Nach zwei Rennen der Formel-1-Saison 2020 liegt Ferrari in der Konstrukeursweltmeisterschaft auf Rang fünf. Das Team, das im vergangenen Jahr noch Siege einfuhr, kämpft nun um den Einzug ins Q3. Für viele war der Leistungsabfall von Anfang an leicht zu erklären: Weil Ferrari im vergangenen Jahr getrickst haben soll und das nun nicht mehr möglich ist, soll die Scuderia bei der Motorleistung enorme Einbußen hinnehmen müssen.

Hinter vorgehaltener Hand war sich die Formel-1-Szene einig: Die aktuelle Performance ist der Beweis dafür, dass Ferrari 2019 beim Motor trickste. Nun gesteht selbst Teamchef Mattia Binotto: "Regeln sind schwierig und komplex. Es gab seit dem letzten Jahr viele Technische Direktiven und Klarstellungen in einigen Bereichen der Regeln. Auf einige dieser Technischen Direktiven mussten wir uns selbst anpassen."

Hat Ferrari zu viel Benzin eingespritzt?

Auf Druck der Konkurrenz, allen voran von Red Bull, verschärfte die FIA die Regeln bei der Power Unit immer weiter. Es ging vor allem um den Benzinfluss von 100 Kilogramm pro Stunde, der ab 10.500 Motorumdrehungen maximal anliegen darf. Die Konkurrenz vermutete, dass Ferrari diesen Wert mit verschiedenen Tricks umging.

Deshalb schickte die FIA vor dem GP der USA Technische Direktiven an die Teams. In Technischen Direktiven geht der Regelhüter auf Grauzonen im Reglement ein. In diesem konkreten Fall ging es darum, dass es nicht erlaubt ist, die Abtastrate der Benzinfluss-Sensoren zu nutzen und in einer bestimmten, nicht wahrnehmbaren Frequenz mehr Benzin als erlaubt einzuspritzen.

Auch elastische Schläuche, die Benzin hinter der Messstelle sammeln könnten, wurden nochmals ausdrücklich verboten. Dazu gibt es seit dieser Saison ein zweites Fuel-Flow-Meter an jedem Motor, das im Besitz der FIA ist. Die Teams haben keinen Einblick in die Messdaten und können so die Schwächen des Einheitsbauteils nicht mehr ausnutzen. Dazu wurden im Reglement weitere Maßnahmen getroffen, damit dem Brennraum kein Öl zur Verbrennung zugeführt werden kann.

"Wir als Ferrari mussten uns sicherlich darauf einstellen und als einfache Konsequenz haben wir Performance verloren", gestand Binotto, der aber anfügte: "Ich glaube aber nicht, dass das nur bei Ferrari der Fall ist. Wenn ich auf die Leistungsdaten blicke, mussten sich die meisten Motorhersteller darauf einstellen."

Binotto: Anpassung ist ganz normaler Prozess

Im Gegensatz zu vielen, die darin ein Geständnis sehen, ist die Sache für Binotto weniger dramatisch: "Es gibt vielleicht noch immer Bereiche der Power Unit, in denen noch Klarstellungen nötig sind. Es ist ein laufender Prozess, den es schon immer gab und auch weiterhin geben wird."

Ferrari steht spätestens seit dem Statement der FIA im Winter enorm unter Beschuss. Am letzten Tag der Testfahrten verkündete die FIA, dass man die Untersuchung des letztjährigen Ferrari-Motors abgeschlossen und eine Einigung mit dem Team getroffen habe. Details zu dieser Einigung gibt es bis heute nicht, weil sich Ferrari gegen eine Veröffentlichung wehrt.