Einen Ferrari, einen Red Bull und beinahe auch noch einen Mercedes. Nico Hülkenberg hat im Training für das Formel-1-Rennen 2019 in China mit Renault sogar die Top-Teams aufgemischt. Das realistische Kräfteverhältnis spiegelt das natürlich nicht. So hatten Charles Leclerc und Lewis Hamilton schlicht keine saubere Runde auf Soft erwischt, Pierry Gasly mit Teilen experimentiert.

Dennoch fällt das Fazit der Franzosen zum Auftakt in Shanghai ausgesprochen positiv aus. Im Tagesergebnis war man dank Hülkenberg immerhin erste Kraft im Mittelfeld. Daniel Ricciardo tat sich im zweiten Training nach einer noch anständigeren ersten Einheit zwar etwas schwerer, bekleidete allerdings noch immer ein Top-10-Resultat. Beide Autos unter den ersten Zehn also - das schaffte sonst nur noch McLaren.

Hülkenberg: Endlich lief mal alles glatt

"Heute lief einfach alles glatt", freut sich Hülkenberg. "Jetzt geht es nur noch um Detailarbeit, um uns für morgen noch weiter zu verbessern", schwärmt der Emmericher. Ein umso schöneres Gefühl für alle Fans der Gelben, hatte das Wochenende für Renault mit der bitteren Botschaft begonnen, nach den zuletzt anhaltenden Problemen mit der MGU-K überall Motorenkomponenten wechseln zu müssen.

Diese Probleme hatten zuletzt zu einem Doppelausfall in Bahrain geführt, insbesondere bei Nico Hülkenberg aber auch noch gleich zweimal im Qualifying zugeschlagen. Deshalb hofft der Emmericher nach dem reibungslosen Freitag jetzt vor allem auf sein erstes sauberes Zeittraining des Jahres.

Hülkenberg & Ricciardo: Q3-Pace ist da

"Das wäre schön, hatten wir dieses Jahr ja noch nicht", so Hülkenberg. "Und ich denke, wir hatten zweimal ein Top-10-würdiges Auto. Aber wir haben es auch zweimal durch verschiedene Probleme nicht geschafft", erinnert der Renault-Pilot. "Hoffentlich wird es morgen mal ein sauberes Quali, sodass wir das wahre Potential des Autos zeigen können."

Diese Wahrheit ist für Hülkenberg ganz klar das Q3. Genauso sieht es Teamkollege Ricciardo. "Unsere Shortrun-Pace sieht so aus als ob sie in die Top-10 gehört", sagt der Australier. "Das Potential ist da. Morgen wird es deshalb darum gehen, alles zusammen zu tackern und eine gute Pace auf eine Runde herauszuquetschen." Heißt im Klartext: Im extrem engen Mittelfeld ist auch im Renault eine perfekte Runde Pflicht, um das gesteckte Q3-Ziel zu erreichen.

Hülkenberg warnt vor McLaren: Sehr stark

Das gilt umso mehr, weil die Rolle des Chefs im Mittelfelds nur auf Basis dieses Freitags noch längst nicht klar sei, so Hülkenberg. Aus zwei Gründen. Erstens ein allgemeiner: "Ich bin freitags immer vorsichtig. Freitag ist Freitag. Ich hänge das nicht zu hoch. Ich hatte schon brillante Freitage in meiner Karriere und danach furchtbare Samstage und Sonntage. Und auch andersherum", mahnt Hülkenberg.

Formel 1 2019: Brennpunkte vor dem China GP: (07:08 Min.)

Zweitens ein ganz konkreter: "McLaren sah heute sehr stark aus, die haben einen ziemlich beeindruckenden Longrun auf dem Soft gezeigt. Ich denke aber, dass da sogar noch mehr Leute sind, die da an der Party teilnehmen."

Haas kämpft auch in China mit den Reifen

Erzrivale Haas zählt in China bis dato nicht dazu. Kevin Magnussen und Romain Grosjean dümpelten im Training sogar ganz am Ende des Mittelfelds herum. Weil wie in Bahrain die Reifen große Rätsel aufgaben. "Wir haben immer noch Probleme mit Reifen. Das müssen wir anschauen. Wir müssen die Reifen zum Arbeiten bringen", hadert und fordert Magnussen. Das gelte für Shortrun wie Longrun. "Wir bekommen sie einfach nicht ins Fenster. Es ist schwer zu verstehen, wo das Fenster ist. Hoffentlich wird das morgen besser."

Gänzlich andere Töne kommen von McLaren. Die zuletzt in Bahrain schon stark aufgelegte Truppe aus Woking war eigentlich mit gedämpften Erwartungen nach China geflogen. Weil der Shanghai International Circuit vor allem die Vorder-, nicht die Hinterachse fordert. Das sei eine Schwäche des MCL34. Doch im Training war davon nichts zu sehen. P6 für Carlos Sainz, P8 für Lando Norris nach noch größeren Problemen im ersten Training.

McLaren angriffslustig: Da geht noch mehr

Das Ende der Fahnenstange sei das zudem noch nicht. McLaren sieht noch gehörig Potential. "Wir haben im FP2 schon Fortschritte erzielt, aber es ist noch immer jede Menge Arbeit zu tun. Das Auto ist noch nicht genau da, wo wir es haben wollen", sagt Norris. "Das Auto ist noch nicht perfekt, wir haben noch ein paar Dinge, die wir verbessern können", bestätigt Sainz. "Es wäre zudem ein großer Fehler, nicht jedes Detail zu analysieren, nur weil wir einen tollen Freitag hatten. Ich will noch mehr vom Auto und wir müssen auch sicherstellen, nicht zurückzufallen, falls sich morgen jemand verbessert."

In den Ohren von Renault ist das eine Kampfansage. Doch McLaren haben die Franzosen ja auch dem Schirm. Sorgen machen sich Hülkenberg und Ricciardo deshalb jedoch nicht. Zu stark war man dafür aus dem Stand gestartet. "Ich fühlte mich von der ersten Runde an wohl. Das ist immer wichtig, gibt dir Vertrauen. Du fühlst dich dann einfach wohl im Auto. Es hat genau das getan, was ich von ihm wollte. Das ist ziemlich was wert", sagt Hülkenberg, strotzt vor Selbstvertrauen.

Ricciardo: Langsam ernährt sich der Honeybadger

Genau das fehlte zuletzt noch bei Renault-Neuzugang Ricciardo. In China ging es jedoch endlich in die richtige Richtung. Zumindest partiell. "Der Morgen war besser, da fühlte ich mich ziemlich wohl", schildert der Australier. "Da hatte ich sofort Vertrauen auf der Bremse. Das war in Bahrain noch nicht so, wie ich es haben wollte. Das war jetzt also echt positiv!"

Einziger Kritikpunkt: Am Nachmittag blieb der nächste Schritt nach vorne aus. "Da müssen wir noch verstehen, warum", sagt Ricciardo. "Denn so viel hatten wir am Auto da gar nicht geändert. Aber ich fühlte mich dann einfach nicht mehr so wohl. Ein paar Verbesserungen brauchen wir also noch, um mein Vertrauen final zu bestätigen." Doch das sind offenbar nur Kleinigkeiten: " Ich denke, das bekommen wir morgen hin. Ich fühle mich ready to go!"