In Wirklichkeit wird aber auch in Magny Cours hinter den hochgeklappten Bürgersteigen in sicherer Nähe zu spionierenden Paar- und Unpaarhufern über die Strategien der Konkurrenz und das Setup für den anstehenden zehnten Saisonlauf des Jahres spekuliert sowie diskutiert.

S wie Startaufstellung

Viel Spannung verspricht die Startaufstellung zum Rennen 1 nach dem Indianapolis-Desaster. Mit vier Fahrern aus vier Teams in den ersten beiden Reihen und den Top10 innerhalb von nur 1,1 Sekunden liegt das Feld erwartungsgemäß nah beieinander.

Aber auch am Ende des Feldes setzt sich die bekannte Vermischung von gelb und schwarz immer weiter fort, weshalb auch hier ein heißes Duell zwischen Jordan und Minardi ansteht.

S wie Start

Der Start in den GP wird anders aussehen..., Foto: Sutton
Der Start in den GP wird anders aussehen..., Foto: Sutton

Besonders interessant dürfte auch beim diesjährigen Frankreich GP der Start werden. Denn beim Sprint in Richtung der ersten Kurvenkombination sowie der folgenden Haarnadel stehen gleich zwei Raketenstarter, nämlich Fernando Alonso in seinem beim Start beinahe unschlagbaren Renault sowie der nicht minder schlecht startende Ex-Renault-Mann Jarno Trulli in seinem TF105, in der ersten Reihe.

Aber auch dahinter steht mit dem Japaner Takuma Sato kein Kind von Traurigkeit, was besonders dem Dritten Michael Schumacher Kopfzerbrechen bereiten sollte. Schließlich gab es das Startduell Deutschland gegen Japan schon einmal - damals in Monaco.

Für den aufgrund seiner Strafversetzung nur auf Starplatz 13 geführten Titelanwärter Kimi Räikkönen wird es unterdessen darauf ankommen schon am Start so weit wie möglich nach vorne zu kommen, gleichzeitig allerdings auch jene Mittelfeldscharmützel zu meiden, welche Michael Schumacher und Rubens Barrichello zu Saisonbeginn ein fürs andere Mal einen Strich durch die rote Rechnung machten.

S wie Setup

Im Vergleich zu den beiden Nordamerikarennen verlangt der Retortenkurs im französischen Niemandsland relativ viel Abtrieb, wobei besonders in den High-Speed-Kurven viel aerodynamischer Grip von Nöten ist.

"Insgesamt ist diese Strecke technisch gesehen interessant", analysiert Willy Rampf, seines Zeichens Technischer Direktor des Sauber Teams. "Sie bietet eine Kombination von langsamen und Hochgeschwindigkeitskurven, wobei die langsamen Kurven Traktion verlangen und speziell die Hinterreifen stark beanspruchen, und in den schnellen Kurven ist eine gute Fahrzeugbalance entscheidend."

Nein, Magny Cours ist nicht die neue grüne Hölle., Foto: Sutton
Nein, Magny Cours ist nicht die neue grüne Hölle., Foto: Sutton

Die stark schwankende Asphalttemperatur kann im Verlauf des Tages einen Einfluss auf den Grip-Level und die Balance hat. "Deshalb kann es passieren, dass wir die Reifen außerhalb ihrer optimalen Betriebstemperaturen benutzen müssen", fügt Rod Nelson, Renningenieur von Fernando Alonso, hinzu. "Im Hinblick auf das Fahrzeugsetup wählen wir eine harte und steife Einstellung und niedrige Fahrhöhen."

Ebenfalls ein wichtiger Faktor ist die letzte Schikane vor der Ziellinie. "Da die Kerbs hier sehr hoch und aggressiv sind, müssen die Fahrer an dieser Stelle im Rennen vielleicht eine andere Linie als im Qualifying fahren." Ansonsten könnte ihren Aufhängungen ein vorzeitiges Ende blühen.

S wie Schonen

Die Motoren müssen unter dem neuen Reglement immer geschont werden, wobei Magny Cours laut Renaults Motoreningenieur Remi Taffin nach einem "All-Roung-Motor" verlangt, der sowohl gut aus den unteren Drehzahlbereichen herausbeschleunigt, als auch viel Power für die Geraden liefert - und dies bei hohem Luftwiderstand durch den hohen Downforce-Level.

"Deswegen benutzen wir relativ geringe Getriebeübersetzungen und richten wir unsere Konzentration auf die Motorenperformance zwischen 0 und 250 km/h", erklärt Taffin. "Dies können wir uns erlauben, weil Überholmanöver in der Schikane sehr schwierig sind." Als Grund hierfür gibt der Franzose die vorhergehende High-Speed-Kurve an, welche es dem Verfolger stark erschwert im Windschatten respektive der Dirty Air des Vorherfahrenden zu bleiben, um zu einem möglichen Überholversuch anzusetzen.

S wie Speed

Ralf war nur in der Speedtrap schnell., Foto: Sutton
Ralf war nur in der Speedtrap schnell., Foto: Sutton

Nichtsdestotrotz stellt die lange Gerade vor der Haarnadel eine Schlüsselstelle dar. Dabei betont Rod Nelson vor allem, dass ein geringerer Abtriebslevel auf der langen Geraden zu Turn 3 von Vorteil ist. "Allerdings sorgt dies auch dafür, dass der geringe Speed-Vorteil auf der Geraden durch die niedrigeren Kurvengeschwindigkeiten aufgebraucht wird."

Somit entpuppt sich ein Blick auf die Top-Speed-Werte des Qualifyings als äußerst interessant - schließlich müssen die Piloten mit den gleichen Heckflügeleinstellung den Grand Prix bestreiten. Wenn wir uns hierbei exemplarisch die Top-Speeds der beiden Toyota-Piloten ansehen, scheint sich Nelsons Theorie zu bestätigen: Während Ralf Schumacher im einem offensichtlich niedriger eingestellten Flügel einen höheren Top-Speed, sogar den zweitbesten hinter seinem Bruder, erzielen konnte, fuhr sein Teamkollege, der auf Rang 15 sogar noch hinter einem Minardi in der Geschwindigkeitswertung liegt, nur haarscharf an der Pole vorbei.

Die beiden Titelkandidaten sind in der Top-Speed-Wertung beinahe gleich schnell, was Kimi Räikkönen die Aufholjagd von Rang 13 aus erschweren dürfte. Besonders enttäuschend erscheinen die langsamen Geschwindigkeiten bei BMW-Williams, die sogar noch hinter Albers und Trulli im letzten Drittel geführt werden. Hier scheint das neue Aeropaket noch mehr Probleme als große Sprünge zu bereiten.

Platz Fahrer Top-Speed
1. Michael Schumacher / Ferrari 313.9
2. Ralf Schumacher / Toyota 312.7
3. Rubens Barrichello / Ferrari 312.5
4. Kimi Räikkönen / McLaren 311.9
5. Fernando Alonso / Renault 311.5
6. Giancarlo Fisichella / Renault 311.5
7. Juan Pablo Montoya / McLaren 310.7
8. David Coulthard / Red Bull 310.5
9. Christian Klien / Red Bull 309.7
10. Felipe Massa / Sauber 309.2
11. Jacques Villeneuve / Sauber 308.5
12. Takuma Sato / B·A·R 308.4
13. Jenson Button / B·A·R 308.0
14. Christijan Albers / Minardi 307.9
15. Jarno Trulli / Toyota 307.4
16. Nick Heidfeld / Williams 307.3
17. Patrick Friesacher / Minardi 305.7
18. Mark Webber / Williams 304.3
19. Narain Karthikeyan / Jordan 304.0
20. Tiago Monteiro / Jordan 302.8

S wie Strategie

Vor einem Jahr verblüffte die Scuderia Ferrari die Fachwelt mit einer Vierstoppstrategie. Ein ähnliches Kunststück werden die Roten in dieser Saison unter normalen Umständen zwar nicht vollbringen, doch gibt es sicherlich Überlegungen ob die Italiener nicht auf einer anderen Strategie als die beiden Top-Teams McLaren und Renault unterwegs sein könnten.

Andererseits könnte neben der Spritmenge aber auch eine verbesserte Reifenperformance auf der einen Runde für den Fortschritt verantwortlich sein. Bei den Long Runs am Freitag und Samstag präsentierten sich die Roten allerdings bei weitem nicht so konstant wie an früheren Rennwochenenden und überzeugten vor allem die Renault durch uhrwerksgetreue Fahrweise.

Die Fans erwartet ein spannendes Rennen., Foto: Sutton
Die Fans erwartet ein spannendes Rennen., Foto: Sutton

Aufgrund der kurzen Boxenan- sowie ausfahrt können wir sicherlich mit Zwei- sowie Dreistoppstrategien rechnen, wobei es besonders interessant sein wird, wie schwer McLaren Kimi Räikkönen ins Rennen geschickt hat.

S wie Spannung

Neben dem Kampf um den Sieg, für welchen einige Fahrer und Teams in Frage kommen, zieht der Frankreich GP natürlich auch schon eine elektrisierende Spannung aus dem Titelduell zwischen Kimi Räikkönen und Fernando Alonso.

Eine besondere Note erhält dieser Zweikampf natürlich durch die Zurückversetzung des Finnen, welche dem Spanier eine einmalige Möglichkeit eröffnet. "Mein Ziel lautet, so viele Punkte zu sammeln wie möglich", gibt er die Devise aus. "Kimi Räikkönen, mein Hauptgegner um den WM-Titel, hat wegen seines Motorwechsels zehn Startplätze verloren, also habe ich eine große Chance, meinen Vorsprung auf ihn weiter auszubauen."

Und obwohl der Hauptrivale von hinten aufholen muss, wird sich der WM-Spitzenreiter gegen andere Gegner durchsetzen müssen: "Wie ich schon sagte, werden wohl alle eng beieinander liegen. Ferrari, Toyota und McLaren sind die Teams, die es zu schlagen gilt." Einen muss man dabei ganz besonders auf der Rechnung haben. Denn ein Michael Schumacher kündigt nicht ohne Grund - erstmals in dieser Saison - schon am Freitag an: "Wir werden am Sonntag um den Sieg mitfahren können."