Die Spatzen haben es bereits vor dem Hockenheim-Grand Prix von den Dächern gepfiffen, doch bislang galt es nur als eine Option. Doch am vergangenen Rennwochenende wurde das Gerücht mehrfach von den verschiedensten Dächern gepfiffen. Reporterlegende Heinz Prüller verriet es "exklusiv" seinen ORF-Zuschauern. Und die gewöhnlich gut informierten britischen Kollegen von Autosport-Atlas wollen es ebenfalls in Hockenheim erfahren haben...

Williams soll demnach schon in wenigen Tagen, spätestens am kommenden Sonntag in Budapest, einen Einjahresvertrag mit Cosworth, als Motorenlieferant für das Jahr 2006, bekannt geben. Williams soll im kommenden Jahr einen Cosworth V8-Motor erhalten - ab 2007 jedoch soll das britische Traditionsteam auf Toyota-Maschinen umsteigen.

Offizielle Statements von Williams oder Cosworth gibt es naturgemäß nicht zu vermelden, doch die britischen Kollegen berichten, dass sowohl Williams-nahe als auch Cosworth-nahe Quellen bestätigt hätten, dass der Deal bereits abgeschlossen sei. Zudem sollen Frank Williams und Patrick Head schon in der letzten Woche die Teammitglieder in Grove von ihren Plänen unterrichtet haben.

Cosworth wird demnach die Entwicklungsarbeit für deren V8-Aggregat wieder aufnehmen - denn nach dem Ferrari-Deal von Red Bull Racing wurde diese mangels potentieller V8-Kunden kurzerhand gestoppt.

Zanardi 1999 im Williams-Supertec - dann kam BMW., Foto: Sutton
Zanardi 1999 im Williams-Supertec - dann kam BMW., Foto: Sutton

Simon Corbyn, Technikchef der Formel 1-Abteilung von Cosworth, erklärte gegenüber den britischen Kollegen im Rahmen des Hockenheim-GP, dass im Falle einer Wiederaufnahme des V8-Programms ein erstes Exemplar der 2,4 Liter-Maschine nicht vor November auf der Teststrecke zu erwarten sei - diese würde dann allerdings kein Hybrid, sondern ein echter Achtzylindermotor sein: "Einige der Motoren, die von der Konkurrenz bislang getestet wurden, waren im Endeffekt nur V8-Aggregate in einem V10-Motorblock - doch für uns macht der Einsatz eines Hybriden keinen Sinn. Der erste V8, den wir testen werden, wird auch gleich der richtige V8-Motor sein."

Erfolgsmotor DFV

Die Firma Cosworth wurde von Ford im letzten Jahr an den amerikanischen Champ Car-Anteilseigner Kevin Kalkhoven verkauft. Ford Cosworth hat mit dem DFV den wohl erfolgreichsten Achtzylindermotor der Formel 1-Geschichte gebaut. 1967 wurde das Aggregat erstmals eingesetzt - es wurde bis zum Jahr 1983, als schon die Turbo-Ära begonnen hatte, von den verschiedensten F1-Teams zum Einsatz gebracht. 155 Siege gehen auf das Konto des DFV. Und auch das Williams-Team hegt gute Erinnerungen an den Ford Cosworth-Motor - immerhin hat man mit diesem Aggregat 1979 den ersten GP-Sieg und 1980 den ersten Weltmeisterschaftstitel errungen.

Mit den V8-Motoren der neuen Generation hat der alte DFV natürlich wenig bis gar nichts zu tun - der alte Sauger drehte bis zu 11.500 U/min, der neue soll bis zu 20.000 Umdrehungen pro Minute schaffen. Die Zeiten haben sich geändert - schaden wird das V8-Wissen allerdings auch nicht.

Mario Andretti holte im Lotus-Ford 79 viele Siege., Foto: Sutton
Mario Andretti holte im Lotus-Ford 79 viele Siege., Foto: Sutton

Dass Cosworth derzeit vom Image her nicht unbedingt als Top-Motor gilt, ist ein anderes Problem. Simon Corbyn wehrt sich gegen ein Hinterbänkler-Image. Er sagt, in Hockenheim hätten die beiden Cosworth-V10 der neuen 12er-Serie ihren zweiten Grand Prix absolviert und beide seien in den Top 10 gelandet. Corbyn: "Christian Klien konnte zweimal Rubens Barrichello überholen und er streute unserem Motor einige Komplimente über die Art und Weise, wie ihm unser Motor bei diesen Manövern geholfen hat."

Cosworth wird mit Sicherheit auch im nächsten Jahr das Minardi-Team mit einem V10-Motor ausstatten - diese dürfen auch 2006 eingesetzt werden, jedoch nur mit einem Drehzahllimit. Corbyn: "Wir haben einen Vertrag mit Minardi - was wir jetzt noch brauchen, ist eine genaue Definition seitens der FIA, was die Limitierung betrifft. Der Minardi-Deal ist aber unabhängig von einer möglichen Wiederaufnahme des V8-Programms."

Ab 2007 mit Toyota?

Wenn man also den Gerüchten Glauben schenkt, wird Williams 2006 eine Art Übergangsjahr bestreiten. Das Erscheinungsbild, welches komplett an den bisherigen Motorenpartner BMW angepasst war, wird sich auf jeden Fall ändern. Die Frage wird sein, welche Sponsoren Williams an Land ziehen wird. An eine Verlängerung der Partnerschaft mit den Münchnern scheint Williams allem Anschein nach nicht mehr interessiert zu sein - die Risse in der langjährigen Partnerschaft scheinen doch zu tief gewesen zu sein. Auch an eine Neuauflage der in den Achtzigerjahren sehr erfolgreichen Partnerschaft mit Honda hat man in Grove gedacht - doch die Gespräche mit den Japanern scheinen versiegt zu sein. Nick Fry, Teamchef bei BAR-Honda, erklärte im Rahmen des Hockenheim-GP, dass die Honda-Gespräche mit Williams in den letzten Wochen nicht mehr fortgesetzt wurden.

Midland und Toyota sollen sich für 2006 einig sein., Foto: Sutton
Midland und Toyota sollen sich für 2006 einig sein., Foto: Sutton

Toyota-Chef John Howett hingegen bestätigte schon vor dem Hockenheim-Wochenende, dass es eine Anfrage seitens Williams gegeben habe - er fügte jedoch hinzu, dass man für 2006 keine Kapazitäten mehr für die Belieferung eines weiteren Rennstalls habe. Der Hintergrund: Jordan respektive Midland wird das Übereinkommen mit Toyota verlängern - es dürften nur noch Vertragsdetails verhandelt werden.

Buttongate II? Absturz als Privatteam?

Wenn die Spatzen Recht behalten sollten, würde sich die Frage stellen: Wer wird die Williams-Cosworth FW28 im kommenden Jahr steuern? Wer wird den zweiten Boliden neben Mark Webber fahren? Frank Williams jedenfalls weiß die Antwort: Jenson Button. Der Teamchef erklärte im Rahmen des Hockenheim-GP: "Wir haben einen für 2006 gültigen Vertrag mit Button und wir erwarten, dass er diesen auch erfüllen wird."

Die Ironie in diesem Fall - es droht ein neuerliches "Button-Gate". Schon im letzten Jahr erregte Button Aufsehen, als er unbedingt zu Williams wollte, weil er dort "eher Weltmeister werden" könne. Der Brite, der bereits bei Williams unterschrieben hatte, wurde vom CRB gezwungen, das Jahr 2005 seinem BAR-Vertrag entsprechend bei BAR-Honda zu fahren. Jetzt, nachdem er für 2006 bei Williams unterschrieben hat, scheint Button von den Aussichten bei Williams wenig begeistert zu sein, er scheint lieber bei seinem jetzigen Team bleiben zu wollen. BAR-Teamchef Fry: "Jenson möchte bei uns bleiben..."

Nicht nur Jenson Button dürfte darüber ins Grübeln geraten sein, wie es mit dem Traditionsrennstall Williams weitergehen wird. Das kolportierte Übergangsjahr erinnert ein wenig an 1998 und 1999, als man mit Mecachrome respektive Supertec-Aggregaten mehr oder weniger hinterher fuhr. Ohne den Hersteller-Partner BMW wird Williams jedenfalls wieder ein Privatteam sein. Ob man sich auch in der WM-Tabelle zu Jordan und Minardi gesellen wird - das wird die Zukunft zeigen.