Sebastian Vettels Zukunft in der Formel 1 ist ohne Vertrag für 2021 offen. Ein Deal mit Mercedes gilt unter Fans und Experten als einziges realistisches Szenario für die Fortsetzung seiner Karriere. Silberpfeil-Teamchef Toto Wolff sieht im viermaligen Weltmeister durchaus eine Option für seinen Rennstall. Der Österreicher will die Fahrerentscheidung aber bis auf Weiteres offen lassen. Der Schnellschuss von Ferrari wirft bei ihm Fragen auf.

"Sebastian ist natürlich eine tolle Persönlichkeit und mit vier Weltmeistertiteln wirklich ein herausragender Rennfahrer seiner Generation", streut Wolff 32-Jährigen wie üblich Rosen. Dass Vettel aus vielerlei Hinsicht eine gute Partie für das deutsche Werksteam wäre, erklärt sich von selbst: "Vom Talent her und von der Persönlichkeit ist es jemand, dem ich keinesfalls sofort nein sagen würde."

Priorität genießt der Heppenheimer trotz seines hervorragenden Standings beim Mercedes-Boss trotzdem nicht. Mit Lewis Hamilton und Valtteri Bottas zeigte sich Wolff in den vergangenen drei Jahren stets mehr als zufrieden. Mit George Russell scharrt bereits ein talentierter Mercedes-Junior mit den Hufen, der sich anschickt das silberne Gegenstück zu Max Verstappen und Charles Leclerc zu werden.

Vettel ist für Wolff deshalb nur "ein Außenseiterkandidat auf ein Cockpit bei Mercedes, weil wir natürlich in allererster Linie auf unseren Mercedes-Kader schauen." Dass der Top-Pilot für 2021 auf dem Markt ist, überraschte ihn aber nur bedingt: "Die Verlängerung für Charles war relativ lang. Fünf Jahre, das ist eigentlich nicht üblich, selbst wenn man ihn sicherlich zu den außerordentlichen Piloten zählen muss. Irgendwie haben wir das schon gespürt, dass die Stimmung zwischen Sebastian und dem Team vielleicht nicht ganz so gut war."

Formel 1: War Sebastian Vettel ein Opfer von Ferrari? (31:23 Min.)

Toto Wolff hinterfragt frühe Ferrari-Entscheidung für Carlos Sainz

Überraschend kam für ihn eher die frühe Verpflichtung von Carlos Sainz als Ersatz für den einstigen Ferrari-Teamleader. "Dass man dann vor dem eigentlichen Start der Saison die neue Fahrerpaarung bekanntgibt, so wie das auch McLaren gemacht hat, ist etwas, das wir nicht machen würden", so Wolff. "Du musst dann mit einem Fahrer arbeiten, der weiß, dass er nächstes Jahr woanders ist."

Er fürchtet bei dieser Konstellation einen Interessenkonflikt: "Du musst mit ihm das Auto weiterentwickeln und natürlich auch Geheimnisse teilen. Dazu noch der Faktor Stimmung und der Faktor Teamplay, wo du beide Autos brauchst um auch Punkte zu machen."

Im schlimmsten Fall könnte sich dies für das Team zum Nachteil auswirken. "Da hat vielleicht der eine oder andere Fahrer nichts mehr zu verlieren, weil er keine Zukunft in dem Team hat", spielt Wolff das Szenario durch. "Ich denke mir, habe ich da irgendetwas übersehen? Weil wir hätten es anders gemacht. Aber ich möchte kein Urteil fällen, ob das richtig oder falsch ist."

Formel 1: Hat Vettel eine Chance bei Mercedes? (17:58 Min.)

Mercedes lässt Fahrerpaarung für 2021 weiter offen

Was die Fahrerwahl seines Teams angeht, will er zunächst einmal die Saison 2020 anlaufen lassen. "Für das Timing möchte ich mir hier nicht unbedingt ein enges Korsett schaffen. Wir wollen losfahren und beide Fahrer frei drauf losfahren lassen. Wir wollen sehen wie sich George anstellt und werden dann im Laufe des Sommers diese Entscheidung treffen", erklärt er.

Klar ist nur, dass es bei Mercedes auch weiterhin keine Nummer-zwei-Verträge geben wird. "Wir haben das nicht. Das ergibt sich aus der Performance. Beide Fahrer haben zu Anfang des Jahres immer die gleichen Möglichkeiten und wir haben es auch mit Valtteri im letzten Jahr gesehen, da ist es ziemlich lange gegangen. Und wir wollen ihnen die Möglichkeit bieten, um eine WM zu fahren", so Wolff.

Er widerspricht darüber hinaus den Gerüchten, die Carlos Sainz einen Nummer-zwei-Status bei Ferrari andichten. "Ich glaube nicht, dass Carlos zu Ferrari kommt und sich denkt, ich bin dort jetzt die zweite Geige. Und auch der junge Albon wird sich einen Namen machen wollen. Insofern darf man sich glaube ich nie einbilden, dass so eine Situation funktioniert. Jeder Rennfahrer hat die Ambition zu gewinnen und sie wären keine Formel-1-Fahrer, wenn sie die nicht hätten."