Lange vor dem Indy-Debakel und den F1-Zukunftsdiskussionen dieser Tage, war ein Duell zweier Spitzenpiloten das alles beherrschende Thema in den F1-Medien. Vor Saisonbeginn beherrschten Schlagzeilen vom Schlage eines "Feuer gegen Eis", "Hitzkopf gegen Ice Man" oder "Kolumbien gegen Finnland" die Gazetten. Zur Saisonhälfte bewahrheiten sich zumindest einige davon - allerdings in einer anderen Besetzung.
Denn während der finnische Hauptdarsteller aus dem McLaren Mercedes Team der gleiche geblieben ist, wurde dessen Teamkollege aus dem silbernen Duell herausgeschrieben und durch einen anderen heißblütigen Südländer ersetzt. Das neue Duell heißt nun: Räikkönen gegen Alonso.
Krieg der Strategen
Bei der zehnten Ausgabe ihres Zweikampfes um die WM-Krone mussten die beiden Kontrahenten mehr denn je auf die Hilfe ihrer Chefstrategen zurückgreifen. Denn dank der prozessionsartigen Rennen auf dem Retortenkurs von Magny Cours inmitten des französischen Nichts, bedarf es einer durchdachten Taktik.
Insbesondere wenn man wie Kimi Räikkönen schon seit dem Freitag das Handicap eines Motorwechsels und somit einer Strafversetzung in der Startaufstellung mit sich herumfährt. "Das hat mein gesamtes Wochenende zerstört", klagte der Eismann, vor dem sich die Konkurrenz laut Norbert Haugs Aussage nach dem Kanada GP in Acht nehmen sollte.
Und tatsächlich, sein Wehklagen, dass er von seinem normalen Startplatz drei aus das Rennen hätte gewinnen können oder sogar müssen, erscheint keineswegs als trotzige Reaktion eines beleidigten Finnen. "Wir haben eindeutig viel Pace und müssen uns von diesem Speed ermutigen lassen um bei den nächsten Rennen zu gewinnen", untermauert sein Chef Ron Dennis die Theorie des WM-Zweiten.
Aber auch ohne einen Sieg konnte Räikkönen mit seiner bravourösen Aufholjagd bis auf den zweiten Platz - sowie seiner mit einem schweren Auto herausgefahrenen Qualifyingzeit - eindrucksvoll unter Beweis stellen, dass sein MP4-20 derzeit immer noch das Maß der F1-Dinge ist.
Eine wichtige Hilfe im Krieg der Strategen, der nicht mit dreibeinigen außerirdischen Gefährten, sondern mit Hochleistungsrechnern und blinkenden Bildpunkten an den Kommandoständen geführt wurde, war die Zweistoppstrategie des McLaren-Stars, welcher Fernando Alonso eine Dreistoppstrategie entgegensetzte.
Für Flavio Briatore stand deshalb fest: "Wir sind mit McLaren gleichauf." Allerdings müsse man an jedem Renntag auf's Neue hart kämpfen, um herauszufinden wer die bessere Tagesform habe. Der Vergleich zwischen dem heißblütigen Spanier, der nicht zuletzt in Indy im Boxenfunk einen Einblick in seine energische Natur gab, sowie dem coolen Finnen, der solche Einblicke bei jeder Pressekonferenz auf's Neue an seiner regungslosen Mimik abprallen lässt, hinkt jedoch aufgrund der unterschiedlichen Strategien und der verschiedenen Startpositionen. Schließlich musste Alonso gegen Rennende gar nicht mehr pushen.
Die Rückkehr des Königs?
Das ganze Rennen über pushen, mussten Michael Schumacher und Ferrari. Nichtsdestotrotz sieht Flavio Briatore im WM-Kampf nur "einen Gegner", was die Roten trotz aller Beteuerungen wieder vorne mitmischen zu wollen natürlich nicht einschließt.
Und obwohl Michael Schumacher schon am Freitag überraschend offensiv von einem Sieg sprach, mussten die Italiener am Sonntag eingestehen, dass sie noch nicht wieder so weit sind aus eigener Kraft zu gewinnen. "Das war ein sehr enttäuschendes Rennen", resümierte Jean Todt. "Wir waren an diesem Wochenende im Qualifying unter den Besten, aber wir konnten das im Rennen nicht umsetzen. Die Autos vor Michael waren einfach schneller."
Ein Fakt, der auch Ross Brawn bitter aufstieß. "Wir waren nicht konkurrenzfähig genug um zu gewinnen. Alles in allem war unser Auto nicht stark genug." Die angekündigte Rückkehr des von der Boulevardpresse zum "Jet-Piloten" beförderten Rekordweltmeisters in den aktiven Titelkampf, kam also verfrüht.
Die Teamanalyse
Renault Fünf. Fünf Finger reckten Fernando Alonso und seine Crew nach seinem fünften Saisonsieg in den französischen Himmel. Nach der Pole und einem überlegenen Sieg, fehlte den Franzosen bei ihrem Heimspiel eigentlich nur eine Sache zur vollständigen Glückseeligkeit: Ein Podestplatz von Giancarlo Fisichella. Doch der Italiener blieb seinem Pechvogelimage auch in diesem Rennen treu und verpasste aufgrund eines Problems an der Tankanlage eine bessere Platzierung. Im Hinblick auf die Performance des R25 lässt sich nach dem Frankreich GP nicht hundertprozentig sagen, ob der gelb-blaue Renner dem Silberpfeil überlegen ist oder ob die Umstände dem WM-Spitzenreiter in die Hände spielten.
McLaren Kimi Räikkönen war das Glück jedenfalls wieder einmal nicht hold. Nichtsdestotrotz bot der Finne eine tadellose Leistung, was übrigens auch erneut für seinen Teamkollegen galt, der nur von einem technischen Defekt gestoppt werden konnte. Nach einem kleinen Zwischentief scheint sich Juan Pablo Montoya nun also endgültig gefangen zu haben. Da Renault vor dem Heimspiel der britischen Teams in Silverstone tiefstapelt, hoffen die Silbernen dort mit einem ihrer beiden Fahrer den nächsten Sieg einfahren zu können.
Ferrari Bei unveränderten Umständen sollte Ferrari in Silverstone nicht vom Sieg träumen dürfen. Zwar setzten die Roten ihren Aufwärtstrend aus Nordamerika auch in Europa und mit der Michelin-Konkurrenz auf der Strecke fort, doch waren sie im Rennen eindeutig nicht schnell genug um mit McLaren oder Renault mithalten zu können. Es steht also noch viel Arbeit ins Haus, um das große Ziel aus eigener Kraft siegfähig zu sein zu erreichen.
Toyota Wieder einmal überzeugte Jarno Trulli mit einer sensationellen Qualifying-Runde, welche auch seine Aussagen bestätigte, dass der Italiener seine Pole in Indy nicht mit einem komplett leeren Tank gefahren sein dürfte. Im Rennen konnte er allerdings ebenso wenig wie Ralf Schumacher, der erneut einen Fehler im Qualifying begangen hat, mit den Spitzenleuten mithalten und hielt diese aufgrund seines nicht gut liegenden Toyota sogar auf. Entsprechend war die doppelte Punkteankunft der Weiß-Roten das Maximum des Machbaren.
Williams Die Weiß-Blauen erlebten ein katastrophales Wochenende - und dies obwohl man hier dank des neuen Aerodynamikpakets eine Art Geheimfavorit sein wollte. Dieser Schuss ging allerdings gewaltig nach hinten. Denn obwohl sich das Auto laut gleich lautender Aussagen der Piloten fahrbarer anfühlt, waren Nick Heidfeld und Mark Webber einfach nicht schnell genug. Hinzu kommen noch diverse Probleme, welche den Mönchengladbacher mit sechs Boxenstopps wahrlich ein Multistopprennen erleben ließen. Insgesamt drei Tage zum Vergessen für die Weiß-Blauen.
Red Bull Nur unwesentlich besser verlief das Rennwochenende für Red Bull Racing, bei denen nur einer der Piloten das Ziel sah und dies außerhalb der Punkteränge. Die stark schwankenden Vorstellungen der roten Bullen setzen sich also auch nach der Rückkehr in europäische Gefilde fort.
Sauber Einen Aufwärtstrend verzeichnete hingegen das Sauber Team. Und zwar nicht nur aufgrund der Bekanntgabe des BMW-Deals, sondern auch bei der Leistung auf der Strecke, welche Jacques Villeneuve einen WM-Zähler einbrachte. Ohne den Hydraulikdefekt von Felipe Massa wäre sogar noch mehr drin gewesen. Schließlich war der Brasilianer wieder einmal besser unterwegs als sein kanadischer Teamkollege, der mit steigender Leistungsfähigkeit seines Autos, aber auch immer besser in Fahrt zu kommen scheint.
Jordan Nicht wirklich viel an Fahrt hat Jordan in den letzten Wochen aufnehmen können. Und während die Verkündung des Motorendeals für das nächste Jahr, trotz mehrmaliger Ankündigungen, immer noch nicht über die Bühne gegangen ist, lässt auch der Hoffnungsträger für dieses Jahr, der EJ15B, weiter auf sich warten. Mit dem alten Auto reichte es für Tiago Monteiro und Narain Karthikeyan natürlich nicht zu einer Wiederholung der Indy-Platzierungen. Im Vergleich zu Minardi fuhr man aber immerhin bis zum Ende durch.
Minardi Eine solche Zielankunft verhinderten bei der Stoddart-Truppe zwei nicht fest gezogene Ventilkappen an den jeweiligen linken Hinterreifen von Patrick Friesacher und Christijan Albers. Bis dahin mischten die Minardi-Piloten für ihre Verhältnisse recht gut mit, wobei Albers sich gegen seinen österreichischen Teamkollegen durchsetzen konnte.
B·A·R Endlich ist es vollbracht! Im zehnten Anlauf begann die F1-Saison 2005 nun auch für das British American Racing Team. Denn dank Jenson Buttons viertem Platz, konnten die Weißen endlich die ersten fünf WM-Zähler auf ihrem am Hungertuch nagenden Punktekonto verbuchen. Ohne Takuma Satos Ausrutscher neben die Strecke, hätten es sogar noch mehr werden können. Allerdings verlor der Japaner nach einer optimistischen Aktion gegen Jarno Trulli jegliche Chance auf WM-Punkte.
Der WM-Ausblick
Genau in der gleichen Reihenfolge wie sie in der WM-Tabelle geführt werden, überquerten die drei WM-Spitzenreiter Fernando Alonso, Kimi Räikkönen und Michael Schumacher die Ziellinie des Frankreich GP.
Während sich also an der Reihenfolge nichts änderte und die Punkteabstände nur minimal variieren, präsentieren sich auch die Vorzeichen für den elften Saisonlauf, der bereits am kommenden Wochenende in Silverstone steigen wird, unverändert: McLaren und Renault kämpfen an vorderster Front, während dahinter noch einige weitere Fahrer und Teams für Überraschungen sorgen möchten und können. Allen voran die immer besser in Fahrt kommende Scuderia Ferrari.
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