Nico Hülkenberg akzeptierte sein Aus bei Renault, ließ an der Entscheidung des Teams für Esteban Ocon allerdings auch Kritik durchklingen. Die Verpflichtung des Franzosen für die Formel-1-Saison 2020 sei eher von wirtschaftlichen als von sportlichen Faktoren getrieben. Renault-Teamchef Cyril Abiteboul widerspricht dem Emmericher. Nationalität nicht ausschlaggebend.

"In die Nationalität würde ich ehrlich gesagt nicht zu viel hineininterpretieren", sagt Abiteboul am Trainingsfreitag der Formel 1 in Spa-Francorchamps. Hülkenberg hatte von einem Nationalitäten-Faktor gesprochen, der Ocon für dessen Landsmänner bei Renault besonders attraktiv machte.

"Es ist ein Plus, ein Bonus", so Abiteboul. "Aber es ist kein Element, das bei der Entscheidung eine Rolle gespielt hat. Das würde bedeuten, dass sich unsere Faktoren und Parameter, nach denen wir Esteban bewertet haben, geändert hätten. Und das wäre Esteban gegenüber nicht fair, genauso wie es das Nico und dem Renault-Management gegenüber nicht wäre."

Abiteboul: Renault liebt Nico Hülkenberg

Die Entscheidung, Hülkenberg vor die Tür zu setzen, fiel Renault nicht leicht. "Wir mussten uns die Frage stellen, ob wir bei der Fahrerpaarung so weitermachen und etwas ändern. Es war schwierig, denn alle im Team lieben Nico. Er hat bei unseren Fortschritten eine entscheidende Rolle gespielt", so Abiteboul, der keineswegs vergessen hat, welche Resultate Hülkenberg in der Vergangenheit für das Team erzielte.

"Dieses Jahr haben wir unsere Probleme. Aber letztes Jahr war er dafür verantwortlich, dass wir in der Weltmeisterschaft Vierter geworden sind. Und er hatte in der Fahrerwertung einen guten siebten Platz - den besten, den wir erreichen können."

Nach drei Jahren mit Hülkenberg wünschte sich Renault in erster Linie einen Tapetenwechsel. "Bei der Entscheidung schaust du nicht nur auf die reine Pace. Du musst dir auch die Gesamtdynamik anschauen", so Abiteboul. "Und da ist eine Dynamik innerhalb das Teams, die einen Reset brauchte."

Renaults Versicherung für die Zukunft

Mit Daniel Ricciardo und Nico Hülkenberg, die bereits beide über 30 Jahre alt sind, fühlte sich Renault für die Zukunft nicht optimal ausgerichtet. "Wir wollten uns auch für die mittel- und langfristige Zukunft wappnen, und nicht nur für 2020. Wir wissen nicht, was mit seinem Teamkollegen [Ricciardo] passiert. Und Esteban bringt eine neue Dynamik", erklärt der Teamchef.

"Er ist heiß auf Racing, nicht nur von Natur aus, sondern auch, weil er super glücklich ist, wieder zurück zu sein nach einem Jahr ohne Cockpit. All diese Elemente wurden in die Rechnung miteinbezogen."

Darüber hinaus wurde auch die Perspektive Hülkenbergs berücksichtigt: "Es ist uns wichtig, auch wenn es nicht sicher ist, dass Nicos Chancen gut sind, seine Karriere fortzusetzen. Das hat für uns auch mit reingespielt, wie letztes Jahr bei Carlos."

Ocon bei Renault: Besser spät als nie

Mit Ocon verpflichtete Renault mit einem Jahr Verspätung dann doch den großen Wunschkandidaten. Bereits vergangenen Sommer stand der Mercedes-Junior kurz vor der Vertragsunterschrift mit den Gelben, doch dann schnappte ihm Ricciardo das Cockpit weg. "Wir hatten die Möglichkeit Daniel zu verpflichten, und die hat ein Team wie wir nicht alle Tage", verteidigt Abiteboul den Rückzieher.

Mit Ocon waren die Verhandlungen zwar weit fortgeschritten, doch als es mit Ricciardo ernst wurde, musste Renault einfach zuschlagen: "Wir entschieden uns, diese Möglichkeit wahrzunehmen. Aber ich bin sehr glücklich, dass Esteban, Renault, Mercedes, Toto und auch ich das alles hinter uns gelassen und dieses Jahr für alle die beste Entscheidung getroffen haben."

Ocon weiterhin von Mercedes gemanagt

Diese beinhaltet auch, dass Toto Wolff langfristig weiterhin die Hand auf seinem Fahrer hat. "Mercedes wird für die Laufzeit seines Vertrages keinen Anspruch auf ihn haben. Aber der kleine Unterschied ist, dass sein Management das Mercedes-Team ist. Das ist aber auch etwas anderes, als mit Carlos letztes Jahr. Er war nur ausgeliehen und hatte keinen Vertrag. Ocon ist ein vollwertiger Renault-Pilot", so Abiteboul.