Der erste Eindruck täuscht: Aufgrund seines Layouts wird der Hungaroring oft und gerne mit dem eher despektierlichen Attribut "Mickey Maus"-Kurs versehen. So verfügt der rund 20 Kilometer vor den Toren von Budapest gelegene Schauplatz des Ungarn-Grand Prix über eine äußerst winklige Streckenführung, wodurch sich auf dem 4,381 Kilometer langen Asphaltband kaum Überholmöglichkeiten bieten. Gleichzeitig fallen die auf ihm erzielten Durchschnittsgeschwindigkeiten mit rund 180 km/h vergleichsweise gering aus.

Während Juan Pablo Montoya die Strecke an eine Kartbahn erinnert, ziehen andere einen Vergleich zu einem Amphitheater. Die Begründung dafür ist einfach. Schließlich ist die Strecke derart in die Landschaft eingebettet, dass die Zuschauer praktisch von allen Plätzen die Hälfte des durch ein kleines Tal führenden Parcours einsehen können. Wiederum andere vergleichen den Kurs mit dem legendären Fürstentum von Monaco. Schließlich geht es auch dort eng und winklig zu. Allerdings fehlen auf dem Hungaroring die berüchtigten Leitplanken.

Ungarn: Das Monaco des Ostens

Der Hungaroring liegt nur 20 Minuten vor den Toren Budapests., Foto: Sutton
Der Hungaroring liegt nur 20 Minuten vor den Toren Budapests., Foto: Sutton

Der Hungaroring war bislang eine drei Komma neun sieben fünf Kilometer lange Rutschpartie in der ungarischen Puszta, welche die in der heutigen F1-Welt sowieso schon mit Seltenheitswert ausgestatteten Überholmanöver, die bekanntlich das Salz in der F1-Suppe ausmachen, aufgrund der engen und kurvigen Streckencharakteristik beinahe unmöglich machte.

Damit die ungarische Strecke jedoch nicht das gleiche Schicksal wie schon so viele Austragungsorte zuvor ereilt und Bernie Ecclestone sie nicht aus dem Rennkalender der Königsklasse des Motorsports streicht, versuchten die Organisatoren und Veranstalter durch einen Umbau die bekannten Mängel zu beseitigen.

So wurde die Start/Zielgerade um 350 Meter verlängert und auch die erste Kurve verbreitert, was Überholmanöver in diesem Bereich erleichtern soll. Auch einige weitere Streckenabschnitte wurden erweitert, weswegen der Kurs im Jahre 2003 von 3.971,80 Metern auf insgesamt 4.384,08 Meter Gesamtlänge anwuchs.

Zudem wurde am Ende der neuen Start/Zielgeraden eine neue Tribüne mit 2.500 Sitzplätzen errichtet, von welcher aus die Fans viel Action zu sehen bekommen sollen, da eben jene erste Kurve nach Start und Ziel eine der beliebtesten und besten Überholmöglichkeiten auf dem Hungaroring bietet.

Die erste Kurve wurde 2003 umgebaut., Foto: Sutton
Die erste Kurve wurde 2003 umgebaut., Foto: Sutton

Doch trotz der umfangreichen Umbauarbeiten am Hungaroring bleibt die Strecke auch weiterhin nach dem Stadtkurs von Monaco die zweitkürzeste Rennstrecke des aktuellen Formel 1-Kalenders, auf welcher die Piloten allerdings mit noch mehr Abtrieb als im Fürstentum fahren müssen.

Aber der Hungaroring hat mit 77 Umläufen nicht nur eine hohe Rundenanzahl sowie eine kurze Streckenlänge mit dem Traditionsrennkurs aus dem Fürstentum gemeinsam. Er teilt leider auch die wenigen Überholmöglichkeiten mit dem Jahreshighlight im Leitplankendschungel. So wird der Kurs unweit der ungarischen Hauptstadt nicht nur als "Monaco ohne Häuser und Leitplanken" bezeichnet, sondern verlangt er den Fahrern und Teams - ebenso wie das berühmte "Vorbild" - vor allem im Qualifying und beim Kampf um die Startposition einiges ab. Denn ohne einen guten Startplatz hat man keine Chance auf ein gutes Ergebnis.

Ein großer Unterschied zum Monaco-Grand Prix ist hingegen, dass hier Fahrfehler aufgrund der geräumigen Auslaufzonen, welche den Kurs zu einem der sichersten in der F1 machen, nicht in dem Maße bestraft werden, wie dies in den Straßenschluchten des Fürstentums der Fall ist. Aufgrund der kaum vorhandenen Überholmöglichkeiten stellen aber vor allem Routine und Geduld wichtige Faktoren am Hungaroring dar, was jedoch besonders unter Berücksichtigung der großen Hitze zu einer enormen physischen und psychischen Beanspruchung für die Piloten führt.

Der Hungaroring hat viele Beinamen. Einer sieht ihn als Monaco des Ostens., Foto: Sutton
Der Hungaroring hat viele Beinamen. Einer sieht ihn als Monaco des Ostens., Foto: Sutton

Eine entsprechend wichtige Rolle spielt die Fitness der Fahrer, da schon die sehr hohe reguläre Rundenzahl die Piloten nah an das Zeitlimit von zwei Stunden bringt. Die vergleichsweise hohe Rundenzahl im engen Kurvengeschlängel des Hungarorings treibt zudem noch die Konzentrationsfähigkeit und Fitness in ihre Grenzbereiche. Deswegen gehört der Hungaroring, trotz der wenigen Überholchancen, zu den anspruchsvollsten Strecken des Jahres überhaupt.

Insgesamt zählt der Ungarn-GP mit seiner Durchschnittsgeschwindigkeit von 180 km/h aber eher zu den langsamen Rennen. Dafür haben es die Kurven jedoch in sich. Der Schwierigkeitsgrad kann durchaus mit jenem von Monte Carlo verglichen werden. Demzufolge kommt auch weniger Wichtigkeit der reinen Motorleistung, den Bremsen oder der Aerodynamik zu, sondern stehen vor allem die Balance und der Grip im Vordergrund. Die Strecke selbst verlangt aufgrund der vielen und engen Kurven zusätzlich nach viel aerodynamischem Anpressdruck, um auch in den langsamen Kurven eine optimale Haftung erzielen zu können.

Entsprechend werden die Boliden mit hohen Flügeleinstellungen und einer weichen Federung auf die Strecke geschickt. Die weich eingestellte Federung soll für eine gute Traktion sorgen, damit die Piloten aus den Kurven gut herausbeschleunigen können. Eine gute Beschleunigung ist auch am Start notwendig, da man sich mit einem Blitzstart angesichts der Streckencharakteristik mit ihren wenigen Überholmöglichkeiten einen entscheidenden Vorteil sichern kann.

Die Streckengeschichte

Die F1 ist seit 1986 in Ungarn am Start., Foto: Sutton
Die F1 ist seit 1986 in Ungarn am Start., Foto: Sutton

Der Große Preis von Ungarn ist eines der Küken in der F1-Welt, da er erst seit 1986 ausgetragen wird. Jünger sind im aktuellen F1-Kalender nur die modernen Tilke-Strecken wie Malaysia, Bahrain oder Shanghai die seit 1999 ihre Debüts gefeiert haben. Vor der Zeitrechnung der aktuellen Formel-1-WM wurde im Jahr 1936 in einem Park an der Stadtgrenze von Budapest ein Rennen ausgetragen. Sieger war Tazio Nuvolari mit einem Alfa Romeo.

Und in eben jener Metropole sollte eigentlich auch der Große Preis von Ungarn ausgetragen werden, bis man diese Idee aus Sicherheitsgründen verwarf und auf den Hungaroring auswich. Der Hungaroring liegt etwa 20 Fahrminuten östlich der Innenstadt und wurde seit 1986 mehrfach umgebaut. Für die Saison 2003 wurde die Streckenlänge von 3,975 Kilometern auf 4,384 Kilometer erweitert. Diese Variante ist der längste Hungaroring, den es je gab. Selbst die erste, von 1986 bis 1988 befahrene, Streckenführung maß nur 4,014 Kilometer.

Der erste Große Preis von Ungarn zog seinerzeit als Rennen hinter dem Eisernen Vorhang die Rekordkulisse von 260.000 Zuschauern an. Die ersten drei Jahre gehörten dabei den Brasilianern: Nach zwei Siegen von Nelson Piquet gewann 1988 Ayrton Senna im McLaren-Honda, 1991 und 1992 wiederholte er diesen Erfolg.

Was die Experten über den Hungaroring sagen

Im letzten Jahr war Monaco ein rotes Pflaster., Foto: Sutton
Im letzten Jahr war Monaco ein rotes Pflaster., Foto: Sutton

Der Fahrer - Juan Pablo Montoya: "Die Stadt Budapest hat mir immer gut gefallen, aber der Hungaroring zählt nicht zu meinen Lieblingsstrecken. Er erinnert mich immer an eine Kartbahn, weil er so eng ist. Anscheinend gelingen mir dort nur Startplätze auf der schmutzigeren Fahrbahnseite, das hilft auch nicht gerade."

Der Techniker - Sam Michael: "In Budapest haben wir es mit einer sehr technischen Strecke zu tun. Die Kurven gehen ineinander über, die Fahrer müssen den richtigen Rhythmus finden. Beim Set-up geht es auch nach dem Umbau noch um maximalen Abtrieb. Überholen ist nicht unmöglich, aber schwierig. Entsprechend hohe Bedeutung kommt der Rennstrategie zu."

Der Motorenmann - Mario Theissen: "Bezüglich Volllastanteil und Drehzahl ist der relativ langsame Hungaroring keine besondere Herausforderung für Motoren. Aber wenn es heiß ist, wird Kühlluft Mangelwahre – durch einen Hitzestau in dem Talkessel und durch das Fehlen von langen Geraden."