Formel 1: Wie schnell ist Ferrari? Eskaliert der FIA-Streit? (29:03 Min.)

Der internationale Weltverband des Automobils (FIA) hat auf ein gemeinsames Statement von gleich sieben Formel-1-Teams zur fraglichen Legalität der Power Unit der Scuderia Ferrari aus der F1-Saison 2019 und die folgende Einigung der FIA mit mit Ferrari reagiert.

„Die umfangreichen und gründlichen Untersuchungen während der Saison 2019 ließen den Verdacht aufkommen, dass die PU der Scuderia Ferrari so eingestuft werden könnte, als ob sie nicht immer im Rahmen der FIA-Vorschriften betrieben wurde", bestätigt die FIA in einer Pressemitteilung an diesem Donnerstag zunächst klare Verdachtsmomente.

FIA: Eindeutiger Nachweis eines Regelverstoßes unmöglich

Ferrari habe dem entschieden widersprochen und bekräftigt, die Power Unit habe stets den Vorschriften entsprochen. Davon sei die FIA allerdings nicht abschließend überzeugt gewesen. Warum dann die Entscheidung einer Einigung statt weiteren Verfolgung? Dafür liefert der Weltverband zwei Argumente.

Erstens sei es nicht sicher, dass weitere Maßnahmen den Fall endgültig klären würden. Die Rede ist von einer "materiellen Unmöglichkeit", den eindeutigen Beweis eines Regelverstoßes zu liefern. Zweitens habe die FIA die negativen Folgen eines langen Rechtsstreits im Sinne aller - der Meisterschaft und aller Interessensgruppen - vermeiden wollen.

FIA will Inhalt des Ferrari-Deals nicht offenlegen

Die FIA betont in ihrer Aussendung, sich dabei an ihre eigenen justiziellen und disziplanarischen Regeln (JDR, Art. 4, II) gehalten zu haben. Weiter heißt es: "Diese Art von Vereinbarung ist ein Rechtsinstrument, das als wesentlicher Bestandteil jedes Disziplinarwesens anerkannt ist und von vielen Behörden und anderen Sportverbänden bei der Bearbeitung von Streitigkeiten verwendet wird."

Offenlegen, wie von den Teams gefordert, will die FIA die Einigung mit Ferrari nicht. "Die Vertraulichkeit der Bestimmungen der Vergleichsvereinbarung ist in Artikel 4 (vi) des JDR vorgesehen", rechtfertigt sich die FIA und ergänzt, jede nötige Maßnahme zu ergreifen, um den Sport und ihre eigene Rolle und Glaubhaftigkeit als Regulierungsbehörde der Formel 1 zu schützen.

FIA-Streit: Sieben Teams wollen Antworten auf Ferrari-Frage

Mercedes, Racing Point, Williams, Red Bull Racing, AlphaTauri, Renault und McLaren hatten sich zuvor am Vormittag in einer gemeinsamen Presseaussendung „überrascht und schockiert“ von den Inhalten eines FIA-Statements vom vergangenen Freitag gezeigt.

Darin hatte der Weltverband mitgeteilt, sich nach gründlicher, technischer Untersuchung des Ferrari-Antriebs aus der Vorsaison mit der Scuderia auf einen Vergleich geeinigt zu haben. Details zu dessen Inhalt lieferte die FIA nicht. "Die Einzelheiten dieses Abkommens bleiben zwischen den Parteien“, hieß es nur. Diese unklare, noch dazu intransparente Aussage ließ entrüstete Reaktionen nur noch als eine Frage der Zeit erscheinen.

Keine sportliche Strafe für Ferrari

Das bestätigte sich nun durch das gemeinsame Statement. Die sieben Teams fordern darin mit Nachdruck die Offenlegung genau dieser Einzelheiten durch die FIA. Die mahnenden Worte ihres gemeinsamen Statements: "Eine internationale Sporthoheit hat die Verantwortung, mit den höchsten Standards der Führung, Integrität und Transparenz zu handeln."

Eine sportliche Strafe setzte es für Ferrari nicht. Als einzige Sanktion muss Ferrari der FIA bei regulativen Prozessen in der Formel 1 helfen und bei ihren Entwicklungstätigkeiten zu CO2-Emissionen und nachhaltigen Brennstoffen mitwirken.

FIA-Analyse nach Ferrari-Betrugsvorwürfen im Fokus

Abseits dessen einigten sich Ferrari und die FIA auf „eine Vielzahl von technischen Verpflichtungen“, welche „die Überwachung von allen [also nicht nur der Antriebsstränge Ferraris, Anm. d. Redaktion] Power Units in der Formel 1 für die kommenden Meisterschaften verbessern“.

Generell ist es in der Formel 1 üblich, dass die FIA nach der Saison Motoren konfisziert und auf ihre Rechtmäßigkeit untersucht. Die Antriebseinheiten sind zu komplex, um sie am Rennwochenende vollumfänglich zu untersuchen. Deshalb werden sie versiegelt und nach der Saison genauer unter die Lupe genommen. Im Fall Ferrari wurde das Ergebnis in dieser Causa besonders gespannt erwartet.

Immer wieder hatte es 2019 Stimmen gegeben, Ferrari würde beim Motor betrügen. Deshalb wurden gegen Ende der Saison die Regeln verschärft, woraufhin Ferrari Einbußen bei der Performance zu verbuchen hatte - die von Ferrari selbst allerdings auf andere Ursachen zurückgeführt wurden.

Formel 1: Wie schnell ist Ferrari? Eskaliert der FIA-Streit? (29:03 Min.)

Genau deshalb zeigen sich die sieben revoltierenden Teams in ihrem Statement auch besonders pikiert: „Nach Monaten der Untersuchungen durch die FIA, welche nur durch die Fragen der anderen Teams eingeleitet wurden, protestieren wir eindringlich dagegen, dass die FIA ein geheimes Abkommen mit Ferrari trifft, um diese Angelegenheit beizulegen.“

Teams behalten sich rechtliche Schritte vor

Weiter heißt es darin: "Wir teilen hiermit deshalb öffentlich unseren gemeinsamen Wunsch mit, eine vollständige Offenlegung dieser Angelegenheit zu fordern, um sicherzustellen, dass der Sport alle Wettbewerber fair und gleich behandelt. Wir tun dies im Namen der Fans, Teilnehmer und Shakeholder der Formel 1."

Sollte die FIA der Aufforderung nicht nachkommen, behalte man sich rechtliche Schritte vor, so die sieben Formel-1-Rennställe. Ein offizieller Protest ist durch Verjährung zwar nicht mehr möglich, doch könnte es die Angelegenheit durch ein Disziplinarverfahren in letzter Konsequenz vor das Internationale Tribunal der FIA führen.

Ferraris Kundenteams Alfa Romeo und Haas beteiligten sich nicht an dem gegen ihren Partner und die FIA gerichteten Statement.