Mittlerweile ist die Formel-1-Saison 2019 drei Rennen alt. Zeit, um noch einmal einen Blick auf die Auswirkungen der neuen Aerodynamik-Regeln zu werfen. Schließlich wurden für 2019 die Frontflügel verbreitert und simplifiziert, und die Heckflügel genauso wie die DRS-Öffnung vergrößert. Alles mit dem Ziel, das Überholen für die Formel 1 leichter zu machen.
Große Änderungen bahnten sich hier in den ersten Rennen nicht an. Australien und China stellten unter Beweis, dass die Verbesserungen eher im marginalen Bereich zu finden sind. Hinterherfahren, so ziehen die Fahrer jetzt das Fazit, mag vielleicht etwas einfacher geworden zu sein, aber für mehr Überholmanöver reicht es bei weitem nicht aus.
Bahrain bot zwar einiges an Renn-Action, steht aber für viele als Ausnahmefall auf der Liste. Ein Überhol-Fest wie dort zu Rennbeginn im Mittelfeld oder ein Spitzenduell wie das zwischen Sebastian Vettel und Lewis Hamilton gab es in China wieder keines zu sehen. Vettel brauchte Teamorder, um an Charles Leclerc vorbeizukommen, und Verstappen scheiterte nach dem Stopp beim einzigen Versuch, Vettel Platz drei auf der Strecke abzunehmen.
Hülkenberg und die Bahrain-Anomalie: Hatte nichts mit Flügeln zu tun
Nico Hülkenberg gehörte schon nach Bahrain zu den Pessimisten, was die neuen Aero-Regeln angeht. Obwohl sein Rennen in Bahrain eigentlich als Hinweis auf besseres Racing hätte gedeutet werden können. Nach Problemen im Qualifying kam Hülkenberg von weit hinten in der Startaufstellung und pflügte mit Erfolg durch das Mittelfeld, welches er letztendlich auch anführte.
"Das Rennen hatte nichts mit Flügeln zu tun", trifft Hülkenberg aber eine klare Aussage. "Sondern einfach mit der Strecke und der extra DRS-Zone, und dann einfach langsame Kurven, lange Geraden, das ist das Ding. Der große DRS-Switch hilft, und die große Abnutzung [der Reifen, Anm. d. Red.] die wir da hatten, die hilft."
"War ja kein Ein-Stopp-Rennen", schließt Hülkenberg. "Mit dem Flügel hatte das nichts zu tun, überhaupt nichts. Einem Auto zu folgen ist immer noch eine Katastrophe. Oder sagen wir mal, es ist immer noch schwierig." China scheint Hülkenbergs Folgerungen zu bestätigen. Hier beginnen die langen Geraden im Gegensatz zu Bahrain mit schnelleren Kurven, der Reifenverschleiß ist weniger stark, und es gibt nur zwei DRS-Zonen.
Prompt wurde das Rennen in China zu einer zäheren Angelegenheit. In den letzten Runden konnte Sergio Perez beispielsweise auf Daniel Ricciardo aufholen, aber zum Überholen reichte der Überschuss nicht. Gleich darauf wiederholte sich das Spiel mit Perez und Räikkönen - jetzt holte Räikkönen Perez ein, aber Überholen war nicht machbar. Wie schon in der Vergangenheit braucht das folgende Auto einen deutlichen Überschuss, um eine erfolgsversprechende Attacke überhaupt möglich zu machen. Wer nicht sofort vorbeikommt, bleibt dauerhaft stecken.
Reifen-Abnutzung bremst Formel 1 ein
Die Aerodynamik ist nicht der einzige Faktor im Kampf um mehr Überholmanöver in der Formel 1. Reifen spielen dabei ebenso eine große Rolle. Auch hier warnten einige Fahrer, etwa Romain Grosjean, nach Australien: Die neuen Pirelli-Mischungen bringen keine nennenswerten Verbesserungen.
Nach China tendiert auch Mercedes-Pilot Valtteri Bottas in diese Richtung. "Besonders im ersten Stint auf dem Medium-Reifen gab es ganz schön viel Überhitzung", beschreibt Bottas nach dem Rennen. "Sogar wenn du drei oder vier Sekunden zurückliegst, rutschst du mehr, überhitzt dadurch die Reifen noch mehr, und dann wird es noch schwieriger. So läuft das, und schon seit Langem."
Bottas musste sich in China vom Start weg hinter Lewis Hamilton einreihen, und kam für den Rest des Rennens nicht mehr an seinen Teamkollegen heran. "Wer auch immer in Führung liegt, kann es ein bisschen kontrollieren, und das macht es so immer ein bisschen einfacher", erklärt Bottas. Das kommt seiner Meinung nach nur noch zu den Aerodynamik-Problemen hinzu, die auch in seinen Augen weiterhin bestehen.
Formel 1 2019: Rundenzeiten kaum langsamer
Das Zwischenergebnis nach drei Rennen ist also: Die Formel 1 hat für 2019 keine großen Veränderungen vorgenommen, und keine großen Veränderungen erhalten. Auch die von der FIA vorausgesagten Performance-Einbußen durch weniger Abtrieb sind nicht eingetreten. Stattdessen scheinen sich die Voraussagen von Teams wie Red Bull zu bewahrheiten: 2019 steigt man auf dem Abtriebslevel von Saisonbeginn 2018 wieder ein.
Die Aerodynamik-Schlachten gehen eben woanders weiter, wenn schon die komplizierten Frontflügel-Elemente gestrichen wurden. Beziehungsweise geht es schon dort weiter - auch mit weniger Elementen (und dafür mehr Fläche) finden die Teams ausreichend Wege, um die Luft kontrolliert hinter die Reifen zu leiten. Dort beginnt das Spiel dann erst so richtig, denn bei den Bargeboards, jenen Aero-Elementen neben Cockpit und vor den Seitenkästen, ist das Entwicklungsrennen deutlich offener und auf einem neuen Höhepunkt angekommen.
Für die FIA sind die 2019er-Änderungen aber auf jeden Fall von Wert. Selbst, wenn sie zu keinen nennenswerten Fortschritten auf der Strecke führen sollten. Gewonnene Erkenntnisse sollen in die neuen 2021er-Regeln einfließen. Dann ist man nämlich nicht mehr an das Grundkonzept der 2017er-Regeln gebunden. Für 2021 sind komplett überarbeitete Technik-Regeln angekündigt. "Ich glaube auf keinen Fall, dass wir am Endpunkt angekommen sind", versichert Nikolas Tombazis, der Technik-Mann der FIA, in deren Zeitschrift "Auto" im Hinblick auf überholfördernde Maßnahmen.
"Wir können uns nie zurücklehnen und sagen 'das passt'", so Tombazis weiter. "Aber wenn wir diesen Prozess nicht durchlaufen hätten und jetzt hier beim Schreiben der 2021er-Regeln sitzen würden, dann wären wir in einer viel schwächeren Position. Für unsere Ziele ist 2019 eine sehr brauchbare Übung und hat den Nachströmungs-Effekt verringert."
diese Formel 1 Nachricht