrese war ebenfalls einmal erfolgreich. Saisonübergreifen gelangen dem FW14 in 32 Rennen 17 Siege.

Benetton B194

Michael Schumachers erstes Weltmeisterauto war umstritten. Benetton hatte sich nach der Verpflichtung des deutschen Talents in den Jahren 1992 und 1993 zu einem der ersten Verfolger der übermächtigen Williams Renault gemausert. Diese hatten sich für 1994 mit Ayrton Senna verstärkt. Während der FW16 nach dem Verbot sämtlicher elektronischer Fahrhilfen selbst für den Brasilianer kaum zu bändigen war, fuhr Michael Schumacher im Benetton B194 Kreise um den Rest der Welt.

Der Benetton B194 führte Michael Schumacher zu seinem ersten WM-Titel, Foto: Sutton
Der Benetton B194 führte Michael Schumacher zu seinem ersten WM-Titel, Foto: Sutton

Der von Rory Byrne entwickelte Bolide war von Anfang an das Maß aller Dinge. Senna mutmaßte früh eine verbotene Traktionskontrolle am Benetton, doch belegt wurden diese Vermutungen nie. Am Ende der Saison war Schumacher Weltmeister. Der Kerpener hatte 8 der 16 Saisonrennen gewonnen und war in jedem weiteren GP, in dem er die Zielflagge war, auf das Podium gefahren.

Ferrari F2002

Was für McLaren der MP4/4 und für Williams der FW14 war, waren für Ferrari gleich mehrere Boliden. Von 2000 bis 2004 war die Scuderia mit Michael Schumacher im Cockpit der absolute Klassenprimus. Das dominanteste Werk der Ingenieure rund um Chefdesigner Rory Byrne war wohl der F2002. Bereits im elften Saisonrennen in Magny-Cours fixierte Schumacher seinen fünften WM-Titel.

Michael Schumacher gelang 2002 der früheste WM-Gewinn der Geschichte, Foto: Sutton
Michael Schumacher gelang 2002 der früheste WM-Gewinn der Geschichte, Foto: Sutton

Die Siege in den ausstehenden sechs Rennen teilten er und Teamkollege Rubens Barrichello brüderlich unter sich auf, der Konstrukteurstitel war reine Selbstverständlichkeit. Kein Wunder, Schumacher fuhr 2002 schließlich auch in jedem der 17 Saisonrennen auf das Podest. 2003 fuhr der F2002 in San Marino mit Schumacher am Steuer seinen letzten Sieg ein. Die rote Wunderwaffe gewann 15 seiner 19 Rennen, hinzu kamen neun weitere Podestplätze.

Brawn BGP 001

Ein Auto wie der Brawn BGP 001 wird in der Formel 1 wohl eine einmalige Sache bleiben. Entwickelt unter Leitung von Jörg Zander in dessen Funktion als Technikdirektor des Honda-Werksteams, hätte der Bolide fast nie das Grid gesehen. Die Japaner zogen ihr Formel-1-Engagement zurück. Doch statt den für das 2009 komplett umgekrempelte Reglement fertiggestellten Boliden in einer Insolvenzmasse verschwinden zu lassen, kaufte Honda-Teamchef Ross Brawn das Team auf und meldete es unter seinem Namen.

Brawn schrieb 2009 eine einzigartige Erfolgsgeschichte, Foto: Sutton
Brawn schrieb 2009 eine einzigartige Erfolgsgeschichte, Foto: Sutton

Chef-Aerodynamiker Loic Bigois war mit dem nun in BGP 001 umgetauften und mit Mercedes-Power befeuerten Auto der große Wurf gelungen. Das Zauberwort hieß Doppeldiffuser. Jenson Button und Rubens Barrichello fuhren acht Siege ein. JB krönte sich zum Weltmeister, Brawn holte die Konstrukteurs-WM.

Mercedes F1 W08

Erstmals in der Geschichte der Formel 1 wurde das Reglement zur Saison 2017 dahingehend verändert, die Autos mit bewusst schneller zu machen statt die Performance zu beschneiden. Die Maßnahmen für mehr mechanischen und mehr aerodynamischen Grip sorgten obendrein für eine ansprechende Ästhetik.

Mercedes gewann 2017 Fahrer- und Konstrukteursweltmeisterschaft, Foto: Sutton
Mercedes gewann 2017 Fahrer- und Konstrukteursweltmeisterschaft, Foto: Sutton

Der Mercedes-Dominanz konnte die Regeländerung jedoch nicht wie ursprünglich beabsichtigt Einhalt gebieten. Der Siegeszug der Silberpfeile ging unvermindert weiter. Lewis Hamilton und Valtteri Bottas holten zwölf Siege. Mercedes gewann den fünften Konstrukteurstitel in Folge, Hamilton seinen vierten Fahrertitel. Zwar war der Vorgänger 2016 mit 19 Siegen noch dominanter, doch die Performance der 2017er Autos markierte den Aufbruch in eine neue Ära.