Charles Leclerc zog in Monza gegen Lewis Hamilton alle Register und erhielt dafür eine Verwarnung. Der Formel-1-Weltmeister kündigte nach dem Rennen an, in Anbetracht solcher Manieren zukünftig härter in den Zweikampf zu gehen. Leclerc lässt diese Drohung kalt. Der Ferrari-Pilot steht zu seinem Stil und steht Hamilton dieselben Freiheiten zu.

"Ich habe meinen Ansatz nach Österreich geändert. Ich denke, es ist seitens der Stewards ziemlich klar, dass wir kämpfen dürfen. Ich fahre gerne so, mache gerne so weiter und wenn er sich dem anpassen will, freue ich mich für ihn", gibt sich Leclerc vor dem Rennen in Singapur völlig unbeeindruckt.

Hamilton hatte nach seinem Zweikampf mit Leclerc in Monza durchklingen lassen, dass für ihn ab nun andere Regeln gelten. "Wenn man jetzt so Rennen fahren darf, werde ich gerne so fahren. Solange wir alle wissen, dass es dir erlaubt ist, deinem Gegner keine Fahrzeugbreite mehr Platz zu lassen", so der fünfmalige Weltmeister.

Leclerc drängt Hamilton ab: Keine Absicht aber trotzdem so gewollt

Das Abdrängen soll bei Leclerc allerdings kein kalkuliertes Manöver gewesen sein. Der Monegasse hatte schon unmittelbar nach dem Rennen in Italien erklärt, dass er das Gefühl hatte, Hamilton bei der Anfahrt auf die zweite Schikane eine Fahrzeugbreite Platz gelassen zu haben. "Ich denke, dass mir in diesem Moment am Bremspunkt, von dem er spricht, vielleicht nicht voll bewusst war, dass er rechts von mir war", räumt er zwei Wochen später ein.

Gleichzeitig war es aber durchaus seine Absicht, beim Verteidigen bis an die Grenze des Erlaubten zu gehen. "Ich denke, das ist hartes Racing. Ich war mir dessen, was ich da im Auto gemacht habe, voll im Klaren. Ich wollte hart kämpfen", stellt Leclerc klar. Die von Hamilton angekündigte Revanche nimmt er gelassen: "Ich werde mich der Situation anpassen. Vielleicht wird er etwas aggressiver sein."

Was er dem Briten hingegen nicht abkauft, ist seine Sorge um die Fairness auf der Rennstrecke. Hamilton hatte zwar angekündigt, in Zukunft die gleichen Saiten wie Leclerc aufzuziehen, gleichzeitig aber auch Kritik an dieser Fahrweise geäußert. "Du musst normalerweise Platz lassen und jetzt weiß ich nicht, ob das noch so ist, weil die Regeln unklar sind", so der 34-Jährige.

Leclerc kauf Hamilton Sorge nicht ab: Er ist mental sehr stark

"Ich glaube nicht, dass Lewis besorgt ist. Er ist mental sehr stark. Ich denke nicht, dass er wegen mir besorgt sein kann", wiegelt Leclerc ab. Er glaubt, dass der Kampf für Hamilton einfach der einschneidende Moment war, den er selbst mit Verstappen in Spielberg erlebte: "Vielleicht hat er eine Strafe erwartet und ändert deshalb jetzt seinen Ansatz."

In einer Sache sind sich die Rivalen allerdings einig. Nachdem Leclerc für sein Manöver lediglich eine Verwarnung erhielt, wünscht er sich eine Klarstellung bezüglich der Unterscheidung zwischen gelber Karte und Strafe: "Du weißt nie, ob du jetzt die schwarz-weiße Flagge bekommst oder eine Strafe. Ich habe mit den Stewards noch nicht gesprochen und muss noch verstehen, wann wie entschieden wird."

Formel 1 2019: 5 Brennpunkte vor dem Singapur GP (10:34 Min.)

Verwarnung für Hamilton wie ein Freifahrtschein

Ex-Weltmeister Jacques Villeneuve fürchtete im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com, dass einige Piloten die Verwarnung als eine Art Freifahrtschein sehen, regelwidrige Manöver abzuziehen. "Das ist so, als ob man dir erlaubt, eine dumme Aktion im Rennen zu machen. Und dann werden sie bald anfangen, das zu missbrauchen", so der Kanadier.

Etwas, das Hamilton offenbar in dieser Form beabsichtigt. "Solange klar ist, dass wir jemanden abdrängen können, wenn er neben uns ist, und du nur eine Verwarnung bekommst, musst du das eigentlich nur einmal machen, um einen Fahrer hinter dir zu halten", so der Brite. Leclerc wiederum glaubt nicht, dass Hamilton in Singapur dieses Risiko eingeht.

"Ich denke nicht, dass es etwas ändert. Und es wird wohl kaum hier der Fall sein, denn das ist dafür nicht die beste Rennstrecke. Überholmanöver finden hier nicht so häufig statt", gibt er zu bedenken. "Aber in den übrigen Rennen ist es vielleicht anders."