Stoffel Vandoornes einst so verheißungsvolle Formel-1-Karriere steht vor dem Aus. Nachdem McLaren für 2019 Carlos Sainz und Lando Norris verpflichtet hat, ist der Belgier auf Cockpitsuche für 2019. Der Wechsel von Kimi Räikkönen zu Alfa Romeo Sauber schloss eine weitere Tür. Vandoorne versucht trotz der großen Enttäuschung den Glauben an sich zu bewahren.

"Ich habe es am Montag nach Monza erfahren", so der 26-Jährige über die Bekanntgabe seines McLaren-Nachfolgers Lando Norris, welche das Ende seiner Zeit als Stammpilot beim britischen Traditionsrennstall besiegelte. "Es war keine riesige Überraschung, denn es gab ja schon viele Gespräche. Aber zumindest weiß ich jetzt besser über meine Zukunft Bescheid."

Ein Neustart, da sind sich viele im F1-Paddock einig, hat Vandoorne durchaus verdient. Obwohl er im teaminternen Duell gegen Fernando Alonso dieses Jahr sang- und klanglos unterging, genießt er nach wie vor eine gute Reputation im Fahrerlager. Das Supertalent als das er bei seinem Debüt 2016 in Bahrain galt, bei dem er als Ersatzfahrer für Fernando Alonso gleich seinen ersten WM-Punkt holte, ist er allerdings nicht mehr.

Vandoorne von McLaren-Zeit enttäuscht: Schlechtesten Jahre erwischt

"Es ist sehr enttäuschend, dass ich ausgerechnet zu dieser Zeit in diesen Autos saß. Ich denke, ich war wohl in den zwei schlechtesten Jahren ihrer Geschichte bei McLaren", hadert Vandoorne mit dem unterlegenen Material, mit dem er 2017 und 2018 schlechte Karten hatte, in der Formel 1 Akzente zu setzen. Seine seit dem Sommer abfallende Formkurve ist zweifelsohne ein Beleg dafür, dass Vandoorne seine Motivation für den Moment verloren hat.

Seit Monaten belegt der Belgier in Trainings- und Qualifyingsessions regelmäßig den letzten Platz. Selbst in seiner Debütsaison 2017 war er besser aufgelegt. Vor allem in der zweiten Saisonhälfte zeichnete sich ein deutlicher Aufwärtstrend ab. Vandoorne ist trotz der jüngsten Entwicklungen überzeugt davon, wieder an seine alte Form anknüpfen zu können.

Formel 1 2018: Brennpunkte vor dem Singapur GP (11:14 Min.)

Vandoorne glaubt weiter an sein Talent: Brauche nur das richtige Umfeld

"Ich glaube immer noch an die Erfolge die ich vorher eingefahren habe und an mein Talent. Ich bin immer noch derselbe Fahrer, der ein Auto ziemlich schnell bewegen kann", beteuert er. "Ich bin bereit für einen Neuanfang." Die Chancen auf einen Neuanfang schwinden jedoch wöchentlich. Selbst der Räikkönen-Sauber-Deal war für Vandoorne ein Tiefschlag, wurde er doch mit einem möglichen Cockpit bei seinem ehemaligen GP2-Teamchef Frederic Vasseur in Verbindung gebracht.

"Ich denke, sehr viele Leute wissen wozu ich in der Lage bin. Ich brauche nur das richtige Umfeld, dann bin ich mir sicher, dass ich wieder abliefern kann", setzt Vandoorne all seine Hoffnungen auf einen Tapetenwechsel. Er ist längst nicht der erste Pilot, der in dieser schwierigen Situation steckt. Vor allem McLaren-Fahrer wurden scheinbar verheizt. Nach 2013 wurde Sergio Perez nach nur einer Saison vor die Tür gesetzt, ein Jahr später war es Kevin Magnussen.

"Kevin war natürlich selbst in dieser Situation und ich denke, ihm hat ein Neustart wirklich etwas gebracht. Ich habe das Gefühl, dass es bei mir ähnlich wäre. Ich habe zwei schwierige Jahre hinter mir, in denen ich kein Auto hatte, mit dem ich um etwas kämpfen konnte." Möglicherweise entpuppt sich die Verpflichtung von Norris sogar als Befreiungsschlag für Vandoorne.

Fahrermarkt überrascht: Für Vandoorne "äußerst merkwürdig"

Obwohl das Aus bei McLaren zweifelsohne keine positive Botschaft ist, so sorgte die Verpflichtung des Briten zumindest für Klarheit. Mit einem freien Kopf will Vandoorne die letzten sieben Rennen nutzen, um noch einmal Werbung in eigener Sache zu machen: "Ich will das Jahr positiv beenden und das Beste daraus machen." Dass die Optionen für 2019 trotzdem äußerst rar gesät sind, weiß er.

"In der Formel 1 gibt es wenn wir ehrlich sind nicht mehr so viele Möglichkeiten. Wie sich der Fahrermarkt dieses Jahr entwickelt hat war äußerst merkwürdig", so Vandoorne. "Und jetzt werden die Cockpits fast täglich weniger. Die Chancen, nächstes Jahr in der Formel 1 zu fahren, sind sehr gering. Aber solange nicht alles fix ist, musst du weiter daran glauben und es versuchen."

Die besten Chancen könnte er bei Toro Rosso haben. Bei Red Bulls Juniorteam ist angesichts fehlender F1-tauglicher Youngster im Moment so gut wie jeder ehemalige Pilot von Sebastian Buemi über Jean-Eric Vergne bis Daniil Kvyat im Gespräch. McLarens CEO Zak Brown brach mit Blick auf Toro Rosso kürzlich eine Lanze für Vandoorne.

Der nächste Schumacher: Mick Mania erfasst Deutschland (06:42 Min.)

Zak Brown macht Werbung für Vandoorne: Toro Rosso sollte ihn nehmen

"Er ist definitiv ein Fahrer mit Formel-1-Kaliber und wenn ich Toro Rosso wäre, die ja anscheinend zwei Cockpits offen haben, würde ich Stoffel sofort reinsetzen", so der US-Amerikaner. "Stoffel ist ein außergewöhnlicher Rennfahrer und ich denke, dass er in einer anderen Umgebung und mit einem besseren Auto mehr zeigen würde." Er hat laut eigenen Angaben sogar die Initiative ergriffen, um Vandoorne zu vermitteln.

"Ich habe das schon gemacht und alles was wir für Stoffel machen können, um ihm zu helfen, werden wir ohne mit der Wimper zu zucken tun. Er gehört zur Familie", so Brown, der ihn auch gerne in der McLaren-Familie behalten würde. "Er verdient es in der Formel 1 zu fahren, aber wir haben auch ein paar andere Motorsport-Aktivitäten und ich würde nicht zögern, Stoffel bei McLaren zu halten, wenn es ein Cockpit für ihn gibt und er fahren will."

Vandoorne in der IndyCar? Nach Wickens-Crash nicht immer so attraktiv

Eine dieser von McLaren angepeilten Aktivitäten ist ein eigenes IndyCar-Team. In der US-amerikanischen Top-Formelserie wird aller Voraussicht nach Fernando Alonso 2019 an den Start gehen. Vandoorne ist was die IndyCars angeht allerdings skeptisch: "Das Indy 500 ist ein besonderes Event. Aber nach dem was mit Robert [Wickens] passiert ist, erscheint mir das nicht immer so attraktiv."

Vielleicht wird es für ihn also nicht die IndyCar, aber über den Formel-1-Tellerrand hinausschauen muss er trotzdem. "Wir führen im Moment viele Gespräche und das nicht nur in der Formel 1", so Vandoorne. "Wir schauen uns im Moment unterschiedliche Rennserien an und in den kommenden Wochen wissen wir dann mehr. Es gibt ein paar interessante Projekte, die für 2019 eine Möglichkeit sein könnten."

Interessant wäre für Vandoorne auch ein Schritt zurück in die zweite Reihe der Formel-1-Teams. "Weiter bei einem F1-Team zu sein wäre gut. Wenn es keine Möglichkeit gibt Rennen zu fahren, denke ich, dass es gut wäre, weiter in irgendeiner Form in ein Team involviert zu sein."